Lüdemanns Skandale

Aus Anlass der aktuellen Vorwürfe gegen Justizsenator Lüdemann veröffentlicht die GAL-Bürgerschaftsfraktion eine Chronik seiner Skandale. Die Länge ist beachtlich – immerhin ist er erst seit dem 29. März 2006 im Amt.

Hier die Chronik der GAL:

1. Bestechung eines Gefangenen

Das Hanseatische Oberlandesgericht rügte die Justizbehörde für ihr Vorgehen im Fall Gunter S. Die Behörde hatte dem früheren Gefangenen 2006 im Rahmen eines zivilrechtlichen Vergleichs 4900 Euro gezahlt. Dies geschah direkt nachdem Gunter S. einen Klagerzwingungsantrag wegen Freiheitsberaubung gegen den ehemaligen Anstaltsleiter von Fuhlsbüttel Haus II, Andreas Behm, zurückgezogen hatte. Eine Verurteilung Behms, der im selben Zeitraum zum Chef der Berliner Staatsanwaltschaft ernannt wurde, wäre für dessen Karriere gefährlich gewesen. Die Justizbehörde indes hatte einen Zusammenhang stets bestritten. Dem gegenüber hielten die Richter fest, dass sie zur Überzeugung gelangt wären, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Antragsrücknahme durch den Antragsteller und der Zahlung der Justizbehörde an den Antragsteller bestand. Das Ergebnis dieser Entscheidung ist, dass durch die Bestechung des Gefangenen Gunter S. die Strafverfolgung an Behm vereitelt worden ist. Lüdemann hat entweder die Verhinderung der Strafverfolgung gedeckt, oder die Behörde hat solche Aktivitäten ohne seine Kontrolle entfaltet, was beides gleich negativ zu bewerten ist.

2. Die hamburgischen Vollzugsbehörde missachtet gerichtliche Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern

Landgerichtspräsident Volker Öhlrich hat in einem Brief an die Justizbehörde neun Fälle dokumentiert, in denen die Leiter Hamburger Haftanstalten verbindliche Entscheidungen von Strafvollstreckungskammern missachtet haben. Pikant ist, dass die Justizbehörde in der Antwort auf eine kleine Anfrage der GAL im März 2007 behauptet, nur von zwei solcher Fälle zu kennen. Laut einer Verordnung des früheren Justizsenators Roger Kusch müssen die Haftanstalten der Behördenleitung jede Entscheidung einer Strafvollstreckungskammer, in denen die Haftanstalt unterliegt, melden. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die genannten Vorgänge der Justizbehörde bekannt war.

Der Konflikt zwischen Gerichten und Justizbehörde schwelt schon seit längerem. Bereits 2005 sah sich das OLG wegen mehrfacher Missachtung richterlicher Entscheidungen gezwungen, die Behörde daran zu erinnern, dass „die Haftanstalten… an Recht und Gesetz gebunden“ seien.

3. Wahl der Präsidentin des Oberlandesgerichts

Bei der Wahl der Präsidentin des Oberlandesgerichts ging Lüdemann auf Konfrontationskurs mit der Richterschaft, um die Kandidatin Erika Andreß zu verhindern. Sie setzte sich im Richterwahlausschuss dennoch durch. Dieser Entscheidung war ein monatelanges Gerangel um die Nachfolge von Wilhelm Rapp vorangegangen, im Zuge derer Lüdemann mit drei seiner Wunschkandidaten scheiterte. Lüdemann versuchte, mit mehreren Gegenkandidaten die von ihm unerwünschte Andreß zu verhindern. Zuerst favorisierte Lüdemann den Finanzgerichtspräsidenten Jan Grotheer (SPD), anschließend Bürgerschaftsdirektor Reinhard Wagner (CDU). Da beide nicht durchsetzbar waren, nominierte er schließlich im Rahmen einer eigens einberufenen Auswahlkommission Sibylle Umlauf. Keiner dieser Kandidaten konnte sich im Richterwahlausschuss durchsetzen. Dieses Vorgehen führte zu einer unnötigen Verzögerung der Benennung des Präsidenten des OLG und zu einer Kraftprobe im Richterwahlausschuss. Damit ist der Senator mit der wichtigsten Personalentscheidung seiner Amtszeit gescheitert.

4. Unbesetzte Wachtürme

Durch den Ausbruch des Inhaftierten Oleg B. Anfang 2008 aus der Untersuchungshaft ist öffentlich geworden, dass die Wachtürme im Untersuchungsgefängnis nachts nicht besetzt sind. Demnach sind seit Jahren die Wachtürme im hamburgischen Strafvollzug nur phasenweise besetzt. Dies steht in deutlichem Kontrast zu der Ansage des Senats, Sicherheit als zentrales Ziel der Justizpolitik zu behandeln.

5. Teure Überkapazitäten im Strafvollzug

Im hamburgischen Strafvollzug bestehen massive Überkapazitäten. Mehr als jeder vierte Platz ist nicht belegt, d.h. von derzeit 2957 belegbaren Haftplätzen sind 801 frei. Kommen nach der Sanierung von Fuhlsbüttel Haus II nochmals 216 Plätze dazu, dann stehen 3173 Plätze zur Verfügung. Dies entspricht einer Überkapazität von 424 Plätzen* im geschlossenen Männervollzug und damit beinahe dem Angebot der Anstalt Billwerder II, die sich damit als Fehlinvestition erwiesen hat. Der ehemalige Justizsenator Kusch hatte 2002 den 32 Millionen Euro teuren Bau mit der nicht näher begründeten Prognose massiv zunehmender Gefangenenzahlen, gerade auch im geschlossenen Männervollzug, durchgesetzt. Diese Prognose erwies sich jedoch als falsch. Senator Lüdemann, damals Abgeordneter und Mitglied im Rechtsausschuss, räumte ein, auch keine Erklärung dafür zu haben, auf welcher Basis diese Belegungsprognose zu Stande kam. Laut Lüdemann bestand sein Versäumnis darin, im Rechtsausschuss dieser Frage nicht nachgegangen zu sein. Erschreckend dabei ist, dass Herr Lüdemann keinerlei Vorstellung hat, wie mit dem sich seit langem abzeichnenden Leerstand im hamburgischen Strafvollzug umgegangen werden soll. Trotz wiederholter Ankündigungen hat Lüdemann keinerlei Konzept, um die massive Verschwendung von Steuergeldern zu beenden.

* Alle Zahlen beziehen auf eine Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage vom 31.12.2007 der GAL

5. Personalpolitik in der Justizbehörde:

Lüdemann knüpfte nahtlos an die immer wieder kritisierte Personalpolitik von Roger Kusch an. Zwei Beispiele aus der Zeit von Lüdemann als Senator:

Fall C.: Henning C., *1973, war im Sommer 2004 noch Referent der CDU-Fraktion und Anstaltsbeirat im Untersuchungsgefängnis. Ab Januar 2005 wurde er auf BAT 1b in den Präsidialstab eingestellt. Seine Noten hätten für eine Einstellung als Richter oder Regierungsrat nicht gereicht. Im Jahre 2006 wurde er Leiter des Präsidialstabes mit einer Angestelltenbesoldung analog zu A16. Zum 1.7.2007 wurde er innerhalb der Behörde umgesetzt und hat nun die Stelle V2, Personal und betriebliche Steuerung. Dies dient offensichtlich dazu, eine Verbeamtung auf dieser A16-Stelle erreichen zu können. Wäre er im Januar 2005 auf dem üblichen Weg als Regierungsrat eingestellt worden, wäre er noch auf A 13.

Fall F.: Boris F., *1978, kam zum 1.6.2003 auf Kuschs Wunsch in die Behörde. Da war er seit einem Jahr Regierungsinspektor zur Anstellung. Am 1.2.2005 wurde er Regierungsinspektor. Am 9.10. 2005, kurz nach dem 27. Geburtstag wurde er Beamter auf Lebenszeit. Irgendwann zwischen November 2005 und März 2006 (Lüdemann war noch Staatsrat) wurde er zum Regierungsoberinspektor, A10 befördert. In der Deputation vom Juli 2007 teilte Lüdemann mit, Herr F. nehme kommissarisch eine Stelle im Präsidialstab bis zur Wahl wahr, die mit A13 / A14 dotiert sei. Binnen kürzester Zeit wurde er also über mehrere Besoldungsstufen befördert.

6. Justizbehörde als Waffenhändler

Als neuester Skandal wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg beschlagnahmte Messer im Internet versteigert hat.

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