HSH: Freytag wieder unter Druck

Eine Aussage des privaten Anteilseigners Flowers setzt Finanzsenator Freytag in der HSH-Affäre erneut unter Druck. Flowers warnte angeblich früh vor Fehleinschätzungen des Riskos; Bank und Aufsichtsrat hätten aber nichts unternommen.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat Finanzsenator Michael Freytag (CDU) aufgefordert zu den aktuellen Vorwürfen des privaten Anteilseigner Flowers zur Geschäftspolitik der HSH Nordbank Stellung zu nehmen. Flowers hatte gegenüber dem NDR eingeräumt, dass es 2007 zu schweren Mängeln im Risikomanagement, damit zu schweren Fehlern in der Reaktion auf die Finanzmarktkrise und vermeidbaren Verlusten gekommen ist. Er habe frühzeitig darauf hingewiesen, die Führungsgremien der Bank hätten aber nichts unternommen.

„Noch bevor der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank seine Arbeit aufgenommen hat, bestätigt sich unsere Kritik aus dem vergangenen Jahr. Zugleich wird immer deutlicher, dass die Versuche der CDU und ihres Finanzsenators, die Ursachen für die Milliardenverluste in eine ferne Vergangenheit zu schieben, eine Ablenkung von der eigenen Verantwortung ist“, sagte der designierte SPD-Obmann im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, Thomas Völsch. Der SPD-Finanzfachmann Peter Tschentscher forderte, Senator Freytag sollte nach der Aussage von Flowers eindeutig erklären, ob und in welcher Form er von den Hinweisen zu Mängeln im Risikomanagement erfahren und was er als Mitglied im Aufsichtsrat gegebenenfalls unternommen hat.

Der Vorgang zeige, so Tschentscher weiter, „dass sich Senator Freytag für eine weitere Tätigkeit im Aufsichtsrat der Bank disqualifiziert hat. Er ist damit eine Belastung für den schwarz-grünen Senat, der seine Verantwortung im Aufsichtsrat mit einem angeschlagenen Finanzsenator nicht mehr selbst wahrnehmen will“.

Im Auftrag des Untersuchungsausschusses hatte die SPD-Fraktion die Frage, welche Hinweise es von Anteileignern gab und wie darauf reagiert wurde, ausdrücklich formuliert. „Wir wünschen uns, möglichst bald Herr Flowers und seinen Europa-Chef Sinha dazu im Untersuchungsausschuss befragen zu können“, sagte SPD-Obmann Völsch. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass man bewusst vor der Bürgerschaftswahl 2008 keine Unruhe um die HSH zulassen wollte. Dabei wäre ein Umsteuern bereits 2007 möglich gewesen. Wir werden untersuchen müssen, ob auf diese Weise politische Einflussnahme die Krise der Bank noch verschärft hat.“

Die LINKE wähnt in ihrer Stellungnahme den „Senator ganz allein im Tal der Ahnungslosen?“.

Der Finanzinvestor J.C. Flowers hat Management und Mehrheitseignern der HSH Nordbank, Schleswig-Holstein und Hamburg, die Hauptschuld für die desaströse Lage der Landesbank gegeben: „Wir haben bereits frühzeitig auf Probleme hingewiesen und hier immer wieder eine Kursänderung angemahnt“, sagte Flowers-Europachef Ravi Sinha dem Handelsblatt, „gehört wurden wir jedoch nicht.“

Dazu erklärt der Finanz- und Haushaltsexperte Dr. Joachim Bischoff: „Diese Kritik kommt nicht überraschend. Nur Senator Freytag scheint als einer der wenigen nichts bemerkt zu haben. Auch der jetzige HSH Nordbankvorsitzende Nonnenmacher hat darauf hingewiesen, dass der Bank 2007 eine entwickelte Risikokultur fehlte.“

Nonnenmacher am 2.6.2009 in der FAZ: „Formal sind aufsichtsrechtliche Anforderungen offenbar erfüllt gewesen. Heute wissen wir: Das war nicht ausreichend. Die Kultur der Bank war zu stark davon geprägt, Neugeschäft zu machen. Die Risikokontrolle war qualitativ und quantitativ unterentwickelt.

Der Vorwurf der schweren Untreue gegen das Führungspersonal zielt darauf, dass:

* Die Einhaltung der Vorschriften nur scheinbar gegeben war

* Der Aufsichtsrat seine Kontrollpflichten bei der Risikobewertung nur unzureichend wahrgenommen hat.

Seit Beginn der öffentlichen Krisenbewältigung geht es darum, ob die Bankenrechtsvorschriften eingehalten wurden und welche Rolle der Vorsitzende des Aufsichtsrates Peiner (CDU) und der Finanzsenator Freytag als Mitglied des Aufsichtsgremiums eingenommen haben.

Bankenrechtliche Vorschriften, die durch die Bankenaufsicht Bafin konkretisiert und kontrolliert werden, zielen darauf ab, dass Handelsgeschäfte und die zugehörigen Risikopositionen regelmäßig auf die mit ihnen verbunden Verlustrisiken zu untersuchen sind. Offenkundig ist bei einigen Landesbanken – auch der HSH Nordbank – diese Risikokontrolle unzureichend gehandhabt worden. Die Bank hat kurz vor Auslaufen der Gewährsträgerhaftung billig Kredite aufgenommen und damit hoch riskante Papiere gekauft. Bei dieser Operation wurde ein „Schnellankaufverfahren“ praktiziert, bei dem eine genauere Prüfung der Risiken zunehmend unterblieben ist. Es steht seit langem fest, dass die HSH-Führungsebene maßgebliche Direktiven der Bankenaufsicht nicht beachtet hat. Zudem ist nach Ausbruch der Krise im Frühjahr 2007 die Krise nachweislich schöngeredet worden.

Bevor sich die HSH Nordbank mit Finanzderivaten im Wert von rund 30 Milliarden Euro eingedeckt hat, ist keine konzernweite Risikokontrolle eingerichtet worden. Die entscheidende Frage ist, ob durch den Untersuchungsausschuss oder die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen dieser Vorwurf erhärtet werden kann. Es muss geprüft werden, ob sich die Bankmanager wissentlich über Mindestanforderungen hinweggesetzt haben, die die Bankaufsicht für das Risikomanagement festgesetzt habe.

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