Babyklappen: Was will Senator Wersich?

Senator Dietrich Wersich hat in Berlin ein Rechtsgutachten zu Babyklappen vorgelegt – und stößt auf Kritik der SPD: Weil er das Gutachten seit zwei Monaten unter Verschluss hielt, und weil er noch immer nichts getan hat. Für die GAL lobt Christiane Blömeke das Gutachten – wie gewöhnlich, seit die GAL an der Regierung beteilgt ist.

„Senator Wersich sagt nicht, wie es mit Babyklappen und „Erste-Baby-Hilfen“ in Hamburg weitergehen soll – über ein halbes Jahr, nachdem er medienwirksam nach angeblich verschwunden Babys fahnden ließ und über zwei Monate nach Vorlage des erst heute vorgestellten Gutachtens“, kritisiert die Kinder- und Jugendexpertin der SPD-Fraktion, Carola Veit, den zuständigen Senator.

Statt in Hamburg für Klarheit zu sorgen, versuche Wersich, sich in bundespolitische Formulierungen zu flüchten: „Vermutlich wollte Senator Wersich mit einer Pressekonferenz in Berlin kritische Fragen zu seiner fragwürdigen Rolle in der Hamburger Diskussion um Babyklappen und „Erste-Baby-Hilfen umgehen“. Veit kündigte an, die Auswirkungen des Gutachtens für die Hamburger Einrichtungen im Familien-, Kinder- und Jugendausschuss zu thematisieren.

Zum Hintergrund, wie Veit ihn sieht: Senator Wersich hat heute auf einer Pressekonferenz in Berlin gemeinsam mit dem „Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht“ (DIJuF) dessen Gutachten zu Babyklappen vorgestellt. Das Gutachten liegt dem Sozialsenator nach Auskunft von Senatsvertretern spätestens seit der ersten Novemberhälfte 2009 vor. Bisher hatte Senator Wersich sich geweigert, das Gutachten dem Familien-, Kinder- und Jugendausschuss der Bürgerschaft vorzulegen.

Veit betonte, die Hamburger SPD spreche sich grundsätzlich für Babyklappen aus. „Hamburg braucht Babyklappen. Wir haben vor zehn Jahren hier in Hamburg die ersten eingerichtet – und das war gut und richtig so. Im Vordergrund steht neben dem Schutz der Kinder das Ziel, die Mütter behutsam wieder mit ihrem Kind zusammenzuführen. Die Ergebnisse zeigen, dass dies auch gelingt.“ Die Grundlage der Arbeit müsse transparent und klar sein.

Es komme darauf an, gute, tragfähige Lösungen zu finden, die Frauen in Notsituationen und ihren Kindern helfen. „Wenn man es will, dann geht das auch. Letztlich geht es nicht darum, Eltern aus der Verantwortung zu entlassen, sondern darum, Kindern zu helfen“, sagte Veit abschließend.

Veit betonte, dass die Sozialbehörde in ihrer jüngsten Pressemitteilung vom 08.01.2010 über ein Ende Dezember am Kinderkrankenhaus in Altona abgelegtes Mädchen erstmals den Aspekt herausstellte, Mutter und Kind wieder zusammenführen zu wollen. „Dieses wichtige Ziel wurde bisher vom Sozialsenator leider nicht betont – und er hat hier auch keine Erfolge vorzuweisen“ (siehe auch diese Anfrage). Insgesamt habe die Diskussion in Hamburg seit dem Sommer 2009 Senator Wersich zu einer Versachlichung im Umgang mit diesem Thema gezwungen.

Blömeke nennt das Ergebnis des Rechtsgutachtens eine „wichtige Klarstellung“.

Zum heute veröffentlichten Rechtsgutachten des Deutschen Institutes für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) zum Betrieb von Babyklappen erklärt die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Christiane Blömeke: „Das Gutachten bringt endlich Licht in eine rechtliche Grauzone und stellt klar, unter welchen Bedingungen Babyklappen betrieben werden dürfen. Wir erwarten, dass sich auch private Betreiber von Babyklappen zukünftig in diesem rechtlichen Rahmen bewegen. Im Sinne des Kinderschutzes sollte es selbstverständlich sein, dass für in Babyklappen abgelegte Kinder unverzüglich ein Vormund bestellt wird. Wir hoffen, dass die Gespräche zwischen Sozialbehörde und SterniPark auf Basis des Gutachtens zu einem positiven Abschluss gebracht werden.“

Das Gutachten bestätigt aus Sicht der grünen Abgeordneten weitestgehend die Kritik der GAL-Fraktion an der Praxis des Vereins SterniPark. So stellt das Gutachten unter anderem fest, dass die Verbringung von abgelegten Kindern außerhalb Hamburgs ohne Zustimmung des Jugendamtes oder des Vormundes oder eines Gerichtes nicht zulässig ist. Wichtig aus Sicht der GAL-Fraktion sind auch die Feststellungen des Instituts zu den Herausgabeansprüchen der Mütter. Auch nach Anordnung einer Vormundschaft bleibt das Sorgerecht der Mutter grundsätzlich bestehen, sofern nicht ausdrücklich das Ruhen oder der Entzug der elterlichen Sorge angeordnet wurde.

Der Hintergrund, wie Blömeke ihn sieht:

Das DIJuF-Gutachten stellt unter anderem fest, dass:

– bei in Babyklappen abgelegten Kindern eine Vormundschaft für das Kind angeordnet werden muss.
– für den Betreiber einer Babyklappe eine Meldepflicht nach dem Personenstandsgesetz besteht.
– sich der private Betreiber nicht auf sozialdatenschutzrechtliche Übermittlungsbeschränkungen nach SGB VIII und SGB X berufen kann.

– der private Betreiber im Sinne des Transparenzgebotes gegenüber den Eltern sogar verpflichtet ist, die Verpflichtung zur Datenweitergabe offenzulegen.

– die Unterbringung von abgelegten Kindern bei Pflegefamilien außerhalb Hamburgs ohne Zustimmung des Jugendamtes oder des Vormundes oder eines Gerichtes nicht zulässig ist.

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