Schlechte Noten für Hamburger Chefs

Hamburger Beschäftigte beurteilen die Arbeit ihrer Chefs als durchschnittlich, besonders schlechte Werte erzielen die Führungskräfte in der Hansestadt in punkto Führungsqualitäten, teilt der DGB Hamburg mit und bezieht sich dabei auf die Ergebnisse des Kelly Workforce Index 2006.*

Doch gerade auf die Führungsstärke komme es an, wenn es etwa darum gehe, ein gutes Arbeitsklima herzustellen, Mobbing vorzubeugen oder zu unterbinden, sagt Hamburgs DGB-Vorsitzender Erhard Pumm.

Auf einer Skala von 1 bis 10 gaben Hamburger Beschäftigte ihren Chefs für die Gesamt-Qualifikation 6,2 Punkte, befragt nach den Führungsqualitäten waren es sogar nur 5,7 (Kommunikationsfähigkeit: 6,1, Fähigkeit, zu delegieren: 6,3 Punkte, Teamgeist: 6,0 Punkte), Die Ergebnisse für Hamburger Chefs liegen damit im deutschen Mittel, im internationalen Vergleich jedoch auf dem viertletzten Platz.

Führungsqualität und Mobbing stehen in engem Zusammenhang: Untersuchungen der Gesellschaft gegen psychosozialen Stress und Mobbing (GpsM) e.V. unter Heinz Leymann zeigen, dass Mobbing vor allem dort auftritt, wo Zeitdruck herrscht, Stellen unbesetzt sind, starre Hierarchien und unsinnige Anweisungen den Arbeitsalltag bestimmen, viel Verantwortung ohne Handlungsspielraum getragen werden muss, wo Betroffene eine besondere soziale Stellung haben oder wo das Führungsverhalten der Vorgesetzten zu wünschen übrig lässt.

Erhard Pumm: „Manchmal mangelt es den Chefs an der nötigen Sensibilität: Wenn Mobbing zwischen Kollegen entsteht, haben sie nicht nur die Weisungsbefugnis, sondern auch eine Fürsorgepflicht für alle ihre Mitarbeiter. Je früher der Vorgesetzte eingreift, umso besser sind seine Chancen, den Mobbing-Prozess schon im Ansatz zu stoppen. Und das kann man gegebenenfalls in Schulungen lernen.“

Doch vor dem Hintergrund, dass Mobbing in 37% der Fälle ausschließlich von Vorgesetzten ausgeht und in 10% der Fälle von Kollegen und Vorgesetzten, müsse man konstatieren, dass „Mobbing von oben“ nicht selten gewollte Firmenpolitik sei, so Hamburgs DGB-Vorsitzender. „Oft wird Zwietracht unter den Mitarbeitern gesät und alle, die eine eigene Meinung haben, werden geduckt“, so Erhard Pumm. „Gerade wenn Entlassungen anstehen, dulden viele Unternehmen Mobbing unter den Mitarbeitern oder fördern es sogar. Mobbing ist aus der Sicht solcher Firmen billiger als ein Sozialplan.“

Nach Angaben des Mobbing-Reports der Sozialforschungsstelle Dortmund leiden 2,7 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland unter Mobbing, in Hamburg kann man von rund 21 000 Arbeitnehmer/innen ausgehen. Doch noch immer tun sich Gerichte und ärztliche Gutachter schwer, das Kind beim Namen zu nennen**: Angeblich lassen sich Mobbing und seine Folgen kaum beweisen.

„Wenn weder Kollegen noch der Chef eingreifen, sobald sie Mobbing bemerken, können sich die Betroffenen auch an die Betriebs- und Personalräte wenden“, so Erhard Pumm. „Sie werden versuchen, in einem sachlichen Gespräch zu vermitteln. Am Ende kann dann eine einvernehmliche Regelung stehen, wie mit dem Konflikt weiter umgegangen wird. Auch die Gewerkschaften bieten ihren Mitgliedern Hilfe.“

Claudia Falk
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* Umfrage des Personaldienstleisters Kelly Services unter 70 000 Angestellten in 28 Ländern. Für Deutschland liegen aufgeschlüsselt nach Bundesländern Einzelergebnisse vor – in HH wurden knapp 560 Personen befragt.

**Die wiederkehrenden Missachtungen der menschlichen Würde am Arbeitsplatz sind das Kriterium für Mobbing, wie es das Bundesarbeitsgericht im Beschluss vom 15. Januar 1997 festgelegt hat: «Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte.»

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