Vergisst Hamburg „Vergessene Tote“?

KRIEGSGRAEBER.jpegWenn sich sonst niemand kümmert, sorgt die Stadt für die Beisetzung Verstorbener – so weit, so gut. Aber jetzt brachten Kleine Anfragen der GAL-Abgeordneten Gregersen ans Licht: Die Stadt weiß oft überhaupt nichts über die Menschen, die da auf dem Öjendorfer Friedhof bestattet werden.

Wenn nach dem Ableben eines Menschen keine Angehörigen ausfindig gemacht werden oder niemand, der dazu berechtigt ist, eine Bestattung beantragt oder veranlasst, sorgt die Stadt für die Beisetzung dieser sogenannten vergessenen Toten. Der Leichnam wird verbrannt und in einem schmucklosen Reihengrab in den frühen Morgenstunden auf einem Grabfeld in Öjendorf bestattet. 680 Personen sind in den letzten zwei Jahren so beigesetzt worden

Die sozialpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Martina Gregersen, hat hierzu zwei Kleine Anfrage gestellt, deren Beantwortung jedoch Fragen offen lassen. So kann der Senat weder sagen, wo die Menschen verstarben noch welches Alter, welches Geschlecht oder welche Religionszugehörigkeit die Beigesetzten hatten. Er verschweigt auch, welche unterschiedlichen Bestattungsrituale praktiziert werden.

Gregersen fordert nun, dass der Senat in jedem Fall ermittelt, welcher Religionsgemeinschaft der oder die Verstorbene angehört hat, damit der Leichnam der Religion entsprechend bestattet werden kann.

Im Jahr 2006 wurde in 2.083 Fällen die Kosten für Trauerfeier und Bestattung durch die Stadt Hamburg übernommen, weil die Angehörigen oder Lebenspartner mittellos waren. Das Recht auf Kostenbewilligung ist jedoch aus Gregersens Sicht mit der Einschränkung auf nahe Verwandte zu eng gefasst.

So können Betreuer oder Heime, Freunde oder Nachbarn, entfernte Verwandte oder Organisationen wie Hinz und Kunzt kein Begräbnis beantragen.

„Wenn sich gute Freundinnen oder Freunde, die weiter entfernte Verwandte, die Nachbarin oder das Heim, in dem die verstorbene Person lebte, keine Bestattung leisten können, kommt es trotz Angehöriger zur Zwangsbeisetzung ins anonyme Reihengrab. Das muss geändert werden“, fordert Gregersen und kündigt einen entsprechende Bürgerschaftsantrag an. „Wir können nur dankbar sein, dass zwei Pastoren seit vielen Jahren ehrenamtlich den Verstorbenen die letzte Ehre erweisen“, sagt Gregersen.

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