Barmbek, der Tag danach: Wie kam es dazu?

Am Tag nach der gewalttätigen Nazi-Demo, am Tag nach von der autonomen Linken provozierter schwerer Gewalt, aber auch am Tag nach dem friedlichen Protest von Tausenden, die den Braunen in Barmbek nicht die Straße überlassen mochten, stellt sich die Frage: Wie kam es zu den Gewaltexzessen? Wer einen zusammenfasenden Bericht sucht, ist mit der heutigen taz gut bedient. Auch die WELT berichtet – nach gestrigen zeitweiligen Kampfzeilen – recht ausgewogen.

Für das Geschehen machen unterschiedliche Menschen unterschiedliche Ursachen aus – so weit, so klar.

Aus Sicht der Polizei, des Innensenators und der Polizeigewerkschaft ist insbesondere das OVG beteiligt: Dort hatte man den Nazi-Gegnern genehmigt, einige Stunden vor der Nazi-Demo nahezu auf gleicher Route zu demonstrieren. Weil die Gegner-Demo dann – durch zahlreiche Zwischenkundgebungen und schließlich eine Sitzblockade – den Nazis den Durchgang vom Stadtpark nach Barmbek versperrten, sei es zum Krawall gekommen.

Drei andere Sichtweisen gibt es:

Erstens – man hätte den Nazi-Umzug nicht genehmigen müssen. Es war bekannt, dass dort geplant war, rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilte Redner einzusetzen. Das wäre entweder ein Verbotsgrund vorher gewesen, oder aber – wenn das juristisch zu „wackelig“ gewesen wäre – ein Grund, die Nazi-Demo aufzulösen, als der erste Redner das Mikrofon ergriff.

Zweitens – man hätte die Nazis so behandeln können, wie man zuvor in Hamburg viele Male linke Demonstranten behandelt hat: Dicht einschließen und auf einen Weg abseits der Gegendemonstranten bugsieren. Jetzt konnte sich der braune Verein relativ frei bewegen, startete auch immer wieder „Ausfälle“ und Angriffe gegen Gegendemonstranten und Journalisten. Das wäre nicht nötig gewesen.

Drittens – man war taktisch schlecht aufgestellt. Dass das Bahnnetz gestört wird, hätte man im Vorfeld aufklären müssen. Dass man – nachdem sich Rechte wie Linke in Gruppen zerstreuten – mit den eingesetzten Kräften nicht auskommen würde, hätte man auch erkennen können. Die eingeflogenen Freunde und Helfer aus Berlin hätten – zwei Stunden vorher eingesetzt – einen Teil der Eskalation verhindern können.

Am Ende bleibt der großen Mehrheit der eingesetzten Polizisten jedenfalls die berühmte Karte mit dem „A“: Sie mussten ausgerechnet Nazis den Weg durch Barmbek bahnen, sich dafür beschimpfen und verhöhnen lassen, haben zahlreiche Blessuren davon getragen. Und der Feiertag war auch im Eimer.

2 Gedanken zu „Barmbek, der Tag danach: Wie kam es dazu?“

  1. Kleine redaktionelle Korrektur des Artikels.
    Die Gewalt ging laut Aussagen der Polizei eindeutig von den Neo-Nazis aus.

    Welt: „Die Gewalt ging nach Einschätzung der Polizei zuerst von den rechtsextremen Demonstranten aus.“

    Abendblatt: „Besonders von der rechten Seite sei „nackte Gewalt“ ausgegangen.“

  2. @Ralf

    Das erinnert etwas an die Streitereien meiner Kinder: „DER hat angefangen“ ist da der häufigste Satz. Als wenn das eine Rolle spielen würde. Braune Schläger und schwarze Brandstifter sind nicht das gleiche – bei letzteren gibt es sicher eine gute Absicht, aber die Mittel finde ich dennoch mehr als fragwürdig.

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