Auch Gymnasien für die Schulreform

Nachdem sich schon fast alle Grund- und viele Gesamtschulen für die Schulreform in ihrer ursprünglichen Form ausgesprochen haben, melden sich auch mehr und mehr Gymnasien zu Wort, die dafür sprechen. Heute: Die Stellungnahme des Elternrats des Emilie-Wüstenfeld-Gymnasiums.

Stellungnahme des Elternrates des Emilie-Wüstenfeld-Gymnasiums zur Schulreform

Wir, der Elternrat des Emilie-Wüstenfeld-Gymnasiums, wollen uns mit dieser Stellungnahme ganz ausdrücklich zu den Grundsätzen und Kernelementen der Hamburger Schulreform bekennen.

Am Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium ist – im Unterschied zu der eher ablehnenden Haltung an vielen Hamburger Gymnasien – seit Beginn der Debatte um die Hamburger Schulreform eine deutliche Unterstützung für die Einführung der sechsjährigen Primarschule wahrzunehmen. In der Tradition dieses sehr beliebten und erfolgreichen Gymnasiums (mit seit Jahren außergewöhnlich hohen Anmeldezahlen) steht ganz klar die Maxime, ein Lernumfeld zu schaffen, das es allen Schülern ermöglicht, trotz bestehender Unterschiede ihren eigenen Weg zu erfolgreichem Lernen zu finden.

Wir begrüßen die Diskussion über die Reformpläne – auch in ihrer kontroversen Form, sind aber angesichts der zu treffenden Weichenstellung davon überzeugt, dass hier nicht aufgrund starker Partikularinteressen voreilig von der geplanten Reform abgewichen werden darf. Wir sprechen uns ausdrücklich gegen eine Aufweichung des ursprünglichen Reformvorhabens aus, da wir befürchten, dass die ausgehandelten Kompromisse der Reform schaden und somit ihren Erfolg gefährden. Insofern begrüßen wir auch das Ende der Verhandlungen mit der „Initiative WWL“.

Längeres gemeinsames Lernen in kleineren Klassen und moderner Unterricht mit mehr individueller Förderung sorgen aus unserer Sicht nicht nur für mehr Chancengleichheit, sondern auch für die Möglichkeit Leistungspotentiale nicht nur der leistungsschwächeren Schüler besser ausschöpfen zu können. Am Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium zeigen die Erfahrungen, dass von der Bereitschaft in der Unterrichtsentwicklung auch neue Wege zu gehen, alle Schüler profitieren. Unsere Schüler werden von Anfang an darin bestärkt, sich gegenseitig zu unterstützen und eben nicht nur Schwächen zu betonen, sondern vor allem die besonderen Fähigkeiten jedes Einzelnen hervorzuheben. In einer solchen Gemeinschaft wirkt deshalb Anerkennung motivierend und lässt jeder Persönlichkeit ihren Raum zu reifen.

Wir sind überzeugt, dass die geplante Schulreform ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist und unterstützen deshalb die Pläne des schwarz-grünen Senats.

22 Gedanken zu „Auch Gymnasien für die Schulreform“

  1. Elternrat heißt noch lange nicht ALLE Eltern! Diese Schulreform ist der absolute Wahnsinn… Das Geld, das diese Reform kosten wird (und immernoch nicht öffentlich gemacht wurde!!!) sollte lieber in Ausstattung, Lehrermotivation etc. gesteckt werden.

  2. Wer erfolgreiche Schulformen, zu denen die Gymnasien laut PISA gehören, zerschlägt verliert an Glaubwürdigkeit. Der Gutachter des LI hat selbst fest gestellt, dass die Reform weder schadet noch etwas bringt. Wofür sollen jetzt erfolgreiche Schulformen zerschlagen werden und Steuergelder sinnlos ausgegeben werden? Die Anmeldezahlen an Gymnasien wurden bisher nicht veröffentlicht, da sie eine Abstimmung der Wähler sind. Mehr als 50 % aller Schüler wurden an Gymnasien angemeldet.

  3. Frau Maus: welches sind die inhaltlichen Argumente gegen die Reform?
    Scheinbar haben Sie vergessen, wie viel nur allein für Nachhilfe und Sitzenbleiber verpulvert wird, um das alte System zu stützen. Haben Sie vergessen, wieviel die Volkswirtschaft ausgibt, um die Folgen dieses maroden Systems aufzufangen?

  4. diese fundierte und wohlbegründete Stellungnahme ist es wert,sich ernsthaft mit ihr auseinander zu setzen, statt mit nicht begründeten Parolen dagegen zu polemisieren.

  5. Herr Hartmann: Es gibt keine PISA-Untersuchung, bei der sich das deutsche Gymnasium als „erfolgreiche Schulform“ erwiesen hat. Das würde voraussetzen, dass es mit ausländischen Gymnasien verglichen wurde. Eine solche Untersuchung gibt es nicht und kann es auch nicht geben.

    Kann es sein, dass Sie auch in diesem Punkt nicht richtig informiert sind? Woher haben Sie solche Informationen?

  6. Welche Schule(Elternrat) ist bereit, sich selbst zu demontieren? Hier scheint man von der eigenen Unterrichtsqualität nicht überzeugt zu sein.
    Ich bin dafür, jedes Kind optimal zu fördern. Für die einen sind der Schnelldurchlauf in 12 Jahren auf dem Gymnasium gut, für andere das Abitur nach 13 Jahren auf der Gesamtschule. Wo gibt es in Hamburg damit ein Problem?
    Auffällig ist, dass die Schulreform die eigentlich förderbedüftigen Schüler nicht im Blick hat: die 22% Schüler, die mit 15 Jahren max das Niveau eines Viertklässlers
    erreicht haben.
    Fr. Goetsch sollte sich um die wahren Probleme kümmern und die Gymnasien in Ruhe lassen!

  7. Liebe Karin Schloh, welch große Angst spricht doch aus Ihrem Beitrag!

    Niemand „demontiert“ sich, weil er über den Tellerrand schaut, und gerade, weil man so überzeugt von der eigenen Schule ist, muss man auch keine Angst haben, andere Dinge zuzulassen.

    Ja, optimal fördern ist schon o.k.. Aber kennen Sie eigentlich viele Kinder, für die „G 8“ wirklich eine gute Variante ist? Warum hat jedes zweite Kind am Gymnasium irgendwann Nachhilfestunden? Warum müssen heute so viele nach Klasse sechs wieder gehen – ohne dass die Eltern gefragt würden?

    Zutreffend beschreiben Sie die Probleme der Kinder, die im heutigen System keinen Schulabschluss hinkriegen. Ist das die erste Hinwendung zu Veränderungen? Würde mich freuen!

  8. Liebe/r Manu,
    Warum so angstbesetzt?
    Sehen Sie, ich kann auch unsachlich werden,
    aber das ist nicht mein Stil, dahfür ist das Problem zu ernst.
    Ich kenne viele Kinder, für die G8 eine gute Variante ist. Warum sollte man diesen Kindern einen anregenden Unterricht verwehren?
    Aber warum gehen so viele Kinder auf das Gymnasium, wenn für diese Kinder möglicherweise eine Gesamtschule mit G9 die geeignetere Variante ist? Offensichtlich gibt es auf den bestehenden Gesamtschulen kein attraktives/ausreichendes Angebot.
    Das ändert man aber nicht mit Zwangsbeglückung und zweifelhaften Strukturänderungen.

    Jetzt zum eigentlichen Problem:
    Dass ein Schüler keinen Schulabschluss ereicht, liegt unter Umständen nicht am System. Es gibt Schüler, die nicht am Unterricht teilnehmen, die übermüdet zur Schule gehen, keine Schularbeiten machen, möglicherweise haben diese Schüler keine Motivation und Förderung durch das Elternhaus.

    Es ist also zunächst eine sachliche Ursachenforschung notwendig. Im Übrigen gibt es viele sehr aussagekräftige Studien zu diesem Thema. Aufbauend auf die Erkenntnisse dieser Untersuchungen gibt es viele nachweisbar erfolgreiche Maßnahmen, die auch im wesentlichen von der hamburger Enquete-Kommission beschlossen und von Fr. Goetsch als Mitverantwortliche unterzeichnet worden sind.
    Die Vorschläge wurden jedoch nicht umgesetzt.
    Zu den effektiven Maßnahmen gehören z.B. vorschulische Förderung. Die jetzige Abschaffung der Vorschule ist also ein Schritt in die falsche Richtung und zeugt von absoluter Verantwortungslosigkeit.
    Jahr für Jahr werden Chancen vertan und Schüler nicht geeignet gefördert.

    Fazit:
    es nützt nichts, das „System“ für alles verantwortlich zu machen. Es müssen schnellstmöglich effektive Maßnahmen eingeleitet werden.

  9. Frau Schloh: „..möglicherweise haben diese Schüler keine Motivation und Förderung durch das Elternhaus.“

    Und was können die Kinder dafür?

    Genau deshalb muss das System geändert werden, damit auch diese Kinder in die Lage versetzt werden, zu zeigen, was in ihnen steckt. Das behindert die anderen Kinder nicht, sondern es bereichert sie. Schauen Sie sich einmal eine Reformschule genauer an!

  10. Liebe Frau Schloh,
    leider geistern immer noch zu viele Vorurteile durch die Stadt, die eben auch die Gesamt- bzw. Stadtteilschulen betreffen. Viele dieser Schulen bieten ein Programm und eine Lehr-/Lernqualität, von denen sich manch ein Gymnasium eine Scheibe abschneiden könnte. Es ist die typisch deutsche Sorge, ein Kind könne es ohne ein gymnasiales Abitur zu nichts bringen, eine absurde Sorge in Zeiten des Zentral-Abiturs. Für die weiteren Vorurteile gegenüber der Primarschule lohnt immer ein Blick in die IGLU-Studie von 2006 (diese Studie wird leider nur alle 5 Jahre durchgeführt). Darin wird der Grundschule bescheinigt, „ihre Hausaufgaben gemacht zu haben“. Sie ist die einzige Schulform in Deutschland, die signifikante Verbesserungen erreicht und uns im internationalen Vergleich deutlich nach vorne gebracht hat. Da sollten unsere Sorgen gegenüber der Primarschule hinschmelzen wie Schnee in der Sonne. Auch die Abschaffung der Vorschule kann man gelassen sehen, denn die IGLU-Studie zeigt, dass Kinder, die mehr als ein Jahr im Kindergarten waren, deutlich bessere Lernstände aufweisen als die, die nur in der Vorschule waren. Die Forderung sollte also nicht lauten: „Erhaltet die Vorschulen!“ Sie muss lauten: „Alle Kinder spätestens ab 3 Jahren in den Kindergarten!“

  11. Hallo herr Petersen,
    kein Schüler kann etwas dafür, wenn er durch das Elternhaus keine ausreichende Motivation und Förderung erfahren hat!
    Da sind wir uns einig.
    Ich gehe davon aus, dass unser beider Anliegen ist, jedes Kind so zu fördern, dass es ein menschenwürdiges Leben führen kann.
    Ich persönlich sehe auch die Schule nicht als Zwangseinrichtung. Wir leben hier in einer Gesellschaft mit Normen und Regeln, über die man zwar streiten kann. Aber alle Kinder sollten ein Sozialverhalten und ein schulisches Grundwissen erreichen (Hauptschulabschluss), mit dem sie Ihr Leben meistern können.

    Und da entsetzt mich folgendes:
    Laut Pisa haben 22 % der 15-jährigen maximal das Wissen eines Viertklässlers. Weniger als 10% eines Jahrgangs verlassen die Schule ohne Abschluss. Wenn ich mich nicht verrechnet habe, erhalten somit 12% der Schüler ungerechtfertigt einen Hauptschulabschluss!
    Diese Praxis ist Verrat an den Kindern, denn bei dem nächsten Einstellungstest kommt die Wahrheit ans Licht und diese Schüler haben keine Chance auf dem Ausbildungsmarkt.
    Auf der anderen Seite wird dieses Verfahren von der Schulbehörde und den Hautschullehrern gedeckelt. Es ist kein Lehrer und auch nicht die Schulbehörde an die Öffenlichkeit getreten und hat gesagt: Wir haben ein Problem.
    Erst nach PISA konnte man das Problem nicht mehr leugnen. Gleichzeitig aber bekräftigen Lehrer und Schulbehörde: Wir wissen, wie wir das besser machen können! Ja warum habt Ihr das denn nicht längst umgesetzt?

    Den Lehrern und der Schulbehörde kann ich kein Vertrauen mehr schenken.
    Hier macht man den Bock zum Gärtner.
    Ohne unabhängige externe Berater traue ich der Schulbehörde keine effektive Reform zu.

    Das Problem ist bekannt, es sind also geeignete Maßnahmen zu finden und da unterscheiden wir uns.

    Ich gebe zu bedenken:
    Finnland hat nach eigenen Aussagen nach der Umstrukturierung ihres Schulsystems 20 Jahre gebraucht, bis die neuen Unterrichts-Methoden
    ausgereift waren.

    20 Jahre möchte ich unseren Schülern nicht zumuten. Abgesehen davon hat Hamburg nicht das Geld für zusätzliche Sozialpädagogen und Psychologen, wie sie in Finnland eingesetzt werden.
    Daher rate ich dazu, das was funktioniert, ob Gymnasium oder Gesamtschulen, Reformschulen …, bestehen zu lassen, damit keine neuen Baustellen entstehen.

    Und man sollte ganz gezielt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln fördern:
    ab dem 3. Lebensjahr im Kindergarten.
    Kleine Klassen mit gezielten Fördermaßnahmen in Klasse 1-4. Je früher gefördert wird, umso effektiver wirken die Fördermaßnahmen.
    Der Ansatz „wir biegen alles in Klasse 5 und 6 zurecht“ ist angesichts der begrenzt zur Verfügung stehenden Geldmitteln falsch.
    Das heißt für mich : keine Primarschule.

    Noch eine Bemerkung zu I.C. Koch:
    Sie haben geschrieben:
    „…Darin wird der Grundschule bescheinigt, “ihre Hausaufgaben gemacht zu haben”. Sie ist die einzige Schulform in Deutschland, die signifikante Verbesserungen erreicht und uns im internationalen Vergleich deutlich nach vorne gebracht hat.“

    Da die Grundschule früher so offensichtlich versagt hat, ist es ein leichtes, signifikante Verbesserungen zu erreichen. Wenn die Grundschule jetzt aber so toll ist, wozu braucht man dann die Reform?

  12. Hallo Frau Schloh, die Grundschulen haben keinesegs versagt, allenfalls die Hauptschulen. Deshalb sollten wir sie auch abschaffen!

    Wie das Bildungsdilemma in Deutschland zu lösen ist, können wir uns doch anschauen, von den anderen lernen. Finnland hat, wie Sie schreiben, schon vor 20 Jahren damit begonnen und ist heute Weltspitze. Aus diesen Erfahrungen lernen wir und ersparen uns damit eine 20jährige Erprobungsphase.

    Sie theoretisieren so vor sich hin, ausgehend von ihrer eigenen Weltanschauung und den persönlichen Erfahrungen, aber es gibt viel mehr auf dieser schönen Welt! Seien Sie doch so offen, sich um vielfältige Informationen und Erfahrungen anderer zu bemühen!

    Schauen Sie sich mal die Filme von R.Kahl an, lesen (oder googeln) Sie doch mal Felix Peschel, informieren Sie sich über jahrgangsübergreifendes Lernen. Lösen Sie sich vom deutschen Satz: Wenn alles pennt und einer spricht, das heißt in Deutschland „Unterricht“.

    Unser Motto muss lauten: In unserem Bildungswesen bekommt jedes Kind genau das, was es braucht! Das geht nur mit richtigem individuellem Unterricht und der ist mit streng selektierten Kindern nicht möglich.

    Machen wir uns auf, unterstützen wir diese Veränderungen, die in die richtige Richtung gehen. Wir können doch nicht einfach so weitermachen, nur weil wir in uns selbst gefangen sind und es uns nicht vorstellen können, dass es auf einem anderen Wege wirklich besser funktioniert mit der Bildung unserer Kinder!

  13. Hallo Frau Schloh,

    „wes das Herz voll ist, des geht der Mund über“, oder?

    Sie beschreiben zutreffend die Misere der Hauptschule. Ob Sie tatsächlich die Ursachen dafür erkannt haben, ist eigentlich unerheblich – jedenfalls wird diese Schulform, die den Kindern überhaupt keine Perspektive bietet (was kann man mit Hauptschulabschluss heute noch werden?), gerade abgeschafft. Dieser Teil der Reform findet also offenbar Ihre Zustimmung.

    Dann fordern Sie „externe Experten“: Die gibt’s schon, zum Teil seit Jahren. Oder was meinen Sie, wo all die Daten und Fakten herkommen, mit denen jetzt beide Seiten im Schulstreit um sich werfen?

    Auch die „kleinen Klassen mit gezielten Fördermaßnahmen“ in den Grundschulen sind wesentlicher Kernpunkt der aktuellen Schulreform. Vielleicht haben Sie es überlesen – aber die Klassenfrequenzen werden gerade massiv herabgesetzt. Wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe, werden (über den Ersatz für Pensionierungen hinaus) 300 zusätzliche Stellen dafür geschaffen. Die Gymnasien, falls Sie das als nächste Kritik vortragen wollen, haben übrigens auch gerade einen kräftigen Zuschlag bekommen: Sie haben (wegen des Doppel-Abi-Jahrgangs) künftig eine Klassenstufe weniger, mussten aber bei weitem nicht alle Stellen dafür abgeben.

    Ihre Anmerkung zu Frau Koch ist wohl eher polemisch zu verstehen: „Versagt“ hat die Grundschule sicher nicht mehr oder weniger als die anderen Schulformen; sie hat sich nur am meisten angestrengt, sich zu verbessern, und heute ist sie auch im internationalen Maßstab gut, was leider nicht für alle Schulformen gilt. Insofern ist es sehr sinnvoll, diese Qualität auf zwei weitere Jahrgänge auszudehnen!

  14. Da gibt es noch etwas, worüber ich mich ärgere: Alle, die so engagiert über Schule diskutieren, tun so, als würden die Kinder als Sechsjährige auf die Welt kommen. Dabei haben sie (wenn sie Glück haben) dann schon so ungeheuer viel gelernt!

    Manche sprechen fließend zwei Sprachen – übrigens die, die später dann so oft irgendwo stecken bleiben und keinen oder mit Ach und Krach einen schlechten Schulabschluss schaffen. Warum?

    Ich glaube, wir sollten viel mehr investieren, um die kleinen Kinder zu fördern. Nicht nur mit Masse, immer größere Kita-Gruppen helfen da nichts. Wir müssen endlich für mehr Qualität in den Kitas sorgen – mit kleineren Gruppen und besser aus- und fortgebildeten ErzieherInnen, die auch wenigstens ein Mindestmaß an Zeit bekommen, um ihre Arbeit vor- und nachzubereiten.

    Aus den Kitas kommen trotz allem meistens aufgeweckte, wissbegierige und fröhliche Kinder. Warum sind so viele ein paar Jahre später lustlos, interessieren sich nicht mehr für Neues und „kämpfen“ sich mühsam durch die Schulen, bis sie dann – oft mit gehörigem Druck – einen Abschluss erreichen?

  15. Sehr geehrter herr Petersen,
    wir sollten von Finnland lernen. Dem stimme ich zu. Nun ist die Situation in Finnland so, dass 40% aller Schulen insgesamt weniger als 50 Schüler haben und 50% der Schulen weniger als 7 Lehrer. Natürlich wird auch altersübergreifend unterrichtet und es gibt an jeder schule Sozialpädagogen und psychologisch geschultes Personal.
    Nun kann man sich fragen, welche dieser vielen Eigenschaften das finnische Schulsystem erfolgreich gemacht hat.

    Und meine These ist, dass das familiäre Klima, der sehr enge, persönliche Kontakt zwischen Lehrern und Schülern den Erfolg gebracht haben. Dass altersübergreifender Unterricht stattgefunden hat, ist für solche Zwergenschulen fast eine Notwendigkeit aber nicht ursächlich für den Erfolg verantwortlich.

    Und was sieht die Reform vor: riesige Primarschulzentren, die Kinder werden mit Bussen weite Strecken durch die Landschaft gekarrt. Also genau das Gegenteil des finnischen Systems und wird daher sogar das Schulsystem verschlechtern.
    Im Übrigen hat die Schaffung von kleinen Klassen nichts mit der Primarschule zu tun.

    Sie werfen mir vor, vor mich hin zu theoretisieren. Ich versuche Argumente für und wider die Reform zu finden und zu gewichten. Nachdenken als solches finde ich nicht verwerflich.
    Für mich ist es kein Argument für längeres gemainsames Lernen, dass das in anderen Ländern praktiziert wird, dass es etwas neues ist, dass es so total individuell und fortschrittlich ist.
    Die Reform verbrennt 190 Mio Euro und ich möchte schlicht und infach wissen, ob es etwas bringt. – ganz einfach —
    Und aus Erfahrungsberichten anderer Eltern zum jahrgangsübergreifendem Lernen habe ich gelernt, dass gute Schüler profitieren und sog. Problemkinder untergehen und weniger lernen.
    Und wenn dann eine Lehrein einer Gesamtschule mir berichtet, dass diese Problem-Kinder auffällig häufig unkonzentriert sind und nicht dem Unterricht folgen können, dann rundet sich mein Bild ab.
    Vor Kurzem habe ich eine Polin befragt, die in Polen das 7-jährige gemeinsame Lernen erlebt hat: Es gab eine Zweiteilung der Klasse: die schlechten Schüler fühlten sich „doof“, die guten Schüler wurden als Streber gehänselt. Wenn Sie meinen, das bekommt man in Deutschland viel besser in den Griff, dann wünsche ich das den Schülern, aber ich glaube nicht daran.

    Hallo Charlotte,
    auch ich finde, dass insbesondere in die Kindergärten sehr viel mehr investiert werden muss in jeglicher Hinsicht. De facto wird aber auch hier nur gespart. Als i-Tüpfelchen werden die Vorschulklassen aufgelöst, diese Kinder können ja auch noch in die Kindergarten gestopft werden.

  16. Gut, dass auch Eltern von Gymnasiaten einsehen, dass ihren Kindern die Schulreform auf Dauer auch nützen wird. Das Gymnasium wie es heute existiert ist natürlich erfolgreich, aber auch auf Kosten anderer Schulformen. Die (Integrierte) Gesamtschule mit Gymnasien zu vergleichen und dort dann Argumente gegen ein inklusiveres Schulsystem zu suchen ist höchst unangemessen, da dort ein Klientel zu finden sit, welches nicht immer das Bild der Gesellschaft darstellt. Integrierte Gesamtschulen haben oft nicht den Anteil an Schülern mit Gymnasialempfehlungen (circa 40-45%) den es in der Gesellschaft gibt. Deswegen sind an dieser Form der Schule andere Probleme zu erwarten.

    Schüler können von anderen Schülern besser lernen und eine Gleichmacherei in 3 oder 4 Niveaus die unser gegliedertes Schulsystem praktiziert ist nicht die Antwort auf eine heterogener werdende Gesellschaft. Kinder müssen individuell gefördert werden und zwar schwache wie starke Lerner. Jedes Kind hat also „Förderbedarf“ und deswegen müssen Förderschulen und Restschulen verschwinden, schon aus wirtschaftlichem Interesse.

  17. Frau Schloh:“Und aus Erfahrungsberichten anderer Eltern zum jahrgangsübergreifendem Lernen habe ich gelernt, dass gute Schüler profitieren und sog. Problemkinder untergehen und weniger lernen“

    Ich kenne keinen Vater und keine Mutter, deren Kinder jahrgangsübergreifend unterichtet wurden, die sich so äußern. Können Sie mir diese Erfahrungsberichte bitte zur Verfügung stellen oder benennen?

    Ich sagte es bereits: Jedes Kind muss genau das b ekommen, was es braucht! Únd wenn das 190 Mio kostet, dann kostet es das eben. Wir leisten uns doch eine Elbphilharmonie für 500 Mio, eine neue Straßenbahn, eine U-Bahn zum Flughafen,usw usw.

    Was ist wichtig in unserer Gesellschaft? Und wie setzen wir die Prioritäten.

    Noch etwas zu Ihrer Polin: Was Sie hier verbreiten, hat mit individuellem Unterricht nichts zu tun. Wenn Sie wissen möchten, was individuelles Lernen ist, dann schauen Sie doch mal auf diese Seite:
    http://www.einfach-zu-merken.eu/2.html

  18. Inzwischen sollte auch der letzte Bildungsromantiker verstanden haben, daß Wissen nur über Sprachkompetenz zu erlangen ist.
    Nicht die Schulstruktur gibt den Ausschlag für erfolgreiches Lernen, sondern das, was im Unterricht sowie im Um- und Vorfeld der Schule geschieht. Aus guten Gründen wird mit dem Bau eines Hause auf einem Fundament begonnen; damit ist allerdings kein Architekturpreis zu erringen.
    Ihrer Forderung, Frau Schloh und Charlotte, nach kleineren, personell und räumlich besser ausgestatteten sowie kostenfreien Kitas stimme ich uneingeschränkt zu. Aber das kostet ja Geld, das wir doch so dringend für wichtigere Dinge benötigen ( zuletzt Umzug des BA Mitte in die HafenCity nach dem Motto: Weg vom Bürger, hin zum Investor)

  19. In Hamburg machen 44 Prozent der Schüler das Abitur, die meisten davon auf einem Gymnasium. Hamburgs größte Schulprobleme sind also 1. der hohe Anteil von Risikoschülern und 2. die große Koppelung des Schulerfolgs von der sozialen Herkunft und das bei einem Migrantenanteil unter den Schüler/innen von fast 50 Prozent (wobei Hamburg das Problem wesentlich besser löst als Berlin mit seiner 6jährigen Grundschule!). Es ist mir völlig unbegreiflich, warum alle Primarschulbefürworter davon ausgehen, dass sich diese Probleme wie von Zauberhand lösen werden, wenn die Kinder noch zwei Jahre länger gemeinsam zur Schule gehen – und das noch so provisorisch mit bis zu 3 Standorten wie es derzeit geplant ist. Dass die Grundschulen ihre Hausaufgaben gemacht haben (wenn man denn nur die Schulen verantwortlich machen will, was ja nicht korrekt ist) trifft laut Iglu 2006 für Hamburg nicht zu! Der Anteil von Risikoschülern, die nach der 4. Klasse kaum lesen und schreiben können, liegt in Hamburg bei über 20 Prozent und wird nur noch von Berlin übertroffen! Und das, obwohl in den Grundschulen schon seit 2004 individuell unterrichtet wird. Wie sollen diese Kinder das in zwei Jahren aufholen, wenn auch noch die Fächer dazu kommen? Die Sprachförderung muss viel früher anfangen!!! Aber die Primarschule verschlingt wie ein schwarzes Loch alles Geld das für anderes (z. B. die Vorschulen und die Stadtteilschulen!) dringend gebraucht wird. Im übrigen ist in Hamburg (Ergebniss der LAU-Studie) das Nachhilfeaufkommen an den Haupt-und Realschulen viel größer als an den Gymnasien!!! Vielleicht sollte man auch mal die in Hamburg so beliebte Methode für den Anfangsunterricht, das Lesen-durch-Schreiben, die laut wissenschaftlicher Studien (z. B. die Marburg-Studie) 1. signifikant mehr Schüler mit Lese-Rechtschreibschwäche produziert und 2. für Migrantenkinder besonders nachteilig ist, unter die Lupe nehmen!!! Aber Wissenschaftlichkeit interessiert in Hamburg ja nicht! Unsere Schulsenatorin behauptet ja sogar, dass es wissenschaftliche Studien gibt, die beweisen, das die Primarschule mehr Bildungsgerechtigkeit schafft, obwohl das NICHT stimmt! Allenfalls die Berliner (!) Element-Studie kann nach einiger statistischer Rechnerei zeigen, dass sie weder nützt noch schadet. Wobei diese Studie natürlich NICHT voraussagen kann, ob die Hamburger Gymnasien auch ab Klasse 7 weiterhin so erfolgreich arbeiten können wie bisher! Immerhin verlassen in Hamburg nur etwa 6 Prozent der Schüler (aktuelle Kess-Zahlen) die Gymnasien, und das bei einem Anteil von über 20 Prozent nicht-gymnasialempfohlener! Der Bildungsmonitor zeigt übrigens, dass Berlin mit 6jähriger Grundschule das Bundesland ist, in dem der Bildungserfolg am stärksten von der sozialen Herkunft abhängt! Lohnt es sich wirklich, für ein Exeriment mit ungewissem Ausgang mit unvorhersehbaren Kosten das gesamte Hamburger Schulsystem zu demontieren? ICH fnde, nein – und ich bin deshalb NICHT konservativ!!!

  20. Nein, Frau Juhnke, an allen Ecken zu kurz gesprungen. Dass nur 44 % das Gymnasium besuchen, ist schon das erste Problem: Hier greift bereits die Segregation, bei den Zehnjährigen, die – nach nur vier Jahren Grundschule – die großen Differenzen bei der Einschulung noch nicht überwunden haben. Das wird die erste gravierende Änderung, wenn Sie den Volksentscheid verloren haben: Dann bekommen auch diese Kinder ihre Chance.

    Dass die Grundschulen ihre Hausaufgaben nicht gemacht hätten, kann nur jemand sagen, der schon lange keine Grundschule mehr gesehen hat – da erspare ich mior den Kommentar. Und auch für IGLU 2006 gilt: Lesen musst‘ können……

    Die größte Mär ist aber wohl die von den so erfolgreichen Gymnasien: Sie sind erfolgreich, wenn es gilt, die Spitzenleistungen zu vergleichen. Viele von ihnen sind aber leider Totalversager, wenn man danach schaut, wie sie ihre Dienstleistungen erbringen: Wer nicht mitkommt, bleibt sitzen, wird abgeschult oder mit teuiren Nachhilfestunden über Wasser gehalten. Tolle Pädagogik!

    Und dann die Sache mit den Kosten: Es wird überall kleinere Klassen geben (ich finde übrigens: teilweise zu kleine!), es gibt überall eine bessere Ausstattung und jede Menge neue, moderne Räume. Was ist daran falsch? Und fragen Sie doch mal bei den Gymnasialschulleitern nach, wer sich nicht darüber frfeut, endlich – weil zwei Jahrgänge wegfallen – genug Platz für alle Extras und Ideen zu haben!

  21. Wenn man sich die Diskussion um die Schulreform ansieht, stellt man fest, dass es fast keine Schule gibt, die gegen die Schulreform ist. Kaum ein Elternrat, kaum eine Schulkonferenz, kaum eine Schulleitung sind gegen die Reform, weil alle, die sich mit dem Thema ernsthaft auseinandersetzen, die großen Chancen der anstehenden Veränderungen erkennen.

    Das „Problem“ sind doch eher diejenigen, die meinen, dass alles immer so sein muss, wie Sie es einst erlebt haben, weil sie damit ganz gut gefahren sind.

    Und, ja, wahrscheinlich hat die Schulreform noch irgendwelche Macken. Aber wenn es nicht immer wieder Menschen gegeben hätte, die gewagt hätten, etwas zu verändern und dabei auch Fehler zu machen, dann würden wir heute noch am Höhlenfeuer sitzen und spätestens mit 35 sterben. Fortschritt hat etwas mit Mut zu tun, und ohne Mut zur Veränderung gibt es keinen Fortschritt.

    1970 hatten Brandt und Scheel den Mut, die Adenauer-Republik zu verändern, und es ist Deutschland hervorragend bekommen. Ab und zu muss es diese Umbrüche geben, sonst versinkt man im Ewiggestrigen. Das ist dann aber nicht konservativ, sondern einfach nur rückständig.

    Die deutsche Ständeschule hat ihre Zeit gehabt, war vermutlich auch über Jahrzehnte ganz erfolgreich, aber irgendwann ist es dann auch gut. Die Welt hat sich massiv verändert – es wird Zeit, dass die Schule es auch tut. Und da sind wir mit der Schulreform auf einem guten Weg!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.