Frau Senatorin befiehlt einen Deckel

Noch kein Jahr im Amt, und schon werden die Bürger lästig: „Deckel zu“, kommandiert die Bausenatorin, und will auf einen Streich alle Betroffenen, von Anwohnern bis zu Bezirkspolitikern, aus dem Verfahren heraushalten. Selbst ein laufendes Bürgerbegehren soll durch eine Evokation in Sachen Autobahndeckel ausgehebelt werden.

Was die einstige GAL-Vorsitzende und heutige Bausenatorin Anja Hajduk in Bezug auf Autobahndeckel und Stadtplanung in Bahrenfeld und Flottbek beabsichtigt, widerspricht so eklatant den Grundwerten grünalternativer Philosophie, dass man es kaum glauben mag. Aber der Bericht im heutigen Abendblatt stimmt – die dort zitierte Senatsdrucksache ist zutreffend dargestellt: Hajduks Behörde will das Projekt „Autobahndeckel“ an sich ziehen, weil das Verfahren vor Ort angeblich zu lange dauert.

Die Planungen zum Autobahndeckel sind weit fortgeschritten und könnten zügig umgesetzt werden – wäre da nicht der Plan, einen Teil der Kosten durch Grundstücksverkäufe zu decken. Die langjährigen Pächter wehren sich mit einem Bürgerbegehren – 8.000 Unterschriften sind bereits gesammelt, ist zu hören. Dass man sie jetzt per Evokation ins Leere laufen lassen will (an das Begehren wäre die Bezirksversammlung, nicht aber der Senat oder die Bürgerschaft gebunden), begründet Frau Hajduks Sprecher mit „gesamtstädtischem Interesse“. Das, mit Verlaub, gibt es aber bei Müllentsorgungsanlagen, Möbelgeschäften oder Straßenneubauten auch.

Altonas SPD, die sich seit undenklichen Zeiten für das Projekt einsetzt und deren einstiger Vorsitzender erst den Weg zu einer erheblichen Bundesbeteiligung an den Kosten öffnete, ist entsetzt: Vor Ort befinde man sich in Gesprächen, von der Stadthausbrücke aus werde jetzt das Tischtuch zerschnitten. Bezirksfraktionsvorsitzender Thomas Adrian befürchtet langwierige Auseinandersetzungen vor Gericht. Ablehnung zum Vorgehen der Senatorin kommt auch vom stadtentwicklungspolitischen Sprecher SPD-Bürgerschaftsfraktion, Andy Grote.

Das ist die Stellungnahme der Altonaer SPD:

SPD kritisiert Hajduk-Taktik zum A 7- Deckel

Laut Medienberichten plant die von Anja Hajduk (GAL) geführte Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, alle mit der Überdeckelung der Autobahn 7 zusammenhängenden Bauleitplanverfahren an sich zu ziehen (Evokation). Die Folge ist, dass selbst ein erfolgreicher Bürgerentscheid ins Leere laufen würde. Denn nur Bezirksamt und Bezirksversammlung müssten sich nach dem Bürgervotum richten. Ob es allerdings zu einem Bürgerentscheid über die Kleingartenverwertung zu Gunsten des Deckels kommt, ist noch offen. Die SPD kritisierte, dass die Stadtentwicklungsbehörde einem Bürgerentscheid zuvorkommen wolle und dabei gleichzeitig große Teile Altonas aus der politischen und stadtplanerischen Verantwortung des Bezirks entreiße.

Dazu Thomas Adrian, Chef der SPD-Bezirksfraktion Altona: „Frau Hajduks Vorgehen schadet dem Deckel-Projekt mehr, als dass es nützt. Ich sehe die große Gefahr, dass der von uns gewollte lange Autobahndeckel jetzt auf Dauer zum öffentlichen und juristischen Streitobjekt zwischen Kleingärtnern und Stadt wird. Noch vor dem ersten offiziellen Gespräch zwischen dem Bürgerbehren und der Politik am 12. Februar zerschneidet Frau Hajduk das Tischtuch und sucht die offene Konfrontation. Alle Versuche unserer Fraktion, zu vermitteln und einen Dialog herzustellen, werden damit zunichte gemacht, ich bin entsetzt. Die GAL glaubt wohl nicht mehr daran, einen Bürgerentscheid gewinnen zu können. Stattdessen geht die GAL-Senatorin nach dem Prinzip ‚teile und herrsche‘ vor.

Auch als Stadtplanungssprecher meiner Fraktion bin ich empört über die Evokation. Denn auf Jahrzehnte werden große Teile Altonas unter Zentralverwaltung gestellt. Die vorgesehene Trabrennbahn, Kleingarten- und Sportflächen machen 58 Hektar aus, über deren Zukunft nicht mehr Altona entscheidet. Das entspricht rund einem Viertel des Stadtteils Flottbek. Bebauungspläne und Stadtentwicklung wurden aber gerade nach der großen Bezirksreform der örtlichen Bezirksversammlung übertragen. Wenn es aus Landessicht vor Ort politisch ‚brenzlig‘ wird, will man offenbar davon jetzt nichts mehr wissen und greift nach der formalen Macht.“

Melanie Schlotzhauer, SPD-Kreisvorsitzende aus Altona, ergänzt: „Wir nehmen die Bedenken der Menschen Ernst, die das Bürgerbegehren unterstützt haben und suchen gemeinsam nach Kompromissen. Frau Hajduk dagegen hebelt lieber das Bürgervotum aus. Sie beschädigt damit die lokale Demokratie, denn mehr als 8.000 Menschen haben das Bürgerbegehren unterstützt. Wir Altonaer Sozialdemokraten setzen dagegen auf Überzeugungsarbeit in den Stadtteilen. Das war früher auch einmal der Politikansatz der Grünen. Wir appellieren daher an die Altonaer GAL, ihre Senatorin noch von der Evokation abzubringen.“

Ein Gedanke zu „Frau Senatorin befiehlt einen Deckel“

  1. Sollte es sich tatsächlich um ein gesamtstädtisches Interesse – und nicht nur um einen juristischen Trick handeln um das Bürgerbegehren auszuhebeln – kann die Finanzierung unmöglich alleinige Aufgabe des Bezirks Altona bleiben. Die Frage nach dem Verkauf der Kleingartenflächen bzw. dem Verlust von 25 Hektar Grünflächen stellt sich dann vollkommen neu. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Bezirksversammlung Altona nicht von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt an der Nase herumführen lässt, sondern Frau Hajduk in die Pflicht nimmt, für eine solide Finanzierung zu sorgen.
    Wir dürfen gespannt sein, wie das in Zeiten von Finanzkrise, Ausfällen bei der HSH Nordbank und Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie funktionieren soll.
    Ein Pressespiegel zur geplanten Evozierung befindet sich unter http://www.schreberspacken.de/artikel/laut-hamburger-abendblatt-will-die-bsu-die-entscheidung-zum-autobahndeckel-evozieren

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