Stimmung machen mit Umfragen (2)

Einen Tag nach der verunglückten Umfrage zur Schulreform rudert das Abendblatt heute halbherzig zurück. Das eigentliche Problem der Leserumfragen mag die Redaktion dabei aber offenbar nicht zugeben: Jede einzelne kann beliebig verfälscht werden – und wird es auch.

Schon ein Blick auf die nackten Zahlen müsste stutzig machen: Bei der Umfrage zu „Shared Space“ gestern, einem Thema, das sicherlich auch viele Menschen berührt, weil sie direkt betroffen sind oder werden, haben keine 1.000 Klicker (das Abendblatt nennt sie beharrlich „Leser“) teilgenommen, an der Schul-Umfrage davor angeblich mehr als viermal so viele Menschen, bevor der „Hacker“ zuschlug. Aber – wer soll das glauben?

Aufklären könnte das Abendblatt selbst: Wenn sich feststellen lässt, dass 6.000 Klicks von einer IP-Adresse kamen, dann müsste sich auch feststellen lassen, woher die übrigen kamen – und wie viele Adressen darunter sind, die vielfach gevotet haben (Anm.d.Red.: Uns sind allein drei bekannt.) Aber daran hat die Zeitung kein Interesse, müsste sie doch sonst womöglich zugeben, dass ihre Umfragen kaum das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt werden.

Vor zwei Jahren hatte das Abendblatt schon einmal massiver Stimmungsmache per Mausklick Vorschub geleistet. Damals waren die Leser aufgerufen, mit einer „Wahlbörse“ das Ergebnis der Bürgerschaftswahl vorherzusagen. Hartnäckig hielt sich damals die FDP in einem 2008 noch absurd hohen Bereich. Später stellte sich heraus, dass eine Werbeagentur die Börse manipuliert hatte; die Liberalen landeten – wie an der Elbe gewohnt – unterhalb der 5 Prozent und nicht im Rathaus.

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