Senat widerspricht sich in Kriminalitätsdiskussion

„Der CDU-Senat gesteht öffentlich ein weiteres Mal sein Scheitern bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität ein“ – das ist aus Sicht der SPD-Bürgerschaftsfraktion ein erstes Ergebnis der laufenden Diskussion über den Umgang mit jungen Straftätern.

„Sechs Jahre lang hat der Senat den Entwicklungen bei der Jugendkriminalität zugesehen. Kurz vor der Wahl will er plötzlich alles anders machen. Glaubwürdige Politik sieht anders aus“, kritisierte SPD-Innenexperte Andreas Dressel am Donnerstag.

Der Senat habe sich in Rekordzeit von seinem erst sechs Wochen alten „Neun-Säulen-Konzept“ zur Bekämpfung der Jugendgewalt verabschiedet. Aus Sicht des SPD-Jugendpolitikers Thomas Böwer sind die aktuellen Äußerungen von Innensenator Nagel „amtlicher Beweis dafür, dass die Innenbehörde die Versuche der Sozialbehörde im Jugendheim Feuerbergstraße für gescheitert hält. Wenn Senatorin Schnieber-Jastram weiter von ihren Erfolgsmodellen Familieninterventionsteam und Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße schwadroniert, ist das das berühmte Pfeifen im Walde.“

Während der Innensenator Forderungen zur Betreuung junger Straftäter formuliere, schweige die zuständige Jugendsenatorin, merkte Böwer an. Während Innensenator Nagel für eine auswärtige Unterbringung plädiere, bestehe Senatorin Schnieber-Jastram darauf, Hamburg müsse seine Probleme innerhalb Hamburgs lösen.

„Tatsächlich bringt ihr eigenes Familieninterventionsteam junge Intensivtäter zunehmend in auswärtigen Einrichtungen unter: Allein im Jahr 2006 veranlasste das FIT in 111 Fällen mehrfach oder schwerwiegend straffälliger Minderjähriger eine stationäre Unterbringung außerhalb Hamburgs“, sagte Böwer. Insgesamt habe Hamburg mehr als 1200 Minderjährige in Einrichtungen anderer Bundesländer untergebracht.

Dressel äußerte Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Senatspolitik: „Wer kurz vor der Wahl erklärt, er wolle in Zukunft alles anders machen, macht sich verdächtig.“ Der SPD-Innenexperte verwies in diesem Zusammenhang auf die Aussage von Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU), beim Thema Jugendgewalt sei die Zeit des Wegsehens für die Beschäftigten ihrer Behörde jetzt vorbei. „Dieser Satz sagt alles“, sagte Dressel.

Die CDU habe bei der Diskussion über das Jugend- und Erwachsenenstrafrecht zwar Gesetzesänderungen gefordert, selbst aber nichts unternommen, um in der Praxis etwas zu ändern. Das gelte insbesondere für die Fälle, in denen Heranwachsende nach Jugendstrafrecht verurteilt worden seien, aber eher Erwachsenenstrafrecht angebracht gewesen wäre.

So gebe es etwa keine Ansage des Justizsenators an die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft, Urteile konsequent anzufechten und in die Berufung zu gehen – falls sie im Einzelfall der Ansicht sind, dass Heranwachsende fälschlich nach Jugendrecht behandelt wurden. Dressel: „Man sollte Gesetze zuerst richtig anwenden, ehe man sie ändert. Das sollte ein Justizsenator wissen.“ Während die CDU hilflos nach immer härteren Strafen schreie, verpasse sie das Thema „schnellere Sanktion“. Dressel: „Der Anteil vereinfachter und beschleunigter Jugendverfahren war unter diesem Senat rückläufig. Entscheidend ist doch, dass die Strafe der Tat auf dem Fuße folgt. Wenn Intensivtäter erst Monate später vor dem Richter sitzen, verpufft jede Sanktion.“

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