Paritätischer: „Familienpolitische Mogelpackung“

Der Paritätische Wohlfahrtsverband begrüßt zwar den Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten, warnt aber davor, sie durch Umschichtungen innerhalb der Maßnahmen für Familien zu finanzieren. Dies sei eine „Mogelpackung“, so der Wohlfahrtsverband.

Der Paritätische Hamburg begrüßt ausdrücklich den auf dem gestrigen „Krippengipfel“ beschlossenen Ausbau der Kinderbetreuung. Dies sei ein wichtiger Schritt, um eine verlässliche Betreuungssituation auch für unter Dreijährige zu schaffen.

„Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir jedoch deutlich stärker in die Zukunft unserer Kinder investieren”, betont Martin Peters, Referent für Kindertagesbetreuung beim Paritätischen Hamburg. Dies gilt insbesondere für den Ausbau infrastruktureller Bildungs- und Betreuungsangebote für Familien als auch für die notwendige und überfällige Anhebung des Kindergeldes.

Der Verband sieht allerdings keinerlei Spielraum für Umschichtungen innerhalb der familienfördernden Leistungen zur Finanzierung des Krippenausbaus. Er reagiert damit auf die Äußerungen führender Bundespolitiker, dies über eine Umverteilung des familienpolitischen Gesamtbudgets in Höhe von 184 Milliarden Euro erreichen zu wollen. „Das ist eine familienpolitische Mogelpackung“, sagt Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands in Berlin. Der Verband hat heute auf einer Bundespressekonferenz eine Studie vorgestellt, die belegt, dass für die Familienförderung nicht 184 Milliarden Euro jährlich, sondern nur 38,6 Milliarden Euro ausgegeben werden.

Mehr als ein Drittel der 184 Milliarden Euro setze sich aus Leistungen zusammen, die zwar
auch an Familien flössen, die jedoch keinesfalls an das Vorhandensein von Kindern geknüpft
seien, wie etwa die Witwenrente, das Ehegattensplitting und die steuerliche Absetzbarkeit von Haushaltshilfen. Eingerechnet seien ebenso Leistungen, die der Beamtenversorgung oder der Gesundheitspolitik zuzuordnen sind, sowie verfassungsrechtlich geschützte Leistungen der
Existenzsicherung nach dem SGB II, der Kinderfreibetrag im Steuerrecht sowie bestimmte
Beitragsregelungen in der Sozialversicherung.

Ein Ausbau der Krippenbetreuung durch Umschichtung der verbleibenden 38,6 Milliarden
Euro lasse sich nur über eine unzumutbare Belastung genau der Familien finanzieren, die man
mit diesem Angebot unterstützen wolle, betont der Paritätische.

Strikt wendet sich der Paritätische auch gegen Überlegungen, die anstehende Kindergelderhöhung zu streichen oder das Kindergeld gar zu kürzen, um die Mittel für die Krippenfinanzierung zu nutzen. Aufgrund gestiegener Lebenshaltungs- und Wohnkosten müsse es vielmehr um zehn Prozent erhöht werden.

„Das Kindergeld stellt für viele Familien eine wichtige Größe im Familienbudget dar. Es hat
auch unter dem Gesichtspunkt der Armutsvermeidung eine herausragende Bedeutung, die
nicht politisch klein geredet werden kann“, sagte Schneider. „Zehn Prozent mehr oder weniger
Kindergeld bedeuten ganz konkret acht Prozent mehr oder weniger Familienarmut.“ Anders
ausgedrückt heiße das: plus oder minus 120.000 Familien mit 200.000 Erwachsenen und
170.000 Kindern, die das Kindergeld vor Armut schütze.

Zur Situation in Hamburg: „Auch hier ist ein Ausbau der Krippenbetreuung trotz einer 20-
prozentigen Versorgungsquote dringend notwendig“, betont Martin Peters vom Hamburger
Landesverband. Dies gelte sowohl für die Weiterentwicklung eines qualitativ hochwertigen
Angebotes als auch für den freien Zugang von Kindern mit Migrationshintergrund. Gerade
diese Kinder, die häufig mit Sprach- und Bildungsdefiziten aufwachsen, erhalten in Hamburg
aufgrund fehlender Berufstätigkeit beider Elternteile bisher keinen Betreuungsplatz.

Internet: www.paritaet-hamburg.de

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