„Ist der Ruf erst ruiniert …“

WAHLphotocase.jpegNach dem gesamten Hamburger Wahlrecht ändert die CDU mit ihrer absoluten Mehrheit jetzt auch die Wahlkreis-Zuschnitte. Und zwar so, wie es für künftige CDU-Mehrheiten am günstigsten erscheint. SPD und GAL sind sauer – und womöglich verstößt die CDU auch erneut gegen geltendes Recht.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat mit scharfer Kritik auf die gestrige Verabschiedung der Harburger Wahlkreisneueinteilungen im Verfassungsausschuss durch die CDU reagiert. „Wie beim Wahlrecht hat die CDU hier aus machttaktischen und parteipolitischen Gründen den Wahlkreiszuschnitt in Harburg nach eigenem Gusto zurechtgebogen. Das ist eine reine Lex Ralf-Dieter Fischer“, sagte der SPD-Wahlrechtsexperte Andreas Dressel in Anspielung auf den CDU-Bezirksfraktionschef, der als der geistige Vater des Neuzuschnitts gilt.

„Wäre man dem ursprünglichen Vorschlag der Innenbehörde gefolgt, wären die Stadtteile Heimfeld und Eißendorf nicht zerschnitten worden. Doch die CDU wollte bei ihren Wahlchancen in den beiden Harburger Wahlkreisen lieber auf Nummer Sicher gehen und hat sich durch die Neuschneidung eine bessere Ausgangsposition verschaffen. Das ist schäbig und unanständig. Nach der Wahlrechtsdemontage im Herbst gilt für die CDU jetzt das Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, regiert’s sich gänzlich ungeniert.“

Auch der verfassungspolitische Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion Farid Müller wirft der CDU nach der öffentlichen Anhörung zum Zuschnitt der Wahlkreise vor, ihre absolute Mehrheit für ihre parteipolitischen Interessen auszunutzen. Dies zeige sich insbesondere am Neuzuschnitt der Wahlkreise in Harburg, wo die zwei Stadtteile Heimfeld und Eißendorf ohne Not durchschnitten werden sollen: „Die CDU setzt ihre Interessen gnadenlos gegen die Bürgerinnen und Bürger durch.“

Das Wahlgesetz bestimmt, dass Stadtteile nur in Ausnahmefällen durchschnitten werden sollen. Ein triftiger Grund für einen Ausnahmefall liegt aber hier nicht vor.

Für den Wahlkreis Mitte hat die Kommission nicht einmal einen Alternativvorschlag aufgenommen, sondern bereits ihre Abwägung als einzig mögliches Ergebnis dargestellt. Die GAL wird daher weder die Empfehlungen der Wahlkreiskommission für Harburg noch für Mitte zustimmen können.

Farid Müller kritisiert darüber hinaus, dass die CDU mit ihrer Wahlkreisfestlegung zum jetzigen Zeitpunkt gegen das geltende Wahlgesetz verstößt: „Offenbar ist die CDU gewillt, mit ihren verfrühten Gesetzesantrag dass Wahlgesetz zu brechen. Schlimmer kann eine absolute Mehrheit nicht missbraucht werden.“

Bisher sind nämlich die Bezirksgrenzen in Bezug auf den neuen Stadtteil Sternschanze noch gar nicht endgültig beschlossen.

Das Gesetz zur räumlichen Gliederung Hamburgs sieht lediglich eine Verordnungsermächtigung des Senats vor. Diese besagt, dass bereits bei Widerspruch eines betroffenen Bezirks eine Gesetzesänderung durch die Bürgerschaft notwendig wird. Da die Bezirksversammlung Eimsbüttel die Änderung der Bezirksgrenze bereits abgelehnt hat, muss jetzt ein Gesetz auf den Weg gebracht werden. Das hat der Senat auch letzte Woche im Sonderausschuss Verwaltung für das Frühjahr 2007 angekündigt.

Sollte die CDU nun aber, wie beabsichtigt, die Wahlkreisgrenzen noch während der Haushaltsberatungen ohne vorherige Bezirksgrenzenänderung in Mitte beschließen wollen, verstößt sie gegen das geltende Wahlgesetz. Denn dieses schreibt vor, dass die Wahlkreise sich an den Bezirksgrenzen orientieren müssen. Aus diesem Grunde hat sich die GAL bei der grundsätzlichen Frage der Übernahme der Empfehlung der Wahlkreiskommission auch enthalten, da weder die Voten aus Altona noch aus Mitte vorliegen und eben auch kein entsprechender Gesetzentwurf des Senats.

Hintergrund zu den Entscheidungen der CDU:

In ihrem ergänzenden Bericht zur Bürgerschaftswahl (Drs. 18/5252) legt die Wahlkreiskommission dar, dass eine Änderung der Wahlkreiseinteilungen in den Bereichen Hamburg – Mitte (Wahlkreise 1 und 2) und Harburg (Wahlkreise 16 und 17) erforderlich ist. Es werden für Harburg zwei Alternativen vorgestellt, nach denen die Änderung vorgenommen werden kann. In ihrer – keineswegs einstimmig ausgesprochenen – Empfehlung spricht sich die Kommission für die erste der beiden Alternativen aus, bei der „die Wahlkreise 16 und 17 entlang der als Trennlinie empfundenen Bundesstraßen B73 und B75 neu abgegrenzt“ werden sollen. Der westliche Teil beider Stadtteile soll dem Wahlkreis 17 angehören. Dressel: „Dieser Vorschlag stellt jedoch eine unnatürliche Zerschneidung der Harburger Stadtteile Heimfeld und Eißendorf dar und widerspricht damit den Vorgaben des § 18 Abs. 2 Wahlgesetz.“ Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 BüWG darf das Gebiet von Stadtteilen nur ausnahmsweise zerschnitten werden. Dies darf gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 BüWG zudem nur unter Wahrung der örtlichen Verhältnisse geschehen. Hinreichende Gründe für eine solche Ausnahmesituation, die eine Zerschneidung der Stadtteile rechtfertigen würde, liegen nicht vor. Insbesondere wird die genannte Straßenführung von den Anwohnern in Heimfeld und Eißendorf in keiner Weise als Trennlinie empfunden.

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