HSH-Risiken waren bekannt – Senator ahnungslos?

Der SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher hat Finanzsenator Michael Freytag (CDU) aufgefordert, alle ihm bekannten Fakten zu den Problemen der HSH Nordbank auf den Tisch zu legen. Zuvor hatte der STERN berichtet, dass spätestens seit Anfang April vergangenen Jahres die Schwächen im Risikomanagement der HSH-Nordbank dem Risikoausschuss der HSH-Nordbank offiziell bekannt waren.

Einigen Mitgliedern des Aufsichtsrates sollen die Informationen darüber bereits im Dezember 2007 vorgelegen haben. „Die Risiken waren also bekannt – nur dem Finanzsenator nicht? Ich glaube, wir haben hier erneut einen Punkt, bei dem der Finanzsenator dem Parlament Informationen vorenthalten hat.“

„Wenn der Bericht zutrifft, dann weiß der Finanzsenator spätestens seit April letzten Jahres über die kritischen Einschätzungen bescheid. Er hat sein Wissen aber verheimlicht und dem Parlament wichtige Informationen vorenthalten. Und trotz seines Wissens hat er noch im Oktober letzten Jahres von einer „im Kern gesunden Bank“ geredet“, sagte Tschentscher am Mittwoch. Freytag bleibe seiner Linie treu, nur das zuzugeben, was zuvor von Medien berichtet wurde.

Tschentscher sagte, die SPD habe bereits im Februar 2008 Informationen über eine wirtschaftliche Schieflage der HSH Nordbank erhalten. Weder Finanzsenator Freytag noch Bürgermeister von Beust hätten darauf hin Position bezogen. Der STERN-Bericht zeige, dass die Entscheidung der SPD-Bürgerschaftsfraktion für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss richtig gewesen sei.

Auf eine Kleine Anfrage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Neumann hin hat der Senat unterdessen mitgeteilt, „erstmalige unbestätigte Meldungen, dass die HSH Nordbank sich in einer schwierigen Situation befände, gab es im Februar 2008“. Daraufhin habe sich der Erste Bürgermeister „beim Finanzsenator und beim Aufsichtsratsvorsitzenden über die Situation informieren lassen“.

Das lässt aus Sicht Neumanns schlussfolgern: „Entweder wusste Herr von Beust von den Problemen und hat die verschwiegen. Oder er wurde von Finanzsenator und Aufsichtsratsvorsitzendem falsch informiert. Oder von Beust und Freytag haben geglaubt, es werde schon nicht so schlimm kommen. – Alle drei Möglichkeiten sind kaum hinnehmbar.“

Auch die LINKE stellt ähnliche Fragen:
HSH Nordbank: Hat Senator Freytag die Öffentlichkeit unzureichend unterrichtet oder liest er die internen Papiere nicht?

Dr. Joachim Bischoff, Finanzexperte der Fraktion DIE LINKE, erklärt zu dem im Stern veröffentlichten internen Bericht der HSH Nordbank: „Senator Freytag hat die Öffentlichkeit seit Dezember 2007 über die angeschlagene Situation der HSH Nordbank unzureichend unterrichtet, es sei denn er hat die internen Papiere nicht gelesen. Mit dem veröffentlichten Bericht schmilzt die Verteidigungsposition der Aufsichtsräte Freytag und Peiner wie Schnee in der Sonne.

Das Kreditersatzgeschäft der HSH Nordbank wurde nach der Fusion der beiden Landesbanken im ‚Schnellankaufverfahren‘ betrieben. Komplexe strukturierte Wertpapiere wurden ohne eigene Risikoprüfung auf Grund von Einstufungen durch Rating-Agenturen gekauft. Als der spätere Vorstandschef Nonnenmacher im Jahr 2007 in den Vorstand berufen wurde, stellte er fest, dass keine eigenständige kompetente Risikoprüfabteilung vorhanden war.

Mit dem jetzt veröffentlichten internen Risikobericht, der dem Risikoausschuss des Aufsichtsrates am 7. April 2008 präsentiert wurde, ist belegt, dass die Mitte 2008 erfolgte Kapitalerhöhung von 2 Milliarden Euro unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erfolgte.“

Die Bank war bereits Mitte 2008 in einer schwierigen Situation, der Konkurs der Investmentbank Lehman Brothers am 15.9. 2008 hat die Sanierung aus eigenen Ressourcen unmöglich gemacht. Gleichwohl haben die Aufsichtsratsmitglieder Peiner (CDU) und Freytag (CDU) die Öffentlichkeit nur unzureichend aufgeklärt und den Sanierungsprozess völlig unzureichend begleitet.

Jetzt im April lässt der Aufsichtsratsvorsitzende Peiner die Arbeit amtierender und früherer Vorstände überprüfen. Die Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer solle feststellen, ob die Bankvorstände ihren unternehmerischen Pflichten nachgekommen sind. Diese Operation hat einen äußerst schalen Beigeschmack und dient wohl weniger der Aufklärung als dem Aufbau einer Verteidigungsposition gegenüber dem Vorwurf schwerer Untreue.

Peiner hat seinen Rückzug angekündigt. Senator Freytag sollte ihm folgen und die CDU endlich den Weg für einen Neuanfang freimachen. Jeder Tag länger im Amt ist eine Belastung für die Bank und die Hansestadt Hamburg. Die Uneinsichtigkeit von Senator Freytag und die politische Rückendeckung für einen gescheiterten Politiker durch die CDU und den Bürgermeister von Beust wachsen sich zu einer schweren Schädigung der politischen Kultur aus.

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