Schwarzgrün: Für Frauen bisher ein Flop

Schwarzgrün war für Frauen bisher ein Flop, meint die SPD und stellt fest: Statt Gleichstellungspolitik zu machen, hat sich dieser Senat bisher vor allem mit Kompetenzstreitigkeiten beschäftigt.

Die SPD-Fachsprecherin für Gleichstellungspolitik, Gabi Dobusch, hat eine bescheidene Bilanz zweier Jahre schwarzgrüner Gleichstellungspolitik gezogen. „In den vergangenen beiden Jahren war die Koalition hauptsächlich damit beschäftigt, Kompetenzen abzugrenzen und Zuständigkeiten zwischen Sozial- und Justizbehörde zu klären. Von den ehrgeizigen Ankündigungen des Koalitionsvertrages und den Absichtserklärungen der Regierungsfraktionen ist das allermeiste bisher nicht umgesetzt“, bedauerte Dobusch.

In wichtigen Fragen der Gleichstellung, wie etwa dem Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ und den dabei notwendigen Schritten zur Beseitigung des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern sei die Koalition uneins und nicht handlungsfähig, so Dobusch weiter. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die Ablehnung eines SPD-Antrags zu diesem Thema oder die unklare Haltung des Senats zur Frage der Frauen in Führungspositionen der Privatwirtschaft.

Nach der Abschaffung des Senatsamtes für die Gleichstellung im Dezember 2003 sei die aktive Gleichstellungspolitik in Hamburg in der Förderung der Familienfreundlichkeit untergegangen, beklagte die SPD-Abgeordnete. „Die dadurch entstandenen Defizite bei der Frauenförderung, dem Abbau der Lohndiskriminierung von Frauen und der Bekämpfung von Frauenarmut konnten unter Schwarzgrün bisher nicht aufgeholt werden.

Auch die Anstrengungen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gehen nur schleppend voran, obwohl die Zahl der Drohungen – in 152 Fällen handelte es sich dabei um Todesdrohungen – und körperlichen, psychischen oder sexuellen Gewalttaten weiterhin erschreckend hoch ist. Erst mit monatelanger Verzögerung fand eine Expertinnenanhörung zum SPD-Antrag „Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen“ statt. Die vom Senat angekündigte Aktualisierung des Landesaktionsplanes Opferschutzes zum 4. März steht noch aus.

Defizite in der Arbeitsmarktpolitik, für die auch zwei Jahre nach Regierungsantritt noch nicht der versprochene Bericht vorliegt, führen weiter dazu, dass ausgebildete Frauen dem Hamburger Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Sie werden in ihren Karrieren nicht gefördert und in Teilzeit- und Minijobs abgedrängt“, sagte Dobusch. Dass die Männerdominanz in den Führungspositionen der Wirtschaft nicht zwangsläufig zu guten Ergebnissen führt, mache in Hamburg das Beispiel der HSH-Nordbank deutlich: „Im Vorstand sitzt keine Frau. Im Aufsichtsrat sitzt keine Frau auf Aktionärsseite. Wäre die Arbeitnehmerseite nicht, gäbe es auch dort keine Frau“, sagte Dobusch.

Ob die Arbeitsstelle Vielfalt in der Justizbehörde die Defizite der Vergangenheit aufarbeiten kann, werde sich zeigen. „Geld“, so fürchtet Dobusch, „wird ihre Arbeit aber wohl nicht kosten dürfen.“

Die Bilanz in Stichworten:

Ankündigungs-Senat:

– Wie Hamburg deutschlandweit eine Führungsposition bei den Existenzgründungen durch Frauen erlangen soll (Absicht im Koalitionsvertrag), bleibt unklar.

– Mehr Männer in Bildungsberufen? (GAL/CDU Antrag 19/1356 am 5.11.2008 beschlossen ) Was draus geworden ist: Bisher nichts bekannt. Ersuchen unbeantwortet.

– Ausbau der Jungsarbeit (19/2762 v. 8.4.2009): Bisher kein Bericht

– Interkulturelles Frauenwirtschaftszentrum (GAL/CDU Antrag 19/2098 v. 28.1.2009): noch nicht eröffnet (soll im März 2010 kommen). Außerdem nur mit europäischen Mitteln finanziert, deshalb befristet.

– Im Koalitionsvertrag angekündigt war ein massiver Ausbau der Frauenförderung an der Uni, damit es zu mehr Professorinnen kommt. (Auch hierzu haben wir seither nichts gehört) 2007 Frauenanteil Hochschulprofessuren Hamburg: 19,6%)

Lippenbekenntnisse:

– Gender Budgeting: Nichts vorgelegt, nicht einmal für die Justizbehörde selbst, trotz Ankündigung durch Senator Steffen.

– Gender Mainstreaming: Nicht ernsthaft verfolgt. Im Vergleich mit Berlin und Bremen quasi: Nicht vorhanden.

Frauenförderung:

– In der Privatwirtschaft: Ablehnung der Berücksichtigung von von Equal-pay im Hamburger Vergabegesetz (SPD-Antrag 19/4520 v. 4.11.2009)

– Miese Frauenquote bei Führungspositionen in der Verwaltung der FHH (Nov. 2008: Nur 11,4% der Amtsleitungen mit Frauen besetzt. (Quelle Drs. 19/2577 SPD-GA: Genderindikatoren) Siehe hierzu auch 40% Ziel im KoaV.

– Quotenantrag (SPD Drs. 19/ 3551 v. 13.07.2009) zur Besetzung von Gremien durch die FHH und zur Einführung einer Bundesratsinitiative zur 40% Quote in Aufsichtsräten liegt seit Anfang September 2009 auf Eis.

Gewalt gegen Frauen:

– Fahne: „Frei Leben ohne Gewalt“ nicht am Rathaus (aber an der Justiz Behörde) (19/4504) Bericht über Ausstellungsbemühen in der Rathaus-Diele steht noch aus.

– SPD Antrag zum Landesaktionsplan (19/3282 v. 10.06.2009!!) liegt und liegt und dies obwohl es 2008 und 2009 zu Morden an Frauen gekommen ist, die im Kontakt zu den Sicherheitsbehörden standen. (Am 4.3.2010 fand jetzt die Sachverständigen-Anhörung statt)

– Frauenhäuser an der Kapazitätsgrenze (SPD-Antrag 19/4646 v. 19.11.2009 – wird noch im Sozialausschuss beraten werden)

Auszüge Koalitionsvertrag:

Geschlechtergerechtigkeit

„Die Koalitionspartner sind sich einig, dass sich eine von beiden angestrebte gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen an der Ausgestaltung der Gesellschaft auch in einem ausgewogenen Verhältnis der Geschlechter bei der Wahrnehmung von Aufgaben in Gremien und Leitungsfunktionen widerspiegeln muss, das internationalen Standards entspricht. Dieses ist unerlässlich für die Anwerbung von kreativen Talenten bei der Weiterentwicklung Hamburgs. Das letztendliche Ziel ist eine Beteiligung von mindestens 40% beider Geschlechter.

Unterschiedliche Ausgangsbasis und Gegebenheiten der einzelnen öffentlichen Bereiche berücksichtigend sollen Entwicklungspläne erstellt werden, um das Ziel jeweils im Rahmen eines Prozesses im Abgleich mit vergleichbaren Einrichtungen und Strukturen in angemessenem Zeitraum zu erreichen.

Die Koalitionspartner sind sich einig, dass Hamburg bei Existenzgründungen von Frauen an der Spitze der Republik liegen soll. Existierende Vorschläge zur Gründung eines Interkulturellen Frauenexistenzgründungszentrums bzw. zum Aufbau eines Kompetenznetzes für Frauen werden in die Planung einbezogen.

Hochschule / Geschlechtergerechtigkeit

„Mit den Hochschulen soll die Schaffung eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses beim gesamten wissenschaftlichen Personal vereinbart werden. Im Rahmen von Ziel- und Leistungsvereinbarungen werden verbindliche Zielzahlen festgelegt. Grundlage für die Setzung der Zielzahlen bildet das so genannte Kaskadenmodell: die für den nächsten Zeitraum für eine bestimmte Ebene zu erzielende Zahl soll sich an dem Geschlechterverhältnis der jeweils vorhergehenden Ebene im vorhergehenden Zeitraum orientieren. Es soll ein Hochschul-übergreifendes Programm eingeführt werden, das die Verantwortung der Stadt und der Hochschule für die Nachwuchs- und Frauenförderung aufzeigt. Es orientiert sich an dem Programm „Pro exzellenzia“. Es wird ein Berichtswesen über die Entwicklung der Gleichstellung in Forschung und Lehre, insbesondere zu den Auswirkungen durch BA- und MA-Studiengänge, entwickelt und eingeführt. Die Hochschulen sollen Mittel für Innovationen in Lehre und Forschung zu Gender Studies und Gender Mainstreaming ausweisen.

Die Kinderbetreuung und kinder- und familienfreundliche Infrastruktur an der Universität sollen verbessert werden.“

Arbeitsmarkt

„Durch eine Analyse der eingesetzten Förderprogramme für Existenzgründungen bis 2009 sollen Wege für eine Verbesserung aufgezeigt werden, ebenso sollen bestehende Hürden abgebaut werden. Besonderen Fokus soll die Analyse auf die Situation bei Migrantinnen und Migranten, Frauen und Langzeitarbeitslosen legen.“

Integration

„Es herrscht Einvernehmen über die Notwendigkeit von Interkulturellen Gewalt- Beratungsstellen. Der Bedarf wird geprüft und das Angebot ggf. angepasst. Darüber hinaus soll ein Wohnprojekt für Frauen, die von Zwangsheirat bedroht sind, eingerichtet werden.“

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