Stadtbahn: Senat will Bürger fragen

Der Hamburger Senat will es bei der geplanten Stadtbahn nicht auf eine mögliche Volksabstimmung ankommen lassen, sondern die Bürgerinnen und Bürger lieber gleich befragen. Es seien neue Instrumente nötig, um Zustimmung für solche Großprojekte zu erreichen, sagte Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) heute in Hamburg. „Bürgerforum“ heißt das vermeintliche Zauberwort.

Angesichts anderer umstrittener Großprojekte sagte Hajduk: „Es ist notwendig, dass wir eine breite Akzeptanz finden.“ Sie Senatorin verspreche sich „Lernfortschritte auf allen Seiten“ von der Beteiligung.

Auch Hochbahn-Chef Günter Elste fand die Beteiligung „zukunftsweisend“ und sagte im Rückblick auf Verkehrsbauten der Vergangenheit: „Wir haben die Bürger noch nie so früh beteiligt.“

Die Parteien sind sich – wen wundert’s – uneinig in der Beurteilung der Ankündigungen. Hier die Stellungnahmen:

Um 13.59 Uhr die LINKE:
Stadtbahn: LINKE fordert echte Bürgerbeteiligung

Die heutige Präsentation zum Planungsstand der Stadtbahn hat wenig Neues ergeben. Die Fraktion DIE LINKE hält die Stadtbahn weiterhin grundsätzlich für eine sinnvolle Investition, die allerdings nur mit Finanzmitteln vom Bund umsetzbar ist. Die Fraktion kündigte eine Überprüfung der Senatsangaben zu Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit an und begrüßte die angekündigte Bürgerbeteiligung. Diese müsse jedoch, anders als in der Vergangenheit, ernsthaft betrieben werden, außerdem dürfen andere ÖPNV-Projekte nicht vernachlässigt werden.

Dr. Joachim Bischoff, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft, erklärt: „Durch ständige Wiederholungen bei jedem kleineren Fortschritt wird der Senat die Akzeptanz für die Stadtbahn nicht steigern können. Die Stadtbahn ist in meinen Augen eine notwendige Investition, um den Ausbau des ÖPNV voranzubringen. Die Akzeptanz für den ÖPNV wird aber auch durch ein überzeugendes und preiswertes Angebot erhöht – leider ist der schwarz-grüne Senat auf diesem Ohr taub.

Ob die Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit wie vom Senat vorgerechnet gegeben ist, werden wir nach Vorlage der Drucksache genau prüfen. Sollte die Einwerbung der Finanzmittel vom Bund nicht gelingen ist DIE LINKE gegen die Realisierung. Angesichts der angespannten finanziellen Lage wird Hamburg dies nicht alleine stemmen können“, erklärt Joachim Bischoff.

Die Mittel vom Bund, damit der Hamburger Anteil nicht mehr als 394 Millionen Euro der Gesamtkosten von über eine Milliarde für den Ausbau des Streckennetzes vom Planbereich 1 bis 4 beträgt, sind für die Umsetzbarkeit maßgeblich. Nicht vergessen sollte die BSU, dass es neben der Stadtbahn auch der Ausbau der S- Bahn nach Ahrensburg drängt. Die Bürgerschaft hat mehrfach beschlossen, dass es keine Vernachlässigung der anderen Ausbau- und Ergänzungsprojekte des ÖPNV geben darf.

„Die angekündigte breite Bürgerbeteiligung ist positiv, denn die Bürger müssen mit ihren Sorgen und Einwänden ernst genommen werden. Allerdings hat sich schon in anderen Projekten gezeigt, wie beispielsweise in Wilhelmsburg, dass das Ergebnis bereits feststand und die Zeitvorgaben keinen Raum für wirkliche Beteiligung ließen. Die Stadtbahn hat nicht nur Anhänger und Freunde. Gerade im Bereich der konkreten Trassenführung gibt es aus den Bezirken reichlich Diskussions- und Änderungsbedarf. Wenn die BürgerInnen den Eindruck haben, sie sollen nur die Suppe auslöffeln, die andere gekocht haben, wird das Projekt scheitern“, so Bischoff abschließend.

Ihr folgt um 14.20 Uhr die SPD:
Eine Rechnung mit Fragezeichen

SPD reagiert zurückhaltend auf Informationen zum Bau der Stadtbahn – Koeppen: Auch Wünschenswertes muss finanzierbar sein

Zurückhaltend hat SPD-Verkehrsexpertin Martina Koeppen auf die heute vorgestellten Details zur Planung der Stadtbahn reagiert. Es sei gut, dass Stadtentwicklungssenatorin Hajduk (GAL) auf Kritiker des Projekts zugehen wolle. Insbesondere bei der Finanzierung des Projekts bleibe die SPD aber skeptisch, sagte Koeppen. Die SPD werde sich die Senatsdrucksache sehr genau ansehen.

So sei das positive Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnung – anders als suggeriert – in keiner Weise eine Garantie dafür, dass der Bund den Bau der Stadtbahn finanziell unterstützt. „Vor diesem Hintergrund muss hinter die derzeitige Kostenberechung für die Stadtbahn zumindest ein großes Fragezeichen gesetzt werden“, sagte Koeppen. Sie verwies ferner darauf, dass bei der vorgelegten Kostenberechnung der Anteil Hamburgs deutlich oberhalb der bisher genannten 57 Millionen Euro liege.

Koeppen wiederholte, die SPD halte die Stadtbahn für ein wünschenswertes Projekt, das aber auch finanzierbar sein müsse – insbesondere zu Zeiten, in denen mit Hinweis auf den Sparzwang der öffentlichen Haushalte Einschnitte und Kürzungen zu Ungunsten der Menschen in Hamburg erfolgten. „Die Erfahrungen, die Hamburg mit den großen Verkehrs- und Infrastrukturprojekten des Senats gemacht hat, begründen die Zurückhaltung der SPD“, sagte Koeppen. Sie verwies etwa auf die Baukostenentwicklung bei der U4 in die HafenCity und die Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie.

Und um 14.37 Uhr die GAL:
Gregersen: „Bevölkerung weiter über Vorteile informieren“

Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) hat heute über den Planungsstand der Stadtbahn informiert. Der Senat will dazu eine Mitteilung an die Bürgerschaft beschließen. In einem „Bürgerforum Stadtbahn“ sollen die Planungen öffentlich diskutiert werden. Die GAL-Bürgerschafsfraktion begrüßt dies.

Der erste Trassenabschnitt der Stadtbahn – von Bramfeld über Steilshoop und der City-Nord nach Eppendorf – liegt nun in seiner ersten Planung aus. Für den zweiten Abschnitt soll jetzt die Genehmigungsplanung beginnen, beim dritten und vierten die vertiefende Netzuntersuchung zur Festlegung des Streckenverlaufs. Die Pläne sind in den Bezirksämtern Nord und Wandsbek sowie im Internet einsehbar. Zudem sollen die Planungen in einem „Bürgerforum Stadtbahn“ mit den Hamburgerinnen und Hamburgern diskutiert werden.

Martina Gregersen, verkehrspolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion, sagt dazu: „Neben den Planungen zum ersten Streckenabschnitt liegt nun auch die Kosten-Nutzen-Analyse vor und ist beeindruckend gut. Ich bin davon überzeugt, dass Hamburg die Bundeszuschüsse für die Trasse erhalten wird. Ich begrüße den Vorschlag der BSU, die Bevölkerung mit einem Bürgerforum stärker einzubeziehen. Mir ist besonders wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger informiert werden, wie umweltfreundlich und leistungsstark, schnell und bequem, aber vor allem wie wirtschaftlich sinnvoll die Stadtbahn ist. Während ein XXL-Bus durch die Stadt schaukelt und dabei 75 Liter Diesel pro 100 Kilometer verbraucht, befördert eine Stadtbahn in schneller aber dennoch ruhiger Fahrweise fast doppelt so viele Fahrgäste. Das spart Zeit und auf Dauer auch Geld ein.“

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