Wer säuft, soll lieber arbeiten…

BIER.jpeg…meint CDU-MdB Jürgen Klimke und fordert, das Nachtarbeitsverbot für Jugendliche in der Gastronomie aufzuheben: Das sei Unsinn, meint er, ab 22 Uhr würden die jungen Leute dann in den Kneipen sitzen und „ein Bier nach dem anderen“ trinken.

So jedenfalls stand es noch bis 15.45 Uhr auf der Homepage der Hamburger CDU, bis der Beitrag dann plötzlich verschwand. Am Ende dieses Beitrags können Sie ihn aber nachlesen.

Hintergrund des Klimke’schen Outings: Ausgehend von einer Initiative der saarländischen Regierung wird von der Bundesregierung eine so genannte Bund-Länder-Kommission eingerichtet, die Vorschläge für eine Änderung des Jugendarbeitsschutzes für Auszubildende
unter 18 Jahren vorlegen soll. In der Diskussion sind unter anderem eine Verkürzung der Nachtruhe und die allgemeine Einführung von Samstags- und Sonntagsarbeit für Minderjährige, die Streichung der Verpflichtung von Landesausschüssen für Jugendarbeitsschutz und die Streichung des Züchtigungsverbots für Arbeitgeber gegenüber Jugendlichen.

Klar, dass insbesondere die organisierten Arbeitnehmerinnen diesen Rückschritt ins vorindustrielle Zeitalter ablehnen:

Bei der DGB Jugend Hamburg stößt der aktuelle Vorstoß des Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Jürgen Klimke nach einer „Lockerung“ des Jugendarbeitsschutzgesetzes auf Empörung. Danach sollen minderjährige Azubis künftig statt bis 22 Uhr sogar bis 23 Uhr in Gaststätten bedienen, da sie ja ohnehin „um 22 Uhr in der Kneipe sitzen und ein Bier nach dem anderen trinken“, wie Klimke heute in einer Meldung formulierte. Der CDU-Politiker sollte vielleicht seinerseits zum täglichen Biertrinken bis 23 Uhr
verpflichtet werden, überlegt sich die DGB Jugend Hamburg ebenso provokant und erinnert daran, dass zwischen gelegentlichen geselligen Abenden und dem täglichen Schleppen von schweren Tabletts ein Unterschied bestehe.

„Auszubildende sollen etwas lernen und nicht als billige Arbeitskräfte missbraucht werden. Es gibt keine Ausbildungsinhalte, die nicht bis 22 Uhr vermittelbar wären“, so Olaf Schwede, Vorsitzender der DGB-Jugend Hamburg. „Herr Klimke beruft sich bei seinem Vorschlag auf den Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA und macht damit deutlich, dass er sich offenbar mehr um die Umsätze im Gastro-Gewerbe als um Ausbildungsinhalte und Rechte der Azubis sorgt.“

Wie in anderen Bereichen bedeute auch hier der Ruf nach „Deregulierung“ eine Verschlechterung der Arbeitnehmerrechte. Olaf Schwede: „Bereits zwei Mal wurde das Jugendarbeitsschutzgesetz zu Lasten der Jugendlichen geändert, ohne dass dabei in der Folge wie versprochenen mehr Lehrstellen geschaffen wurden. Im Gegenteil – wir haben alljährlich einen Rückgang an Ausbildungsstellen zu beklagen.“

Solche Vorschläge zeigten auch, dass minderjährigen Auszubildenden inzwischen kein besonderes Schutzinteresse gegenüber überlangen Arbeitszeiten und schlechten Arbeitsbedingungen zugestanden werde. Man unterstelle ihnen, dass sie ebenso belastbar seien wie volljährige und erwachsene Arbeitnehmer, was aber nicht ihrer physischen und psychischen Entwicklung entspreche.

Schutz-Standards seien nach wie vor die Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss einer Berufsausbildung.

Der DGB Hamburg schätzt, dass in Hamburg 15 000 bis 20 000 Auszubildende unter 18 Jahren von diesen Änderungen betroffen wären.

Die DGB-Jugend hat eine Initiative gestartet, um auf die Gefahren durch eine Aufweichung des Jugendarbeitsschutzes hinzuweisen und sucht jetzt „Paten“, die sich gegenüber Politik und Gesellschaft für die besonderen Schutzbelange jugendlicher Auszubildender unter 18 Jahren einsetzen. Internetadresse der DGB Jugend dazu: www.haendeweg.net.ms

Der Beitrag von der CDU-Homepage:::::

Lockerung des Nachtarbeitsverbots für Jugendliche

„Statt eine unsinnige Ausbildungsplatzabgabe einzuführen, die keine neuen Ausbildungsplätze schafft, sollte die Bundesregierung durch Deregulierung und Entbürokratisierung neue Lehrstellen schaffen“, fordert der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Klimke. Einen guten Anfang dafür böte die Lockerung des Nachtarbeitsverbots für in der Gastronomie beschäftigte Jugendliche unter 18 Jahren.“

„Warum darf ein minderjähriger Jugendlicher um 22 Uhr in der Kneipe sitzen und ein Bier nach dem anderen trinken, aber keinesfalls dort bedienen?“, fragt Jürgen Klimke provokant. Er hält eine Verlängerung der Nachtarbeitserlaubnis Jugendlicher von 22 auf 23 Uhr, (bzw. von 20 auf 21 Uhr, wenn am nächsten Tag vor 9 Uhr Berufsschule ansteht), längst für geboten
und die heutige Lösung für realitätsfremd: „Hier ist die Bundesregierung gefordert“, so der Hamburger Politiker weiter. Für die Jugendlichen mache es kaum einen Unterschied, ob sie bis 22 oder 23 Uhr arbeiten dürfen – für die Gastronomie aber sehr wohl, denn gerade im Sommer sind die Gaststätten zu dieser Zeit oft noch brechend voll.

„Es geht nicht um eine Verlängerung der Arbeitszeit, sondern um die Lage der zulässigen Beschäftigungszeiten von Jugendlichen“, stellt man beim Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Hamburg fest: „Durch die bestehende Regelung im Jugendarbeitsschutzgesetz sind jugendliche Schulabgänger von Real- und Hauptschulen benachteiligt.“

„Mir ist es unverständlich“, so Jürgen Klimke resümierend, „dass die Bundesregierung lieber mit einer Ausbildungsabgabe neue Bürokratie und Behördenwillkür schaffen will, anstatt die Ausbildungsbetriebe zu fragen warum sie eigentlich nicht ausbilden. Ich bin sicher, durch Abbau von unsinnigen Regelungen könnten in Zusammenarbeit mit den Ausbildern weit mehr
Ausbildungsplätze geschaffen werden, als durch eine realitätsferne Zwangsabgabe“, schließt der CDU-Politiker.

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