Kerstan kritisiert Alleingang der Bundesregierung

Die Bundesregierung will den Energiekonzernen bis zu 14 Jahre längere Laufzeiten für ihre Atomkraftwerke genehmigen – ohne dass der Bundesrat an der Entscheidung beteiligt wird. Die GAL-Bürgerschaftsfraktion kritisiert dieses Vorgehen scharf. Sie verweist auf einen Beschluss der schwarzgrünen Koalition, dass Hamburg sich gegen jede Verlängerung für die Reaktoren Brunsbüttel und Krümmel und zwei weitere baugleiche AKW ausspricht.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat den Senat aufgefordert, eine klare und unmissverständliche Position zur von der Bundesregierung angestrebten Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke abzugeben. „Das, was die Bundeskanzlerin als ,Atom-Revolution´ bezeichnet, ist in Wahrheit ein Atom-Putsch“, sagte SPD-Fraktionschef Neumann.

Es gehe beim Streit um die Laufzeitverlängerung um eine sehr wichtige politische Frage. „Deshalb muss es hier auch eine Positionierung der Hamburgischen Landesregierung geben. Spätestens bei der Frage der Laufzeitverlängerung muss Schluss mit dem Herumgewackel sein“, sagte Neumann. Sollte die Bundesregierung ihre Entscheidung am Bundesrat vorbei durchsetzen wollen, müsse Hamburg sich einer entsprechenden Klage anderer Bundesländer anschließen, fordert die SPD-Bürgerschaftsfraktion in einem Antrag.

Jens Kerstan, Vorsitzender der GAL-Bürgerschaftsfraktion, erklärte zu dem Plan der schwarzgelben Koalition in Berlin: „Die Bundesregierung betreibt hier einen gefährlichen Alleingang. Gegen den mehrheitlichen Willen der Bevölkerung und der Bundesländer will sie den Energiekonzernen ein Milliardengeschenk machen und nimmt dabei ein hohes Sicherheitsrisiko in Kauf. Ich bezweifle, dass sie mit diesem Vorgehen durchkommen wird. Wir pochen weiter darauf, dass bei dieser entscheidenden Frage der Bundesrat beteiligt wird. Käme es dazu, würde es aus Hamburg keine Zustimmung für Verlängerungen geben.“

Jenny Weggen, umweltpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion, sagte zu den geplanten Verlängerungen der AKW-Laufzeiten: „Die Einigung der Bundesregierung auf längere AKW-Laufzeiten ist unverantwortlich. Der Ausbau Erneuerbarer Energien wird so blockiert und der Berg an Atommüll wächst weiter. Es muss nun kompromisslos darauf hingewirkt werden, dass der Bundesrat in dieser wichtigen Frage befasst wird – damit dort der Wahnsinn noch gestoppt werden kann. GAL und CDU haben sich geeinigt, dass die Hamburger Koalition sich gegen jede Laufzeitverlängerungen für ältere Siedewasserreaktoren der Baureihe 69 stellen wird. Dazu gehören die Meiler in Krümmel und Brunsbüttel, aber auch die Blöcke Isar I und Philippsburg I in Süddeutschland.“

Die nächste Gelegenheit für einen kraftvollen Protest gegen die Lobbypolitik der Bundesregierung ist eine für den 18. September geplante Anti-AKW-Demonstration in Berlin. Neben zahlreichen Gruppen rufen auch die Grünen zur Teilnahme an der Kundgebung auf (weitere Infos unter www.ausgestrahlt.de).

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Hintergrund:

Mit einem gemeinsamen Beschluss vom 26. August 2010 fordern GAL und CDU, dass Hamburg auf ein planmäßiges Abschalten der Atomkraftwerke Brunsbüttel, Krümmel und aller weiteren baugleichen Anlagen drängen wird (Drucksache 19/7074, siehe Anhang). Nach dem unter Rot-Grün mit den Betreiberkonzernen vereinbarten Ausstiegsplan würden die zugesagten Reststrommengen für das AKW Brunsbüttel noch bis 2013 und für das AKW Krümmel bis zum Jahr 2021 reichen, spätestens dann müssten die Anlagen vom Netz gehen.

Die Baureihe 69 gehört zu den ältesten noch im Betrieb befindlichen Siedewasserreaktoren und gilt schon vom Anlagenkonzept her als unsicher, da der Reaktordruckbehälter nach Ansicht von Experten zu schwach ausgelegt ist. Vor einigen Wochen wurde zudem bekannt, dass an mindestens einem der deutschen Atomkraftwerke dieser Baureihe jener Reaktordruckbehälter seit Jahrzehnten nicht hinreichend durch den TÜV kontrolliert wurde.

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die AKW Brunsbüttel, Krümmel und Brokdorf eine längere Laufzeit von bis zu 14 Jahren erhalten. Dies ist allein schon wegen der ungelösten Entsorgungsfrage für den Atommüll eine Energiepolitik ohne Weitsicht. Umso mehr, als Krümmel und Brunsbüttel als Schrottreaktoren gelten, da sie bundesweit mit die geringste Verfügbarkeit haben.

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