Primarschule: Rückwärtsgang

Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) zeigt sich plötzlich flexibel: Bei der Schulreform setzt sie jetzt auf flexible Übergangs-Lösungen. Was sie heute verkündete, klang ein wenig nach Kapitulation: Plötzlich darf jeder machen, was er will.

«Die Reform startet wie geplant im Schuljahr 2010/2011», wiederholte Goetsch heute, um gleich das Gegenteil anzuschließen: Die Schüler der jetzigen 3. Klassen könnten im Sommer 2010 auch weiter nach dem bisherigen Verfahren in die 5. Klasse einer Stadtteilschule oder eines Gymnasiums wechseln. Wer nicht will, macht einfach weiter, als gäbe es keine Reform.

Die einzelnen Schulen entscheiden, ob sie bereits ab 2010 Primarschule mit einem 5. Jahrgang werden wollen. Fest blieb sie bisher in ihrer Ansage für den nächsten Jahrgang: Die jetzigen 2. Klassen würden dann 2011/2012 erstmals alle nach den neuen Bildungsplänen der Primarschule für einen 5. Jahrgang unterrichtet.

Die Reaktionen fallen – wen wundert’s – höchst unterschiedlich aus. Hier das, was uns bisher erreichte:

Der GAL-Landesvorstand:
Eine gute Lösung im Sinne der Kinder

Zu den heute von Schulsenatorin Christa Goetsch vorgestellten Übergangsregelungen bei der Einführung der Primarschule erklären die GAL-Landesvorsitzenden Katharina Fegebank und Anjes Tjarks:

„Wir begrüßen ausdrücklich die heute vorgestellten Übergangsregelungen für die jetzigen Grundschülerinnen und Grundschüler. Die Schulbehörde hat eine sehr vernünftige und überlegte Entscheidung getroffen, ohne am Zeitplan für die Einführung der neuen Primarschule zu rütteln oder die anderen Eckpunkte zur Disposition zu stellen.

Der sanfte Übergang der jetzigen zweiten Klassen, die ab 2010 als erster Jahrgang nach den neuen Bildungsplänen der Primarschule unterrichtet werden, um danach in die fünfte Klasse der Primarschule zu wechseln, ist eine gute Lösung im Sinne der Kinder und der Schulen.

Die heutige Entscheidung zeigt einmal mehr, dass die Schulreform kein verordnetes Hau-Ruck-Verfahren ist, sondern ein Prozess im Dialog mit allen Beteiligten.“

Der Bildungs-Sprecher der GAL-Fraktion:
Gwosdz: „Jetzt herrscht Klarheit für Klassen 1-4“

Michael Gwosdz, bildungspolitischer Sprecher der GAL-Fraktion, hat die heute von der Bildungssenatorin vorgestellten Übergangsregelungen zur Einführung der Primarschule zum 1.8.2010 begrüßt:

„Eine der oft gestellten Fragen vieler Eltern war bislang, wie der Übergang der heutigen Schülerinnen und Schüler auf die Primarschule geregelt sein wird. Diese Frage ist nun rechtzeitig und klar beantwortet worden. Die Familien und die Schulen können sich frühzeitig darauf einstellen. Wie wir immer betont haben, werden alle offenen Punkte im Zusammenhang mit der Schulreform Schritt für Schritt nach verantwortungsvoller Planung und Überlegung beantwortet.“

Der bildungspolitische Sprecher der SPD, Thies Rabe:
Murks – Primarschul-Kurswechsel: nichts Halbes und nichts Ganzes

„Jetzt ist die Unklarheit perfekt. Was Senatorin Goetsch jetzt macht, ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Sie schiebt einmal mehr den schwarzen Peter den Schulen zu, weil sie nicht weiß, auf welchem Ausweg sie aus ihrem Schulchaos herauskommen soll.“

Senatorin Goetsch habe viel zu lange und viel zu wortgewaltig an ihren Plänen zur Einführung der Primarschule festgehalten. „Sie hat die Kritik von Eltern, Schulen und Opposition niedergebügelt. Sie trägt deshalb die Verantwortung dafür, dass sich Hamburg vom richtigen Ziel Schulfrieden immer weiter entfernt. Ich bin skeptisch, ob der jetzt vollzogene Schwenk ausreicht. Es ist zu viel Porzellan zerschlagen und zu viel Vertrauen verspielt worden“, sagte Rabe. Wieder einmal zeige sich: „Wenn unvereinbare Positionen auf Krampf unter einen Deckel gebracht werden müssen, ist das Ergebnis Murks.“

Die Volksinitiative “Wir wollen lernen!“

Wir werten dies als Rückzug der Schulsenatorin und großen Teilerfolg: „Wir begrüßen diesen Schritt außerordentlich und freuen uns mit den vielen engagierten Eltern, die in den zurückliegenden Wochen Unterschriften für eine solche Aussetzung gesammelt haben, und mit den vielen Tausend betroffenen Schülern und Eltern aus diesem Jahrgang!“ sagt Dr. Walter Scheuerl, Sprecher der Volksinitiative und ergänzt: „Wir sehen das Jahr 2009 ohnehin als Jahr des Endes der Primarschulpläne!“

Noch vor wenigen Wochen hatte Schulsenatorin Goetsch auf einer Versammlung vor Elternräten der Hamburger Gymnasien auf die Frage nach einer Aussetzung der Primarschulreform für die jetzigen dritten Klassen geantwortet, eine solche Aussetzung komme nicht in Betracht. “Wir wollen lernen!“ sieht die heute offiziell angekündigte Aussetzung für die dritten Klassen nur als ersten Schritt auf dem Weg zum Volksbegehren im November. Ziel der Volksinitiative ist und bleibt ein vollständiger Verzicht des schwarz-grünen Senates auf die Einführung der sechsjährigen Primarschule und ein Verzicht auf das von der Schulsenatorin geplante Abschaffen des Elternwahlrechtes hinsichtlich der weiterführenden Schulform.

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