Vermögenssteuer statt Sozialkürzungen

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion und die LINKE haben sich erneut für die Vermögensteuer ausgesprochen. „Es ist eine Schicksalsfrage – auch für Hamburg – die vorhandenen Steuern bei den Reichen auch tatsächlich einzuziehen und Vermögen oberhalb einer Million mit mindestens einem Prozent zu besteuern“, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete Wolfgang Rose (SPD) im Parlament. Für die LINKE warnte Dora Heyenn vor „politischem Harakiri“.

Dieser Schritt würde über eine Milliarde Euro mehr Einnahmen für den Haushalt bringen. „Denn bereits die zwanzig reichsten Hamburger mit ihren 40 Milliarden Euro Vermögen würden mit 400 Millionen Euro Vermögensteuer zu Buche schlagen“, sagte Rose. Er griff in diesem Zusammenhang auch die jüngsten Aussagen des Bürgermeisters zu Partikularinteressen in Hamburg auf: „Privilegien haben nicht nur die Villenbesitzer an der Elbchaussee, Privilegien haben auch die Einkommens- und Vermögensmillionäre in unserer Stadt – und zwar Steuerprivilegien.“ Die OECD habe Deutschland empfohlen, die vermögensbezogenen Steuern zu erhöhen, weil sie im internationalen Vergleich extrem niedrig sind.

Die neue Steuer würde dafür sorgen, dass zumindest ein kleiner Teil der riesigen Geldvermögen nicht mehr als „Treibstoff für den nächsten Spekulations-Crash“ genutzt werden könne, sondern dem Gemeinwohl zugute komme, so Rose. Die Einkommen und Vermögen seien immer ungleicher verteilt. Das habe dazu geführt, dass die Binnennachfrage in Deutschland seit vielen Jahren immer stärker geschwächt wurde: „In dieser Lage nach altem Muster eine krasse Rotstiftpolitik zu betreiben und dabei in gesetzliche Leistungsansprüche einzugreifen, die öffentlichen Dienstleistungen, die Daseinsvorsorge und die Infrastruktur weiter zu beschneiden oder gar zu privatisieren, das ist die falsche Alternative. Es ist genug für alle da“, sagte Rose.

Bürgermeister von Beust habe seiner Kapitalismuskritik im vergangenen Jahr keine praktischen Konsequenzen folgen lassen, rügte Rose: „Greifen Sie unseren Antrag auf. Stimmen Sie ihm zu. Setzen Sie sich bei der Bundeskanzlerin und Ihrer Partei auf Bundesebene für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer ein.“ Der Bürgermeister könne damit zeigen, ob er es ernst meint „mit dem Umdenken, mit der Warnung vor dem marktradikalen Irrweg und mit dem Kampf für Anstand und Moral. Machen Sie keine Pfeffersack-Politik. Springen Sie über Ihren Schatten“, forderte Rose. Die Vermögenssteuer sei „gerecht, ökonomisch vernünftig und im Interesse Hamburgs“.

LINKE-Fraktionsvorsitzende Dora Heyenn betonte in der heutigen Sitzung der Bürgerschaft die Notwendigkeit einer zügigen Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Ihre Abschaffung habe die öffentlichen Haushalte ruiniert und die Wiedereinführung wäre, angesichts der gegenwärtigen Staatsverschuldung in Rekordhöhe, ein wichtiger Beitrag zum langfristigen Schuldenabbau. Zudem kritisierte sie die Steuersenkungen der Bundesregierung als „politisches Harakiri“.

„Seit ihrer Abschaffung zum 1. Januar 1997 sind die finanziellen Spielräume der öffentlichen Hand dramatisch zurückgegangen. Wir beklagen heute die maroden Bauten in den Hochschulen, den Schulen und im öffentlich geförderten Wohnungsbau. Regelmäßig wird immer der Partei, die vor zehn Jahren an der Regierung war, Versäumnisse wegen nicht getätigter Investitionen vorgeworfen. Auch in diesem Hause können wir immer wieder hören, die SPD hat an allem Schuld“, sagte Heyenn.

Dabei hat die SPD nur die Schuld daran, dass durch Nichtstun die Erhebung der Vermögenssteuer ausgesetzt wurde. Heyenn begrüßte, dass die Sozialdemokraten in der Hamburgischen Bürgerschaft das jetzt als Fehler eingesehen haben, obwohl sie im Mai letzten Jahres einen Antrag auf Wiedereinführung einer reformierten Vermögenssteuer über eine Bundesratsinitiative noch abgelehnt hatte. Die Abschaffung der Steuer hat massive Löcher in die öffentlichen Kassen gerissen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DWI) bezifferte sie 2002 auf rund 15,9 Mrd. Euro jährlich.

„Die Staatsverschuldung hat eine Rekordhöhe erreicht. Die Uhr vom Bund der Steuerzahler ist lange heiß gelaufen. Allein die Zinszahlungen, die für die hohe Neuverschuldung geleistet werden müssen, engen die finanziellen Möglichkeiten derart ein, dass nicht mal mehr 10 % des Gesamthaushaltes für die politische Gestaltung zur Verfügung steht. Spar- und Kürzungsmaßnahmen haben lange ihre Grenzen erreicht. Damit kommt man nicht weiter“, erklärte Heyenn und erneuerte die häufig vorgebrachte Forderung der LINKEN, sich mit der Vermögenssteuer wirksam der Einnahmenseite zu widmen.

Die neue Bundesregierung könne nicht rechnen, kritisierte Heyenn: „In dieser wirtschaftlichen Situation auf die Idee zu kommen Steuern zu senken, ist politisches Harakiri! Und wenn man sich dann noch ansieht welche Steuern gesenkt wurden, dann weiß man nicht ob man es als Klientelpolitik oder hellem Wahnsinn oder als beides einstufen soll! Bürgermeister Ole von Beust beklagt die Partikularinteressen der Bürger und die CSU und FDP senken für die Hotellerie die Mehrwertsteuer um 12 % und durch Zufall kamen aus der gleichen Interessensecke große Parteispenden.“

Damit noch nicht genug, 14 Tage nach Absenkung des Mehrwertsteuersatzes, der übrigens nicht an Hotelgäste weitergegeben wird, machten sich Politiker aus den Regierungsparteien Gedanken, wie sie die Einnahmeausfälle für die Kommunen wieder kompensieren könnten. Eine „Kurtaxe“ pro Gast und pro Nacht in Höhe von 3 € wurde vorgeschlagen. Diese neuerliche Steuersenkung hätte nie stattfinden dürfen, stattdessen wäre eine Einführung der Vermögenssteuer mehr als angesagt gewesen.

Keiner weiß wie die Staatsschulden wieder auf ein vertretbares Maß heruntergeführt werden sollen. Einige haben errechnet, dass es mehr als 100 Jahre dauern wird. Mit der Einführung der „Schuldenbremse“ glaubt man ein geeignetes Mittel gefunden zu haben, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Es soll dadurch funktionieren, dass die laufenden Ausgaben erheblich zurückgefahren werden, aber dieses Kürzungspotential gibt es gar nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Schuldenbremse genauso abgeschafft wird wie sie eingeführt wurde, nämlich durch Mehrheitsbeschluss in den Parlamenten wird bereits offen diskutiert.

„Für einen dringend notwendigen langfristigen Schuldenabbau wäre die Vermögenssteuer ein gutes Mittel. Verantwortung für das Gemeinwohl übernehmen heißt auch dafür zu sorgen, dass die Aufgaben des Staates für die Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen werden können, und das sozial gerecht. An der Erhöhung der Steuern wird keiner vorbeikommen. Wir stimmen dem Antrag der SPD zu“, schloss Heyenn.

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