Verfassungsgericht zu § 175: Unrecht endlich aufarbeiten

REGENBOGEN.jpegAm fünfzigsten Jahrestag des Unrechtsurteils des Bundesverfassungsgerichts zu § 175 StGB erklärt Farid Müller, schwulen- und lesbenpolitischer Sprecher und Verfassungsexperte der GAL-Fraktion: „Vor 50 Jahren wurde vom Bundesverfassungsgericht die nationalsozialistische Fassung des § 175 als verfassungsgemäß beurteilt. Dieses Fehlurteil war Ursache für tausendfaches Elend von homosexuellen Männern in der Bundesrepublik. Einer ganzen Generation von Menschen wurde die Erlaubnis zur einvernehmlichen Liebe genommen. Sie war tagtäglich staatlicher Willkür und Verfolgung ausgesetzt. Menschen, die nichts anderes taten, als sich zu lieben, konnten und wurden zu tausenden verfolgt und verurteilt.“

Müller weist darauf hin, dass die Folgen des damaligen Urteils weit über die unmittelbar von Strafverfolgung bedrohten Männer hinausging. Homosexualität habe als sittenwidrig gegolten, weshalb Paare keine Wohnung erhielten und Homosexuelle entlassen und auf andere Weise diskriminiert werden durften.

Bis weit in die achzigerer Jahre hinein beriefen sich staatliche Stellen immer wieder auf die Geltung des § 175, wenn es darum ging, Vereine zu verbieten und Gleiches ungleich zu behandeln. Die bis heute andauernde Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren lässt sich unmittelbar auf das damalige Urteil zurückführen.

Schwer wiegt auch, dass durch das Urteil von 1957 die Homosexuellen als Opfer der Nationalsozialisten schlicht vergessen und gleichzeitig kriminalisiert wurden. Haftstrafen wurden auch aufgrund von § 175 StGB in der Bundesrepublik als Vorstrafen gewertet. Die Homosexuellen sind als Opfergruppe bis heute nicht entschädigt.

„Für Homosexuelle endete das Dritte Reich endgültig erst mit der Liberalisierung des § 175 im Jahre 1969. Das Leid, das einer großen Zahl homosexueller Männer auch in Hamburg bis dahin zugefügt wurde, muss aufgearbeitet werden. Viele der in der Bundesrepublik Verurteilten leben und leiden noch heute unter dem ihnen damals zugefügten Unrecht. So wurden Vorstrafen verhängt, Rentenansprüche gingen verloren. Diese Menschen verdienen unsere Entschuldigung und Rehabilitierung“, sagt Müller.

Hinweis: Heute Abend findet anlässlich dieses Jahrestages in der Hl. Dreieinigkeitskirche St. Georg ein Gedenkgottesdienst statt. Teilnehmen werden Bischöfin Maria Jepsen, Staatsrat Dietrich Wersich, Michael Neumann, SPD-Fraktionsvorsitzender und Christa Goetsch, GAL-Fraktionsvorsitzende

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