ARGE verschärft soziale Spaltung

GELD_WENIG.jpegTrotz insgesamt sinkender Arbeitslosenquote steigt in benachteiligten Stadtteilen die Zahl der langzeitarbeitslosen Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II. Gleichzeitig ist die Ausstattung der ARGE gerade dort besonders schlecht. Das zeigt die Auswertung der Großen Anfrage der GAL-Bürgerschaftsfraktion zur Bilanz der ARGE 2006.

„Die soziale Spaltung der Stadt vertieft sich durch Fehler in der Arbeitsmarktpolitik“, sagt die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der GAL-Fraktion Gudrun Köncke. „Personal und Ressourcen sind falsch verteilt, nach zwei Jahren Arbeitgemeinschaft Hamburg sind die problematischen Stadtteile wesentlich schlechter ausgestattet. Der Wille, dies zu ändern, ist nicht erkennbar.“

Die Fallzahlen steigen in der Hälfte der ARGE-Jobcenter, darunter Billstedt/Mümmelmannsberg, Süderelbe/Wilhelmsburg und Lurup/Osdorf. Die GAL fordert als erste Maßnahme die rasche Besetzung der momentan 190 unbesetzten Stellen der ARGE, um damit das Personal in den benachteiligten Standorten zu verstärken und mehr Ressourcen in den Vermittlungsbereich zu investieren. Außerdem müssen die Eingliederungsmittel nach regionalen Kriterien verteilt werden. Stadtteile mit den höchsten ALG-II-Zahlen müssen größere Anteile erhalten sie und nach den Bedürfnissen vor Ort einsetzen können.

Auffällig zeigt die Entwicklung der einzelnen ARGE-Jobcenter das Auseinanderfallen der Stadtteile. Während die Zahl der erwerbsfähigen ALG-II-Empfängerinnen und -Empfänger in Süderelbe/Wilhelmsburg, Lurup/Osdorf, Billstedt/Mümmelmannsberg um 15 bis 19 Prozent angestiegen ist, gehen in Mitte, Eimsbüttel, Altona oder Harburg die Zahlen um bis zu 20 Prozent zurück. Die Entwicklung der Fallzahlen korreliert mit der stark unterschiedlichen Personalausstattung der verschiedenen ARGE-Standorte. „Diese negative Dynamik muss durchbrochen werden“, sagt Köncke.

Bei Fallmanagerinnen und –managern sowie Vermittlerinnen und Vermittlern ist das Missverhältnis am gravierendsten: In Billstedt/Mümmelmannsberg müssen sich 732 erwerbsfähige Hilfeberechtigte (eHb) einen solchen Spezialisten teilen, in Eimsbüttel sind es dann „nur“ 304 eHB. Das knappe Personal wird im Wesentlichen für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes gebraucht. 54 Prozent des Personals sind in den Bereichen Eingangszone und Leistungsbereich eingesetzt. Nur 29 Prozent des ARGE-Personals arbeiten direkt in der Vermittlung oder im Fallmanagement.

Obwohl in Hamburg durch die gute Konjunktur viele neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen, geht die positive Entwicklung fast vollständig an den schwachen ARGE-Standorten vorbei. „Statt massiv auf Qualifikation und Weiterbildung für die aktuell wachsende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften zu setzen, ließ die Hamburger ARGE 42 Millionen Euro für Fördermaßnahmen verfallen und gab 60 Prozent ihres Budgets für 1-Euro-Jobs aus. Dieses Ergebnis ist mehr als dürftig“, so Köncke.

Überdurchschnittlich profitiert vom Rückgang der Arbeitslosenquote in 2006 haben die Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld I mit -18,8 Prozent (BA-Statistik). Im selben Zeitraum stieg die Zahl der erwerbsfähigen ALG-II-Empfängerinnen und -Empfänger um 4.790 Personen oder 3,6 Prozent (Drs.18/5669). Der Rückgang der Arbeitslosigkeit verringert also nicht die Anzahl der Menschen, die von Transferleistungen leben. Die 2006 in Hamburg entstandenen zusätzlichen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze wurden zu selten mit Bewerberinnen und Bewerbern aus der ARGE besetzt. 17.449 offene Stellen in Hamburg (bei der Bundesagentur für Arbeit im Dezember 2006 gemeldete ungeförderte und unbesetzte Stellen) zeigen, dass bei intensiver Vermittlung auch die Bilanz der ARGE zu verbessern wäre. Mit Nachqualifizierung und Weiterbildung könnten in Zusammenarbeit mit den Unternehmen dringend benötigte Fachkräfte ausgebildet und die Zahl der Langzeitarbeitslosen vermindert werden. Stattdessen steckt die Hamburger ARGE viel Geld in Maßnahmen mit geringen Integrationseffekten. 75,2 Millionen Euro für Ein-Euro-Jobs stehen 10,5 Millionen Euro gegenüber, die in Maßnahmen zur Fort- und Weiterbildung investiert wurden.

Die GAL fordert deshalb, vorrangig in berufliche Weiterbildung und Qualifizierung zu investieren und mehr zertifizierte Abschlüsse statt kurzer Trainings anzubieten. Außerdem müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ARGE ,Job-Coaching’ (Münchener Modell) bieten statt Sachbearbeitung und dafür auch gezielt fortgebildet werden

„Andere Kommunen, wie München durch das Konzept des „Job-Coaching“ oder Bad Schmiedeberg mit dem Konzept der „Bürgerarbeit“ gehen neue Wege, Hamburg bleibt in der Sackgasse“, sagt Gudrun Köncke. Um organisatorische Blockaden zu lösen muss Hamburg aus Sicht der GAL Optionskommune werden und damit die Verantwortung für die Empfängerinnen und Empfänger von ALG II übernehmen. Außerdem schlägt Köncke vor, das Modell „Bürgerarbeit“ der Gemeinde Bad Schmiedeberg für Hamburg zu entwickeln.

Hier die Große Anfrage und die Antwort des Senats sowie die Auswertung der GAL (jeweils als PDF).

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