„Kinderlärm“: CDU-Gesetz nur ein Placebo

BABY_SCHREI.jpegIn der Debatte um Nachbarschaftsstreitigkeiten zwischen Anwohnern und Kindertagesstätten in Hamburg haben SPD und GAL vergeblich für ihren Gesetzentwurf geworben, der den Lärm von Kindertagestätten, Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen als „grundsätzlich sozialadäquat und gewollt und damit als zumutbar“ bewertet. Die CDU setzte ihren Entwurf durch – ein Placebo, wie SPD-Justizsprecher Rolf-Dieter Klooß kommentierte.

Die GAL-Bürgerschaftsfraktion kritisiert das heute in der Bürgerschaft von der CDU verabschiedete Kinderlärmgesetz. Vor eineinhalb Jahren hatte die GAL eine gemeinsame Initiative aller drei Fraktionen initiiert, um Kinderlärm gegenüber Gewerbelärm zu privilegieren und Kindergärten und Spielplätzen eine sichere Rechtsgrundlage zu geben.

Christian Maaß, der umweltpolitische Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, kommentiert: „Die CDU setzt auf eine symbolische Gesetzgebung ohne rechtliche Durchschlagskraft. Eine sachgerechte und rechtssichere Lösung ist dabei auf der Strecke geblieben. Mit ihrem kinderlieben Gesäusel verbessert die CDU die juristische Position der Kindergärten um keinen Deut. Man kann nur hoffen, dass die Gerichte auch ohne ein schlagkräftiges Landesgesetz im Zweifel zu Gunsten der Kinder entscheiden. Der Fall des Waldkindergartens Kokopelli wird die erste Nagelprobe des neuen Gesetzes werden.“ Die GAL hatte ihren Gesetzentwurf mehrfach überarbeitet, um den Bedenken von CDU-Fraktion und Senat Rechnung zu tragen.

Nach dem Urteil gegen den Kindergarten „Marienkäfer“ hatte sich der Umweltausschuss der Bürgerschaft eingehend mit der Frage befasst, wie Kinderlärm rechtlich gegenüber anderen Lärmquellen privilegiert werden kann und dazu in einer Anhörung auch den Sachverstand von Experten herangezogen. Die CDU ignoriert jedoch in ihrem Gesetzesentwurf alle Ergebnisse dieses Beratungsverfahrens: Weder geht sie auf die Frage nach der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers ein noch erfüllt sie die Forderung der juristischen Experten nach möglichst konkreten Regelungen zur Lösung von Nachbarschaftskonflikten.

Klooß sagte in der Bürgerschaft, der von seiner Fraktion in die Bürgerschaft eingebrachte Gesetzentwurf gebe den Hamburger Kitas die „dringend nötige Rechtssicherheit“. Gleichzeitig werde den Zivilrichtern ein Maßstab an die Hand gegeben, mit dem sie in möglichen weiteren Verfahren nach Nachbarschaftsstreitigkeiten arbeiten können – „Nicht anhand eines mit festen Grenzwerten ausgestatteten Regelwerks, sondern durch eine Konkretisierung der Rechtsbegriffe „Wesentlichkeit“ und „Erheblichkeit““, unterstrich Klooß.

Kritik übte der SPD-Rechtsexperte an der Bewertung der CDU, Hamburg sei als Bundesland für entsprechende gesetzliche Schritte nicht verantwortlich: „In der Föderalismusreform ist die Gesetzgebungskompetenz in dieser Frage auf die Länder übertragen worden“, betonte Klooß. „Wir können also etwas dagegen tun, dass Kindertagesstätten, Kindergärten und ähnliche Einrichtungen durch Klagen gezwungen werden, ihren Betrieb einzustellen, zu verändern oder einzuschränken. Wir müssen es nur wollen.“

Die von der CDU vorgeschlagene Einführung eines § 29a in das Ausführungsgesetz zum Achten Buch des Sozialgesetzbuches gehe aber zu kurz und werde weder Schutz noch Privilegierung der Kitas erreichen. „Diese CDU-Norm wird ein Placebo sein. Denn eine Wirkung, die vor Gericht den Einrichtungen und den Kindern zugute kommen wird, kann und wird diese Norm nicht entfalten“, sagte Klooß bedauernd.

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