Senat: Infos nur für Gutbetuchte

photocaseAKTEN1.jpegDie Bürgerschaft hat im Frühjahr beschlossen, dass Hamburgerinnen und Hamburger umfangreiche Möglichkeiten haben sollen, den Behörden in die Akten zu schauen. Jetzt enthüllt der SPD-Abgeordnete Dressel: Die Gebühren dafür sind so kalkuliert, dass sich nur Reiche den Blick hinter die Kulissen leisten können.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat den Senat aufgefordert, unverzüglich eine bürgerfreundliche Anwendung des von der Bürgerschaft im Frühjahr beschlossenen Informationsfreiheitsgesetzes sicherzustellen. „Mauern, Abblocken, Verheimlichen – auf diesem Feld scheint der Senat seine Kernkompetenz zu sehen“, kritisiert SPD-Innenexperte Andreas Dressel.

Die SPD plane eine Initiative, damit das Akteneinsichts-Gesetz im Interesse der Menschen bürgerfreundlich, transparent und kostengünstig angewandt wird. Dressel kritisierte insbesondere die für Bürger wenig durchschaubare Gebührenordnung. „Kein Bürger weiß genau, was auf ihn zukommt, wenn er in die Akten schauen will. Außerdem muss es eine Sozialklausel bei der Akteneinsicht geben: Es darf nicht sein, dass die Wahrnehmung der Rechte für weniger gut betuchte Bürger unmöglich gemacht wird“, kritisierte Dressel (siehe unten).

Hintergrund der SPD-Kritik ist die Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage. Aus der Antwort geht hervor, dass der Senat – trotz viermonatiger Vorbereitungszeit – außer einer teilweise überhöhten und undurchsichtigen Gebührenordnung – nichts für eine pünktliche Umsetzung getan hat. „Der CDU-Senat will nicht von lästigen Bürgern gestört werden, die ihm in die Karten schauen wollen“, sagte Dressel. Insbesondere müsse der Senat klarmachen, welche Kosten auf Interessierte zukommen, wenn sie sich informieren wollen.

Dressel nannte fünf SPD-Eckpunkte, die dafür sorgen sollen, dass das neue Recht im Sinne der Menschen angewandt werden kann. „Auf dieser Grundlage erarbeiten wir eine Initiative für die Bürgerschaft“, kündigte der SPD-Abgeordnete an.

1. Die Gebührenordnung hat beträchtliche Spannen. Kein Bürger weiß genau, was für Kosten auf ihn zukommen. Schon das wirkt abschreckend. Es muss transparente Hinweise für Bürger und Behörden geben, wann mit welchen Kosten zu rechnen ist.

2. Die Gebührenordnung enthält – anders als z. B. beim Umweltinformationsgesetz – kein ausdrückliches Kumulationsverbot. Wenn also ein Bürger in demselben Verfahren zunächst Einsicht in die Akten und dann Herausgabe weiterer Schriftstücke verlangt, ist es bislang nicht ausgeschlossen, dass Gebührenbeträge über den Rahmen von 500 Euro hinausgehen. Hier muss es eine Deckelung der möglichen Kosten geben.

3. Gebührenregelungen anderer Bundesländer und des Bundes haben zudem ausdrücklich geregelt, dass es in Härtefällen Gebührenbefreiungen und
-ermäßigungen geben kann. Gut ist das Brandenburger Beispiel, bei dem die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers Berücksichtigung finden. Das Informationsrecht ist ein Grundrecht – die Wahrnehmung darf nicht vom Geldbeutel des Antragstellers abhängen. Wir wollen, dass jedem in unserer Stadt die Wahrnehmung seiner Rechte auch möglich gemacht wird.

4. Der CDU-Senat muss den Transparenzpflichten des Gesetzes schleunigst entsprechen. Danach haben die Behörden Verzeichnisse der bei ihnen vorhandenen Informationen, Organisations- und Aktenpläne und andere geeignete Materialien in elektronischer Form allgemein zugänglich zu machen – z.B. auf ihren Internetseiten. Der CDU-Senat übersieht, dass das Gesetz hier nicht nur Soll-Vorschriften enthält, sondern ihn nach § 11 Absatz 2 sogar verpflichtet, Organisations- und Aktenpläne allgemein zugänglich zu halten. Das Gesetz zwingt die Behörden also zu aktiver Informationspolitik.

5. Der CDU-Senat hat bislang jegliche Information der Öffentlichkeit zum neuen Recht vermieden. Dieses Vorgehen belegt, dass es ein kapitaler Fehler war, anders als im Bund und anderen Ländern keinen Informationsfreiheitsbeauftragten vorzusehen, der das Gesetz zu seinem Anliegen macht. Das Mindeste ist nun, dass der Senat eine Informationskampagne zu den neuen Möglichkeiten für Bürger startet.

Das kommt auf die Bürger zu, die dem Senat in die Karten schauen wollen:
* Erteilung einer schriftlichen Auskunft nach Prüfung der Unbedenklichkeit der Herausgabe von Informationen einschließlich des Aufwands zur Aussonderung von Daten, je nach Umfang und Prüfungsaufwand: 30-500 Euro
* Gewährung von Akteneinsicht bei der Behörde nach Prüfung der Unbedenklichkeit der Herausgabe von Informationen einschließlich des Aufwands zur Aussonderung von Daten, je nach Umfang und Prüfungsaufwand: 15-500 Euro
* Zur-Verfügung-Stellen von Informationen in sonstiger Weise je nach Umfang und Prüfungsaufwand: 15-500 Euro
* Herstellung von Abschriften und Ausdrucken: Bis zu 10 A4-Kopien in Schwarz-Weiß sind in den oben genannten Gebühren enthalten. Darüber hinaus werden fällig je Einzelkopie zwischen 0,15 Euro (A4, s/w) bis zu 1 Euro (A3/farbig). Hinzu können weitere Auslagen kommen, die der Antragsteller zu erstatten hat.
* Gebührenfrei sind lediglich die Erteilung mündlicher und einfacher schriftlicher Auskünfte sowie die Ablehnung eines Informationsantrages.

Quelle: Gebührenordnung zum Informationsfreiheitsgesetz im Volltext unter http://www.luewu.de/2006/37.pdf, Seite 467f.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.