Lyrik-Doppel: Mirko Bonné und Kurt Aebli

Lyrik-Doppel zur TeaTime

Mirko Bonné liest aus seinem Gedichtband „Die Republik der Silberfische“ (Schöffling)
Kurt Aebli liest aus „Ich bin eine Nummer zu klein für mich“, Gedichte (Urs Engeler Edition)

Sonntag, 23. November, TeaTimeLesung 17.30 Uhr
Literaturhaus, Schwanenwik 38

Mirko Bonnés neuer Gedichtband versammelt Texte aus den letzten sechs Jahren, aus einer Zeit, als nichts blieb, wie es war: Ein Haus, ein Garten, eine ganze Landschaft lösen sich vor den Augen des Lesers ebenso auf wie die Liebe, die sie einmal zusammenhielt. Bonnés Abschiedsgedichte bilanzieren und fragen, was dennoch bleibt. Seine Horizonte sind weit, schrieb die Welt. Für diesen neuen Gedichtband wurde Mirko Bonné kürzlich mit dem Förderpreis zum Ernst-Meister-Preis für Lyrik ausgezeichnet. „Mirko Bonnés Gedichte entwickeln sich aus einem längeren Atem als dem, den sie zum schlichten Verlauten bräuchten … jedes Gedicht eine embryonale Geschichte, fast jedes ein Lebensdokument.“ (Felix Philipp Ingold).

Mittags
Der Farnschatten schmilzt.
Am flimmernden Bahndamm
schottersteinhörig Salamander.
Setz den Fuß von Schwelle
zu Schwelle: Mittags zersägen
die Zimmermänner die Sonne.

Weiß. Ein sandiger Weg geht
im Wind. Setz den Fuß darauf,
du verlierst, wie du gewinnst.
Mit ihrem grünen Kopf spricht
die Heuschrecke Gryphius nach:
Bisher sind wir tot gewesen.

(Zeit Online/Gedicht der Woche)

Mirko Bonné, geb. 1965 in Tegernsee, lebt heute in Hamburg. Neben Übersetzungen der Lyrik von u. a. John Keats, E. E. Cummings, W. B. Yeats und Robert Creeley veröffentlichte er die Romane „Der junge Fordt“, „Ein langsamer Sturz“, „Der eiskalte Himmel“ sowie vier Gedichtbände, darunter zuletzt „Die Republik der Silberfische“. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Wolfgang-Weyrauch-Preis, den Ernst-Willner-Preis, den Förderpreis zum Kunstpreis Berlin, den Prix Relais du Roman d’Evasion, das New-York-Stipendium des Deutschen Literaturfonds.

Kurt Aebli, geb. 1955 in Rüti, lebt in der Nähe von Zürich. Seine Gedichte handeln von fremdvertrauten Dingen, von Spaziergängen durch Vororte oder vom Gehen auf dem Hochseil, von Vornamen von Frauen, von Zugfahrten mit Bartleby, von bizarren Verwandlungen und von Gefühlen, die sich noch keine Sprache haben schaffen können. Er ist ein philosophischer Sprachspieler, der aus unerwarteten Perspektiven die Wirklichkeit anschaut und neu entwirft. „Kurt Aebli ist zu einem der bekanntesten Unbekannten geworden. Acht schmale Bücher hat er bisher publiziert …, in denen er sich als hochkarätiger Sprachverdichter erwiesen hat …“ (NZZ).

Das bisher Gesagte schien uns stumm
zu belauschen
ein Gefühl das sich noch keine Sprache
hat schaffen können liegt
auf dem Fußboden
optimistisch gebremst

bewegt er sich
Richtung Zukunft
wie oft ging ihm durch den Sinn
habe ich mich auf einen Stuhl
nötigen lassen in Räumen
die sich in Nichts
auflösen werden.

Kurt Aebli veröffentlichte u. a. „Der perfekte Passagier“, „Die Flucht aus den Wörtern“, „Die Vitrine“, „Küss mich einmal ordentlich“, „Mein Arkadien“, „Frederik“, „Die Uhr“, „Ameisenjagd“, „Der ins Herz getroffene Punkt“.
Farhad Showghi moderiert
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