Schul-Verhandlungen: Endlich aufhören!

Nachdem sich die Kontrahenten auch heute nicht über den weiteren Verlauf der Schulreform verständigen konnten, ist der Rest der Stadt zunehmend genervt. Abgesehen von den vielen Schulen, die ihrem Unmut Luft machen (siehe vorige Meldung), melden sich auch Eltern, Schüler und Politiker zu Wort. Eine geplante Diskussion bei „Schalthoff live“ hat GAL-Fraktionschef Kerstan inzwischen abgesagt: Bei den Gesprächen über die Schulreform war vereinbart worden, sich bis zur Fortsetzung am Freitag nicht öffentlich über die offenen Punkte in den Verhandlungen zu äußern.

Die schülerInnenkammer lädt zu einer Veranstaltung ein. Allerdings erst am Mittwoch, 24. März 2010, von 9.00 – 15.30 Uhr im Landesinstitut für Lehrerfortbildung und Schulentwicklung (Felix-Dahn-Straße 3, 20357 Hamburg). „Was wird nun aus uns?! Wir wollen endlich Schulfrieden!“ ist die Einladung überschrieben. Man wünsche sich endlich Klarheit und keinen Medienpopulismus! –

Weiter heißt es in der Einladung:

Liebe Schülerinnen und Schüler,

– Seid Ihr auch angenervt, wenn statt einer sachlichen Debatte über die Inhalte der Hamburger Schulreform nur noch populistische Totalblockade betrieben wird und alle es angeblich besser wissen als wir Schülerinnen und Schüler?

– Seid Ihr verärgert, dass die Bürgerschaft und der Senat sich von der Volksinitiative „Wir wollen lernen“ immer weiter hinhalten lassen, statt Klarheit zu schaffen und die Gefahr besteht, dass im Sommer doch wieder alles so bleibt wie jetzt, nämlich ein altmodisches Schulsystem?

– Habt Ihr genug davon, dass in der öffentlichen Debatte immer nur die gehört werden, die am lautesten schreien, und damit unsere Anliegen als Schülerinnen und Schüler übertönen?

Wenn ja, kommt zum 19. SchülerInnenforum der schülerInnenkammer hamburg. Dort werdet Ihr endlich von der Politik und Presse gehört. Wir wollen uns für Veränderungen im Bildungswesen einsetzen!

Zusammen werden wir den aktuellen Stand der Schulreform und der Verhandlung zwischen der Volksinitiative „Wir wollen lernen“ und dem Hamburger Senat betrachten und dann unsere Meinung dazu abgeben.

Eine Schulreform kann nur erfolgreich sein, wenn auch die Schülerschaft mit einbezogen wird!
Am 24. 03. 2010 wollen wir im Landesinstitut für Lehrerfortbildung und Schulentwicklung (Felix-Dahn-Straße 3, 20357 Hamburg) mit Euch Gelingensbedingungen für die Schulreform aufstellen und diese am Ende des Tages mit Frau Senatorin Goetsch diskutieren.

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Zur erneuten ergebnislosen Vertagung der Schulreformgespräche erklärt die Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der LINKE, Dora Heyenn: „Das traurige Schauspiel wird immer weiter in die Länge gezogen und geht erneut ergebnislos in die nächste Runde, die Öffentlichkeit wird mit den Standardfloskeln abgespeist. Die Vertreter der Elbvororts-Initiative profilieren sich dabei auf Kosten der Hamburger Schüler und Eltern, während der CDU-GAL-Senat in Schockstarre verfallen ist. Nicht zuletzt, weil der GAL das einzige ‚Erfolgsprojekt‘ ihrer bisherigen Regierungszeit abhanden zu kommen droht.

CDU und GAL scheinen nicht zu realisieren, dass bei dieser Verhandlungsführung bald der Punkt gekommen ist, an dem Schwarz-Grün die Befürworter der Reform verprellt. Für mich bleibt weiterhin schleierhaft, was da weiter verhandelt werden soll. Eine freiwillige, teilweise und zeitlich verzögerte Einführung der Primarschule wäre genau das, wogegen die Initiative polemisiert hat: ein Schulreformchaos.“

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Der Verein „Eine Schule für Alle“ schaut besorgt auf die zur Zeit laufenden Verhandlungen über die Einführung der Schulreform.

Karen Medrow, Vorsitzende des Vereins:“ Anscheinend ist der Senat nicht in der Lage, inhaltliche Überzeugungsarbeit für längeres gemeinsames Lernen zu leisten.

Eine beeindruckende Liste von ExpertInnen und UnterstützerInnen sollte dem Senat doch die Kraft geben, sich für eine Reform einzusetzen, die den Hamburger Kindern mehr Chancen als bisher bietet“.

Der Verein fordert den Senat auf, sich selbstbewusst und überzeugend, mit Blick auf die große Unterstützerschar in der Hamburger Bevölkerung, für die flächendeckende und verbindliche Einführung eines Schulmodells einzusetzen, das längeres gemeinsames Lernen ermöglicht.

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Der Elternverein fordert die Verhandlungspartner von GAL und CDU auf, an ihren Plänen der verbindlichen und flächendeckenden Einführung der Primarschule festzuhalten.

Sabine Boeddinghaus, Vorsitzende des Vereins:” Die Primarschule steht für den Bruch mit dem herkömmlichen, sozial ungerechten Schulsystem. Wie soll es zu einem “Schulfrieden” in Hamburg kommen, wenn unsere Schulen systematisch eine überwältigende Anzahl an “Verlierern” produzieren, die aufgrund ihrer sozialen und ethnischen Herkunft viel zu oft keine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben erhalten? Wie soll es an unseren Schulen Frieden geben, wenn der Geldbeutel der Eltern über den Bildungserfolg unserer Kinder bestimmt, wenn Kinder mit Migrationshintergund, Kinder aus bildungsfernen Familien und Kinder mit Behinderung permanent ausgegrenzt werden?”

Der erste Schritt zu einem demokratischen, menschlichen, sozial gerechterem und leistungsstärkeren Bildungssystem ist in Hamburg die Primarschule. Dieser Schritt muss jetzt gegangen werden, ohne wenn und aber. “Dabei begrüße ich jede wissenschaftliche Begleitung, die das “WIE” der Schulrefom kritisch und konstruktiv begleitet. Völlig ausgeschlossen ist aber eine Expertenkommission, die sich mit dem “OB” der Primarschule beschäftigen soll, so wie es die Initiative “Wir wollen lernen” fordert”.

Das “OB” ist abgehakt. Alle Bildungsstudien zeigen, dass das Lernen in heterogenen Gruppen mit individueller Förderung, in denen die Kinder von Kindern lernen, allen Schülerinnen und Schülern Vorteile bringen. Es geht nun um die Umsetzung, um die Bereitstellung ausreichender personeller und materieller Ressourcen und vor allem um die Qualifikation der Lehrerinnen und Lehrer.

Der Elternverein Hamburg erwartet jetzt endlich eine zügige Entscheidung, wie es mit der Schulreform weiter geht. „Wir begrüßen einen Volksentscheid, der schon im Sommer für Klarheit sorgen würde. Ansonsten dauerte der Reformstreit die gesamte Legislaturperiode lang. Das hätte dann allerdings eine lähmende Wirkung auf die Innovationskraft der Schulen.“

Ein Gedanke zu „Schul-Verhandlungen: Endlich aufhören!“

  1. Ich bin völlig der Meinung, dass der Senat Schluss machen muss mit den Verhandlungen. Beibehaltung der flächendeckenden Einführung der Primarschule, kein Elternwahlrecht nach Klasse 4 und eigentlich auch nicht nach Klasse 6, kein Sitzenbleiben, kein Schulwechsel nach Klasse 7 – das sind die Essentials, auf denen der Senat beharren muss.
    Sollte es zum Volksentscheid kommen, müssten sich alle reformwilligen Kräfte verbünden, öffentliche Aktionen starten und deutlich machen, welche Unsicherheit und welches Chaos ein solcher Volksentscheid für das kommende Schuljahr bedeutet. Und es muss deutlich gemacht werden, dass bei einem Erfolg des Volksentscheids lähmende Stagnation im Hamburger Bildungswesen die Folge wäre. Und es muss auch deutlich gemacht werden, dass in einem derartigen Erfolgsfall auch eine politische Krise einträte; die Regierungskoalition wäre dann nicht mehr zu halten.
    Es geht in dieser Frage tatsächlich um eine Richtungsentscheidung.

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