SPD fordert erneut verbindliche U-Untersuchungen

In der heutigen Aktuellen Stunde der Bürgerschaft wird auf Anmeldung der SPD-Fraktion über immer noch nicht umgesetzte Forderungen des Sonderausschusses „Vernachlässigte Kinder“ (2005) debattiert. Die Verbindlichkeit der Vorsorgeuntersuchungen war einer der zentralen Punkte des einstimmigen Beschlusses von SPD, GAL und CDU nach dem Tod der kleinen Jessica aus Jenfeld vor vier Jahren.

Vor dem Hintergrund des Falls Lara betonte die SPD-Familienexpertin Carola Veit: „Egal, ob ein Kind bei den Eltern lebt, in einem Heim, in einer Pflegefamilie oder die Mutter eine Familienhilfe bekommt – hätte Hamburg verbindliche Vorsorgeuntersuchungen, wäre sichergestellt, dass ein Arzt das Kind wiederholt auch auf mangelhafte Versorgung, Krankheit oder Misshandlung untersucht.“ Senator Wersich trage die politische Verantwortung dafür, dass es in Hamburg anders als in anderen Bundesländern keine landesrechtliche Regelung für die Verbindlichkeit von Vorsorgeuntersuchungen gebe.

Die SPD-Abgeordnete Britta Ernst, die dem Sonderausschuss „Vernachlässigte Kinder“ vorsaß, kritisierte die Versäumnisse des Senats scharf: „Nach drei Jahren Untätigkeit bei diesem wichtigen Thema für mehr Kinderschutz soll offenbar immer noch nicht dem Beispiel der anderen Bundesländer gefolgt werden.“ Das sei verantwortungslos.

Eine aktuelle Große Anfrage der SPD-Fraktion (Drs. 19/2412) hatte ergeben, dass insbesondere in sozial problematischen Stadtteilen zahlreiche Kinder nicht zu den Untersuchungen gebracht werden. In 19 Stadtteilen nehme etwa jedes vierte Kind nicht an den ärztlichen Untersuchungen teil, in weiteren 14 Stadteilen ist es rund jedes dritte Kind, wie aus der Antwort des Senats hervorgeht. In neun dieser Stadtteile ist die Teilnahmequote sogar weiter zurückgegangen, so zum Beispiel in St. Georg, St. Pauli und Billstedt.

Für die GAL erklärt Christiane Blömeke:

CDU- und GAL-Bürgerschaftsfraktion haben für die heutige Sitzung der Bürgerschaft einen gemeinsamen Antrag eingebracht, mit dem die Gesundheitsvorsorge für Kinder im Vorschulalter neu strukturiert und der Kinderschutz verbessert werden soll. Der Antrag sieht unter anderem die Einführung eines Einladungs- und Erinnerungswesens für die Kinderfrüherkennungsuntersuchungen zwischen dem 10. und 24. Monat (U6 und U7) vor. Dieses soll ergänzt werden durch eine aufsuchende Hilfe bei Nichtteilnahme.

Dazu sagt Linda Heitmann, gesundheitspolitische Sprecherin der GAL-Fraktion: „Mit diesem Antrag setzen wir einen wichtigen Punkt aus dem Koalitionsvertrag um und stärken das Kindeswohl in Hamburg. Bisher werden die Kinder im Rahmen der Untersuchungen nicht flächendeckend erreicht. Wir wollen eine möglichst hundertprozentige Teilnahme bei diesen Untersuchungen sicherstellen. Nur wenn wir alle Kinder erreichen, können Entwicklungsdefizite und andere gesundheitliche Probleme frühzeitig erkannt und behandelt werden.“

Christiane Blömeke, kinder- und jugendpolitische Sprecherin sagte: „Von einem verbindlichen Einladungswesen mit Nachkontrolle versprechen wir uns, zunächst diejenigen Familien zu identifizieren, bei denen das Wohl der Kinder tatsächlich gefährdet ist. Diese Familien sollen dann gezielt unterstützt und beraten werden.“

Blömeke wies mit Blick auf die aktuelle Debatte zu den Früherkennungsuntersuchungen auch darauf hin, dass sie allein nicht geeignet sind, Fälle von Vernachlässigung zu verhindern. „Wichtig ist die Einbettung der Früherkennungsuntersuchungen in ein enges Netz der Hilfen. Genau dieses wird von der schwarz-grünen Koalition weiter gestärkt, zum Beispiel mit dem Ausbau der Familienhebammenprojekte und Eltern-Kind-Zentren. Gleichzeitig wollen wir die Passgenauigkeit und Wirksamkeit der Hilfen zur Erziehung verbessern und haben deshalb das Personal bei den Jugendämtern deutlich aufgestockt.“

Der Antrag von CDU und GAL sieht vor, dass ein Konzept für ein zweijähriges Modell in Anlehnung an die Regelungen in Schleswig-Holstein inklusive Evaluation erarbeitet und der Bürgerschaft vorgelegt werden soll. Da mit der Einführung der U7a als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung seit Juli 2008 eine zusätzliche Untersuchung für die Dreijährigen besteht, sieht der Antrag zudem die Abschaffung der Untersuchungen in den Kindertageseinrichtungen vor. Die frei werdenden Ressourcen sollen für ein Nachuntersuchungsangebot zur U6 und U7, die Verstärkung der Schuleingangsuntersuchung sowie die Beratung von Kindertageseinrichtungen bei der Gesundheitsvorsorge genutzt werden.

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