Lüdemann: Realitätsferner Populismus

Die GAL-Fraktion gratuliert Justizsenator Lüdemann zur Vorlage der Eckpunkte eines Strafvollzugsgesetzes. Fast alle anderen Bundesländer haben allerdings bereits seit Monaten einen Entwurf für ein Jugendstrafvollzugsgesetz vorgelegt.

Die GAL-Fraktion hatte für Hamburg bereits im Oktober letzten Jahres einen Vorschlag gemacht. „Hamburg hat damit beim Schneckenrennen fast gewonnen“, sagt der rechtspolitische Sprecher der GAL-Fraktion, Dr. Till Steffen.

Die GAL kritisiert vor allem zwei Punkte:

Lüdemann will der Sicherheit der Bevölkerung Vorrang vor der Resozialisierung einräumen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil am 31.5.2006 sich eingehend mit der Frage beschäftigt, ob die Sicherheit der Bevölkerung und die Resozialisierung konkurrierende Ziele sind. Es hat in seiner Entscheidung herausgearbeitet, dass die Sicherheit der Bevölkerung nur durch eine gelungene Resozialisierung gewährleistet werden kann. Steffen: „Es gibt lediglich eine Konkurrenz zwischen kurzfristiger und langfristiger Sicherheit der Bevölkerung. Wenn Lüdemann der Resozialisierung eine nachrangige Stellung zuweist, dann gibt es vielleicht weniger Straftaten während des Vollzugs, er schwächt aber die langfristige Sicherheit der Bevölkerung. Er verringert dadurch seine Probleme als Justizsenator, vergrößert aber die Probleme der Gesellschaft mit Straftätern.“

Als realitätsfern bezeichnet die GAL Lüdemanns Vorstellung vom Chancenvollzug. Danach sollen die Angebote des Vollzugs auf diejenigen Gefangenen konzentriert werden, die aktiv mitwirken. Steffen: „Wenn wir nur Straftäter hätten, die auf Anhieb in der Lage sind, selbst an der Lösung ihrer Probleme mitzuwirken, würden wir keine Gefängnisse bauen. Im Ergebnis führt dieses Konzept dazu, dass diejenigen, die die größten Probleme haben, ohne Hilfe den Vollzug wieder verlassen.“

Auf seiner Pressekonferenz hatte Lüdemann Kritik am Vorschlag der GAL geübt, im Jugendvollzug künftig auf Disziplinarmaßnahmen zu verzichten. Selbst Praktiker aus dem Jugendvollzug bestätigen jedoch, dass Disziplinarmaßnahmen dann überflüssig sind, wenn die Gruppen eine überschaubare Größe haben und ausreichend Personal vorhanden ist, so dass die Bediensteten mit den gleichen Gefangenen zu tun haben. In den Fällen ist die direkte Ansprache effektiver als das bürokratische Mittel der Disziplinarmaßnahmen. Steffen: „Lüdemann überdeckt mit seiner Polemik seine Weigerung, im Jugendvollzug für ausreichend Personal zu sorgen. Die GAL hatte im Rahmen der Haushaltsberatungen Vorschläge für eine Finanzierung zusätzlichen Personals gemacht.“

Disziplinarmaßnahmen (z.B. Einschränkung der Besuchszeiten) bedeuten Einschnitte in die Möglichkeiten, mit der Außenwelt Kontakt zu halten. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung dagegen betont, dass für eine gelingende Resozialisierung junger Straftäter der Ausbau der Kontakte zur Außenwelt unerlässlich ist. Überdies sieht der Entwurf der GAL auch Sicherungsmaßnahmen vor, wenn von einem Strafgefangenen Gefahren für Bedienstete oder andere Gefangene ausgehen.

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