Schulen am Pranger – oder einfach nur transparent?

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion spricht sich dafür aus, künftig die Ergebnisse der Schulinspektion („Schul-TÜV“) im Internet zu veröffentlichen. Die Lehrergewerkschaft findet das gar nicht gut.

Als „Umfaller, denen Chancengleichheit bei der Schulbildung vollkommen egal ist“ kritisiert der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW Hamburg, Klaus Bullan, die Hamburger SPD, weil sie sich dafür ausspricht, künftig die Ergebnisse der Schulinspektion („Schul-TÜV“) im Internet zu veröffentlichen.

Bullan: „Als Hamburg die Schulinspektion einführte, war vielen schon klar, dass der Senat damit den ersten Schritt hin zum öffentlichen Ranking macht. Wir und viele andere haben stets vor den Gefahren gewarnt. Die SPD-Fraktion macht mit ihrem Umfallen den Weg frei für den öffentlichen Pranger, an dem all‘ die Schulen stehen werden, die vergleichsweise schlecht abschneiden. Ein Blick nach Großbritannien zeigt, welche katastrophalen Folgen eine solche Praxis des „blaming and shaming“ für die Zukunft vieler Schulen, LehrerInnen und SchülerInnen hat.

Diese Entwicklung droht nun auch in Hamburg. Die Praxis der Schulinspektionen ist schon lange in der Kritik, weil sie für viele Schulen mit großem Arbeitsaufwand und mit hohen Kosten verbunden ist, ohne zu nachweisbaren Verbesserungen an den Schulen geführt zu haben. Nun soll dieses schlechte Instrument auch noch benutzt werden, um Schulen in Ranglisten zu sortieren?!

Es ist absehbar, dass vor allem die bildungsnahen Schichten das Ranking für ihre Schulwahl nutzen und damit die soziale Spaltung unserer Schullandschaft weiter ausprägen werden. Diese Entwicklung zeigt, dass weder Bürgermeister noch Schulsenator der Chancengleichheit bei der Schulbildung Priorität einräumen. Stattdessen fördern sie die Teilung der Schullandschaft, belasten die Stadtteilschulen mit den Folgen einer schlecht finanzierten Inklusion und lassen zu viel Geld in den aufgeblähten Apparat der Schulinspektion verschwinden, anstatt die dringend notwendigen Mittel zum Beispiel in die direkte Förderung von SchülerInnen fließen zu lassen.“

DGB-Chef Uwe Grund begrüßte unterdessen die Demonstrationen junger Menschen gegen die Bildungspolitik von Bund und Ländern: „Wir können diese Proteste nur unterstützen. Auch in Hamburg fehlen noch Krippenplätze, gibt es noch deutlich zu viele junge Menschen, die ohne Abschluss die Schule verlassen oder keine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Vor drei Jahren wurden auf dem Bildungsgipfel in Dresden hehre Ziele formuliert. Doch wenn man schaut was seitdem passiert ist, scheint es den Verantwortlichen nicht Ernst damit zu sein. Der Senat muss zeigen, wie viel ihm die Bildung der jüngeren Generation wert ist und von den zusätzlich zur Verfügung stehenden Steuereinnahmen Mittel frei machen. Junge Menschen haben ein Recht auf eine gute Zukunft.“

Hintergrund: In einer Studie von Professor Klaus Klemm von der Universität Duisburg-Essen im Auftrag des DGB wurden die sechs wichtigsten Ziele des Bildungsgipfels von 2008 mit dem Ist-Zustand verglichen. Das Fazit des Wissenschaftlers: „Bei fünf von sechs wesentlichen Zielen des Bildungsgipfels läuft die Umsetzung schleppend oder mit kaum wahrnehmbaren Fortschritten (…) Soziale Herkunft bestimmt weiterhin den Bildungserfolg, unser Bildungssystem ist sowohl in der Breite und in der Spitze auch im internationalen Vergleich nicht ausreichend leistungsfähig.“

Laut der Studie gibt es in Hamburg bis 2013 noch einen Ausbaubedarf von 3.402 Kindertagesbetreuungsplätzen für unter Dreijährige. Zudem fehlt es an dem notwendigen Personal. Ein weiteres Ziel des Bildungsgipfels: Die Zahl der SchulabgängerInnen ohne Abschluss sollte bundesweit von acht auf vier Prozent abgesenkt werden. In Hamburg waren es nach dem Schuljahr 2009/2010 nach Berechnungen der Studie aber noch 8,2 Prozent.

Ohne Berufsabschluss waren nach der Expertise in Hamburg im Jahre 2010 noch 19,4 Prozent. Bundesweit wird laut den Zielen des Bildungsgipfels eine Quote von 8,5 Prozent angestrebt. Uwe Grund: „Wenn das Ziel der Bildungsrepublik Deutschland schon zum Scheitern verurteilt zu sein scheint, sollten wir wenigstens von einer Bildungsstadt Hamburg sprechen können. Dazu brauchen wir aber Investitionen.“

Die Expertise „Drei Jahre nach dem Bildungsgipfel – eine Bilanz“ gibt es auf der Homepage des DGB Bundesvorstands unter http://www.dgb.de/-/dYw

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