Haushalt: Keiner liebt Freytag

„Ihr Haushaltsplanentwurf ist nicht schwarz, er ist auch nicht schwarz-grün, er ist tief rot, und rot steht hier nicht für eine politische Überzeugung, sondern für ein Minus“, fasste Dr. Peter Tschentscher den Kommentar der SPD zu Hamburgs Finanzen zusammen. Für die LINKE fand Dora Heyenn auch kein gutes Wort für Finanzsenator Freytags Werk. Der sah dabei insgesamt ziemlich unglücklich aus – wahrscheinlich lag ihm das Interview seines Bürgermeisters noch schwer im Magen, hatte es doch Freytags eigene Jubelmeldung über seine angeblich erfolgreiche Finanzpolitik im Abendblatt schier erdrückt. Wir dokumentieren die Reden von Tschentscher und Heyenn.

Rede von Dr. Peter Tschentscher

Herr Senator Freytag, Sie haben sich beim Kernproblem Ihrer Haushaltsführung – dem jährlich steigenden Defizit – wieder einmal zurückgehalten. Bemerkenswert ist, dass sich ein Finanzsenator vor allem die vielen Ausgaben lobt. Aber ich will gar nicht über die vielen einzelnen Punkte reden, vieles ist sicher gut und richtig – der Schwerpunkt in der Bildung -, aber dahinter verbergen sich auch viele falsche Punkte – zum Beispiel die Ausgaben für Primarschulen, die viel Geld kosten und keinen wirklichen Fortschritt bedeuten. Heute bei der Einbringung des DH sollten wir zunächst einmal gemeinsam über den finanzpolitischen Rahmen nachdenken.

Die schlimme Entwicklung der HSH Nordbank und die Finanzmarktkrise treffen uns in einer Haushaltslage, die schon ohne Finanzmarktkrise desolat ist. Daran ändert auch eine Konzernbilanz 2007 nichts, die noch getragen wird von der guten Konjunktur und der Kraft der öffentlichen Unternehmen, die sie in der Vergangenheit gering geschätzt haben, die sie lieber verkauft haben und die sie weiter belasten wollen. Im Übrigen was die Konzernbilanz angeht, haben wir gute Erfahrungen damit gemacht, ihre Aussagen genau zu prüfen und zu hinterfragen. Das war bei der HSH Nordbank wichtig und das ist auch bei der Haushaltspolitik wichtig, auf die ich jetzt komme.

Kernproblem Defizit

Herr Freytag, Sie reden gern über „Schulden machen“ und „keine Schulden machen“. Und Sie reden ungern oder gar nicht über das Kernproblem, das jeder Verschuldung zu Grunde liegt: Das Kernproblem ihrer Haushaltsführung ist die Tatsache, dass der Senat seit Jahren mehr Geld ausgibt als er einnimmt. Das nennt man Defizit, Fachleute sagen negativer Finanzierungssaldo, ich nenn das jetzt mal einfach Haushaltsloch. Nur Sie sprechen von einem „ausgeglichenen Haushalt“. Das ist das Grundproblem Ihrer Haushaltsführung: Seit 2001 haben CDU-geführte Senate über die Jahre 6,6 Milliarden Euro mehr ausgegeben als sie eingenommen haben. Jeden Tag Ihrer Amtszeit Herr von Beust – Heilig Abend und Silvester mitgerechnet – haben Sie 2,5 Millionen Euro mehr ausgegeben als sie eingenommen, und das keineswegs in wirtschaftlich schlechten Zeiten. Der rot-grüne Senat hatte 2001 Steuereinnahmen von 6,3 Milliarden, sie haben heute 8,6 Milliarden: 2.3 Milliarden mehr, ein Zuwachs von über 36 Prozent, deutlich mehr als die Inflation ausmacht.

Einnahmen von Familien und SAGA-Mietern

Und sie haben sich neben den sprudelnden Steuereinnahmen großzügig weiteres Geld genommen: Von SAGA-Mietern, aus den sozialen Brennpunkten von Familien mit Kindern, Bildungsgebühren von der Kita bis zur Universität. Sie nehmen das Geld, ohne rot zu werden, aber zucken zurück, wenn wir über Steuerehrlichkeit großer Unternehmen und Einkommensmillionäre reden. Dann ist ihnen jeder Betriebsprüfer zu viel. Sie weiten die Flächen der Hamburger Behörden in vier Jahren um 100.000 qm aus, aber im Finanzamt für Großunternehmen herrscht Flaute: 100 Stellen in der Betriebsprüfung sind unbesetzt, Betriebsprüfer, die jeder für sich rund eine Million Euro Mehreinnahmen jährlich bewirken. Die soziale Spaltung Hamburgs spiegelt sich wider in den Steuern und Abgaben, die Sie erheben ohne soziales Gespür und finanzpolitischen Verstand.

Ausgaben

Doch trotz Ihrer Einnahmen auf Rekordniveau kommen sie mit dem Geld nicht hin. Denn so großzügig wie sie in das Portemonnaie der Familien greifen, so großzügig geben sie auf der anderen Seite wieder aus für Projekte, die die Stadt nicht braucht.

Sie

– bauen Haftanstalten auf und wieder ab,

– machen den Jungfernstieg für Millionen Steuergelder neu und reißen ihn gleich wieder auf

– geben Millionen aus für Verkehrsprojekte ohne Nutzen für die Mobilität der Menschen

– bauen eine teure U4 für die Hafencity, statt einer günstigen und effizienten Stadtbahn für ganz Hamburg, neuerdings bauen sie beides parallel

– ein neues Kreuzfahrtterminal muss her für 30 Mio. €, in der Planung und wirtschaftlichen Betrachtung völlig unausgegoren

– versprechen eine Elbphilharmonie zum Pauschalfestpreis und werfen dann dreistellige Millionenbeträge aus dem Fenster für schlechte Planungen und noch schlechteres Projektmanagement

Das ist der Grund für Ihr Defizit, Herr Finanzsenator und Herr Bürgermeister und nicht die Problemlagen und der Hilfebedarf in den Stadtteilen, die sie soziale Brennpunkte nennen.

Die GAL und ihre Projekte

Die GAL ist – wie man hört – in den Koalitionsverhandlungen blass geworden im Angesicht der Haushaltslöcher, die uns die CDU im Wahlkampf noch verschwiegen hat. Nun ich muss sagen, Herr Kerstan, Sie scheinen sich gut erholt zu haben. Nach einem kräftigen Schluck aus der Pulle hat die GAL richtig wieder Farbe im Gesicht, denn jetzt geht es um ihre Projekte: Primarschule heißt das Zauberwort, mit dem die gegensätzlichen schulpolitischen Ziele von CDU und GAL zusammenkommen sollen. Wir wissen noch nicht, was das eigentlich bedeutet, von einem Schulgesetz will ich gar nicht reden, aber nicht einmal ein Eckpunktepapier hat die Bürgerschaft bisher erhalten.

Aber das Geldausgeben hat schon begonnen: Planungen, Studien, Monitoring, Evaluationen, Durchführung von Schulkonferenzen und was weiß ich nicht alles, aber eine klare Zielvorstellung zur Schulpolitik – da wollen wir hin und das ist der Weg – gibt es hier im Parlament bisher nicht. Geld ausgeben und Aufträge erteilen ohne sorgfältige Planung ist keine sparsame Haushaltsführung wie sie die Landeshaushaltsordnung vorschreibt und dafür sind Sie – Herr Finanzsenator – verantwortlich.

Defizit im neuen Haushalt

Und so setzt sich das Defizit der CDU-Senate unter Schwarz-Grün fort. Nehmen wir den Haushaltsplan, der heute vorliegt. Was haben wir dazu alles gehört: Herkulesaufgabe, Zeit zum Abschiednehmen von Liebgewonnenem der Vergangenheit, um neue Aufgaben der Koalition zu meistern in einem kraftvollen Pakt für die Zukunft! Rhetorisch sehr beeindruckend. Aber wenn man die nüchternen Zahlen zusammenrechnet, ist das Ergebnis so negativ wie die Bilanz der HSH Nordbank. Im Doppelhaushalt besteht nach aktueller Steuerschätzung ein Defizit von 1,45 Milliarden €. 1450 Millionen Euro Defizit. Eine merkwürdige Abarbeitung von Herkulesaufgaben! Ihr Haushaltsplanentwurf ist nicht schwarz, er ist auch nicht schwarz-grün, er ist tief rot, und rot steht hier nicht für eine politische Überzeugung, sondern für ein Minus.

Sie sprechen bei all dem doch nur von einem ausgeglichenen Haushalt, um zu verwirren. Was sie nicht sagen ist, dass Sie ihr Riesen-Haushaltsloch nur stopfen durch Rücklagen, Vermögensverkäufe und Verkauf von Grund und Boden. Alles drei mindestens so schädlich wie die Aufnahme von Krediten. Und je größer das Haushaltsloch ist, das sie stopfen müssen, umso lauter klingt die Parole „Keine neuen Schulden!“

Aber was heißt das eigentlich – keine neuen Schulden?

– Die WK muss sich verschulden, um die Bürokratie ihrer Studiengebühren zu finanzieren. Über 200 Millionen Euro neue Schulden, nicht um Studiengebühren abzuschaffen, sondern um sie durch Bürokratie zu erhalten und zusätzlich auch Studierenden abzunehmen mit Kindern, mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen. 200 Millionen Euro neue Schulden, und die Zinsen zahlt der Steuerzahler.

– Die HPA macht Schulden für Hafeninvestitionen

– Die Hochbahn soll Schulden machen für die Stadtbahn und die Hafenbahnsanierung

– Die SAGA oder ein neues öffentliches Unternehmen soll Schulden machen für den Sanierung der Schulen.

– Gerade gestern erklären Sie dem Haushaltsausschuss, der Großmarkt soll die Rechtsform ändern, damit er sich verschulden kann – 25 Millionen Euro für eine dringende Sanierung, die Sie nicht mehr bezahlen können.

Schulden wohin wir sehen und für alles zahlen die Menschen in Hamburg am Ende genau so wie für die Schulden im offiziellen Haushalt. Das ist die Wahrheit Ihrer Finanzpolitik.

Schulden und Verkäufe

Ich will nicht sagen, dass es immer ein Skandal ist, wenn man eine Investition über Kredite bezahlt. Das macht jedes erfolgreiche Unternehmen. Viele Investitionen rechtfertigen auch Kredite. Der Einstieg bei Hapag-Lloyd zum Beispiel, den wir alle gemeinsam begrüßen. Man muss Verkäufe, Schulden und Investitionen nur abwägen: Nutzen und Ertrag gegen Zinsen und Belastungen. Nur in der Abwägung machen Sie Fehler: Sie verkaufen die Anteile der HHLA gegen den Protest der Öffentlichkeit und der Beschäftigten, obwohl damit wichtige Gestaltungsmöglichkeiten und Erträge verlorengehen. Um dem Protest zu begegnen, haben Sie dann versprochen, die Erträge werden für zusätzliche Hafeninvestitionen eingesetzt, die bisher noch nicht in der Finanzplanung abgedeckt waren. Jetzt heißt es: Die HHLA-Milliarde ersetzt die bereits eingeplanten Mittel. Sie reißen damit ein neues Investitionsloch im Hafen auf, brechen ein klares Versprechen und missbrauchen die HHLA-Milliarde zum Ausgleich ihres defizitären Haushalts. Das empört die Beschäftigten im Hafen und die gesamte Hafenwirtschaft, denn nicht „Hafen finanziert Hafen“ ist ihre Parole, sondern „Hafen finanziert Schwarz-grün!“

Mangelnde Konsolidierung

Und jetzt kommen wir noch einmal auf das Kernproblem zurück, das Ihr Defizit ausmacht, Herr Freytag. Das ist die mangelnde Konsolidierung seit Ihrem Amtsantritt. Das ist die mangelnde Sparsamkeit bei den Betriebsausgaben. Sie haben zum Überschuss im Betriebshaushalt nämlich selbst nichts beigetragen. Der Überschuss kommt nur durch die aktuell noch sprudelnden Steuereinnahmen zu Stande. Sie haben die Ausgaben immer nur erhöht. Sie erhöhen die laufenden Betriebsausgaben im vorliegenden Doppelhaushalt um über eine Milliarde €, genau um 1.136 Millionen. Eine Steigerung von über 6 Prozent in zwei Jahren.

Ihr Vorgänger Herr Peiner hat wenigstens versucht, zu konsolidieren, zwar nicht so erfolgreich wie der rot-grüne Vorgängersenat – Herr Maier lässt grüßen, liebe GAL – aber er hat es versucht und war mäßig erfolgreich. Seit 2007 gibt es große Worte, aber es ist Schluss mit Konsolidierung und eben deshalb steigt Ihr Defizit: 2006 unter Herrn Peiner lag es noch bei 210 Millionen Euro. Ihr erstes Amtsjahr als Finanzsenator 2007 hatte bereits ein Defizit von 245 Millionen, 2008 liegt es trotz der zusätzlichen Einnahmen der letzten Steuerschätzung bei über 500 Millionen und 2009 – das erste Jahr dieses Doppelhaushaltes – wird ein Defizit aufweisen von über einer Milliarde Euro.

Ihre Bilanz als Finanzsenator Herr Freytag: Alle Rücklagen sind aufgebraucht und es ist kein Reserve oder Vorsorge vorhanden für ein Konjunkturprogramm, das wir jetzt zusätzlich benötigen, ein Investitionsprogramm für Arbeit, Bildung und Umwelt.

SPD-Haushaltsberatungen

Wir werden deshalb in den kommenden Haushaltsberatungen alle Positionen ihrer Einzelpläne durchgehen und prüfen, ob sie den Anforderungen der jetzigen Situation gerecht werden. Unsere Schwerpunkte haben wir schon im letzten Wahlkampf benannt: „Bildung“ und „Maßnahmen gegen die soziale Spaltung“.

Einen Punkt möchte ich einmal nennen. Am 17.09.2008, dem Weltkindertag haben sich die Schüler einer katholischen Schule auf der Moorweide versammelt, um gegen die zunehmende Kinderarmut in Hamburg zu protestieren und Spenden für einen pädagogischen Mittagstisch zu sammeln. Warum eigentlich versammeln wir uns alle über die Parteigrenzen hinweg, wenn es um Themen geht wie Hapag Lloyd, aber warum versammeln wir uns nicht, wenn es um ein kostenloses Mittagessen in der Kita geht, warum stehen wir auf einmal alleine da. Was soll das? Liebe CDU und GAL; es wäre mir peinlich an ihrer Stelle, dass dieser Punkt nicht schon lange in ihrem Milliarden-Haushalt enthalten ist.

Wir werden in der jetzigen Situation auch Vorschläge machen für Projekte, die zusätzliche Investitionen auslösen, um einen drohenden Einbruch der Konjunktur zu begegnen.

Und wir werden das tun, was sie vor den Koalitionsverhandlungen versprochen, aber dann nicht getan haben. Wir werden für jeden neuen Vorschlag einen Deckungsvorschlag machen: Streichungen von Maßnahmen, die nicht erforderlich oder nicht effizient sind, Deckungsvorschläge, die CDU und GAL bei ihren Koalitionsverhandlungen nicht gemacht haben, weil sie sich gegenseitig ihre politischen Zusagen abgekauft haben mit dem Geld der Steuerzahler.

Klarheit und Wahrheit

Das Prinzip „Klarheit und Wahrheit“ wird in der Finanzpolitik immer gefordert und wir brauchen es, um vernünftig über die Lösung von Haushaltsproblemen reden zu können.

Herr Freytag, Sie behaupten im Haushaltsausschuss am 11. November 2008, sie hätten kein Defizit, und legen heute einen Doppelhaushalt vor mit einem Defizit von 1,45 Milliarden Euro. Herr Freytag, der Haushaltsausschuss ist kein Wahlkampfstand der CDU in Winterhude. Es ist der Haushaltsausschuss, und da muss auch ein Finanzsenator schlicht die Wahrheit sagen.

Sie sprechen von Konsolidierungskurs, aber steigern die laufenden Ausgaben der Behörden um 1.136 Millionen Euro.

Sie sprechen von einem kraftvollen Pakt für die Zukunft, aber die Investitionsquote sinkt in zwei Jahren von 14,5 Prozent auf 10,6 Prozent, 2012 sogar auf 9,1 Prozent.

Sie sagen, sie machen keine neuen Schulden, das stimmt formal, aber sie missbrauchen diesen Punkt, um davon abzulenken, dass sie außerhalb des Haushalts Schulden machen: Milliarden-Investitionen für Schulen, Hochschulen, Hafen und Stadtbahn sind im Haushalt nicht gedeckt und sollen durch nichts anderes als neue Schulden bezahlt werden.

Ihre Nullverschuldung im offiziellen Haushalt ist ein Ablenkungsmanöver. Ihr Defizit wird gedeckt durch Rücklagen, Vermögensmobilisierung, Verkauf von Grund und Boden. Sie haben trotz boomender Konjunktur keine Rücklagen gebildet, sondern aufgebraucht, so dass sie nun bei konjunkturell schlechterem Wetter immer noch in kurzen Hosen dastehen und behaupten, sie hätten kein Defizit.

Sie haben auch keine Reserven mehr für einen Rückgang der Steuereinnahmen, für steigende Sozialleistungen oder die Kosten der Elbphilharmonie.

Was wir haben ist eine Finanzpolitik der großen Worte und kleinen Aktionen. Wahrheit und Klarheit sind die Grundlagen solider Finanzen und nicht Täuschung und Ablenkung. Das ist das Problem ihrer Haushaltspolitik und es ist das Problem einer Stadt, die dringend einen verlässlichen Rahmen braucht für eine neue Politik gegen die soziale Spaltung und für eine Zukunft, die wir Menschliche Metropole nennen.

Dora Heyenn, Rede in der Bürgerschaft zum Hauhaltsplanentwurf 2009/2010

Im Allgemeinen Vorbericht zum Haushaltsplanentwurf ist dargelegt worden, warum wir eine Planung benötigen. Es soll u.a. ersichtlich werden in welchem Umfang voraussichtlich Mittel für die Finanzierung der Aufgaben Hamburgs zur Verfügung stehen und welche Vorbelastungen aus bisherigen und neuen Maßnahmen zu erwarten sind.

Schon allein diese Punkte lassen Zweifel aufkommen, ob die vorliegenden „Telefonbücher“ den Namen Haushalts p l a n verdienen.

Das Zahlenwerk steht unter bestimmten Prämissen:

1. Steuereinnahmen – die Höhe ist völlig unsicher und muss wahrscheinlich nach unten korrigiert werden und dass vielleicht sogar drastisch

2. Wachstumsrate – mit einer Steigerung des BIP von durchschnittlich 1,5%/anno jenseits aller Schätzungen. Viel zu hoch, man kann zufrieden sein wenn Plus minus Null herauskommt.

3. Auswirkungen der Finanzkrise – die, insbesondere bezüglich einer stark außenhandelslastigen Wirtschaft wie die der Hansestadt, nicht einmal ansatzweise berücksichtigt worden sind.
Selbst Senator Gedaschko sagt heute im Abendblatt: Keine Konjunkturexperte kann uns sagen, was in den kommenden Quartalen auf uns zukommt.

Insgesamt konfrontiert der Senat uns allerdings nur mit Steigerungsraten und positiven Zahlen, wenn er die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Hamburgs bis 2012 im Finanzbericht (S. 9) darstellt.

4. Risiken, die absehbar sind und vor allem die, die sich als Fass ohne Boden herauskristallisieren, sind völlig außer acht gelassen: Elbphilharmonie, HSH-Nordbank, Hafenentwicklung….

Interessanterweise kann man heute vom CDU-Wirtschaftsrat lesen: Man sollte nur Mittel bereitstellen, wenn man sich diese Projekte auch leisten könne. Das Problem ist, so wie der Haushaltsplanentwurf aufgestellt ist, kann keiner darauf eine Antwort herauslesen!

Der Steuerzahlerbund hat dieses Zahlenwerk bereits zur Makulatur erklärt – von den Kammern und aus der Wirtschaft ist ebenfalls viel Skepsis geäußert worden.

5. Keine Neuverschuldung – Der Haushalt soll unter dem Thema: Verschuldung Hamburgs, Beenden der Nettoneuverschuldung und Schuldenbe-grenzungsregelungen“ stehen.

Mal abgesehen davon, dass wir aus dem Senat und den Koalitionsparteien sich widersprechende Äußerungen hören, muss noch mal festgehalten werden, dass Neuverschuldung die ganze Zeit über statt gefunden hat – allerdings im Schattenhaushalt der Öffentlichen Unternehmen. So ganz wohl scheint dem Finanzminister bei der Vorlage nicht gewesen zu sein. In einem Anflug von Selbstkritik wird darauf hingewiesen, dass zumindest die Einnahmeprognosen „ohne Zweifel risikobehaftet“ sind.
DIE LINKE ist nach intensivem Aktenstudium zu dem Schluss gekommen, dass wir es insgesamt mit einem Risiko zu tun haben, wenn wir uns diesen Haushaltsentwurf ansehen. Alle fünf Grundannahmen stimmen nicht. So sieht keine solider Haushalt, so sieht kein belastbarer Haushalt aus. Auch bei der Diskussion zu den Einzelplänen wurde von Behördenseite attestiert, dass viele Zahlen bereits veraltet sind.

Deshalb fordert DIE LINKE den Senat auf, eine überarbeitete Fassung des Haushalts vorzulegen, dessen Zahlenwerk sich an den Realitäten orientiert.

Ich habe die Schattenhaushalte angesprochen. Die Verschiebung von Aufgaben und Krediten – also Neuverschuldung – soll fortgesetzt werden.

Um den Investitionsstau an den Schulen abzubauen plant die Behörde für Schule und Berufsbildung einen Landesbetrieb Schulbau. Ab 2010 wird das Sondervermögen dann bei den Schulbauprojekten tätig werden. Es wird zwar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur Gründung die Hochbaudienststelle der BSB Aufgaben übernimmt, aber die Frage ist in welchem Umfang.

Es steht zu befürchten – und solche Informationen gibt es aus den Schulen und es war auch zwischen den Zeilen im Schulausschuss aus den Antworten der Behörde herauszuhören, dass viele Projekte, deren Bau noch nicht begonnen wurde, auf Eis gelegt werden. U.a. soll wohl auch abgewartet werden, unter welchen baulichen Bedingungen das 2-Säulen-Modell eingeführt werden kann.

Planungssicherheit für die Schulen sieht anders aus. Die Schulen müssen schnell und zügig saniert werden und alle Vergleiche zeigen, ohne Auslagerung wird es letztlich kostengünstiger.

Deshalb fordert DIE LINKE: Kein Baustopp von Schulbaumaßnahmen.

Kostenneutralität und globale Minderausgaben

Die Resourcen bzw. Kosten nicht zu erhöhen entpuppt sich als Fetisch und untaugliches Mittel Politik zu gestalten. Insbesondere bei den Themen Bildung, Ausbildung und soziale Gerechtigkeit wird mit diesem Prinzip gearbeitet. Fakt ist, dass die Bedingungen für Lernerfolge in den Hamburger Schulen schlecht sind. Dazu braucht man nicht einmal die Bestätigung durch Pisa-E, wie gestern geschehen.

Die Schüler haben es letzte Woche auf den Punkt gebracht:

Die Klassen sind zu voll, die Lehrer überlastet, die Räume unzureichend und die Lehrmittel veraltet. Bildung verkommt zur Verwertbarkeit.

Das Büchergeld muss wieder abgeschafft werden und es müssen viel mehr Lehrer eingestellt werden. Auch wenn durch empfindliche Abzüge die Frühpensionierungen merklich abgenommen haben, muss festgestellt werden, dass die hohe wöchentliche Arbeitszeit viele Lehrer krank macht. Die Wochenarbeitszeit muss wieder runter und die Möglichkeit der Altersteilzeit für Lehrkräfte wieder hergestellt werden. Das Bild, das in der Öffentlichkeit vom Lehrerberuf gezeichnet wird, stimmt nicht mit der Realität überein. Nur wer dicht dran ist, bekommt mit, was es bedeutet 30 Jahre im Schuldienst zu sein.

Die Kinderarmut hat in Hamburg Dimensionen erreicht, die aktives Handeln von Seiten des Senats erfordern würde. Davon können wir im Haushaltsentwurf nichts finden. Das Mindeste ist ein kostenloses Mittagessen in der Kita, anzustreben ist es ebenfalls an den Schulen.

Politik hat auch die Aufgabe gegen zu steuern. Eine prognostizierte drohende Rezession hat die Diskussion um Konjunktur- und Investitionsprogramme wieder angefacht. Das begrüßen wir. Wir begrüßen auch, dass es Konzertierte Aktionen und runde Tische geben soll.

Auf eines möchte DIE LINKE allerdings aufmerksam machen, der Konjunkturaufschwung – der inzwischen verfrühstückt wurde, und zwar durch Geldgier in einem ungebremsten Kapitalismus – dieser Aufschwung ist bei der Mehrheit der Menschen nicht angekommen.

Konjunkturprogramme machen aus unserer Sicht nur Sinn, wenn die Maßnahmen auch bei den Menschen ankommen und nicht nur Strukturen festigen.

Wir unterstützen einen wichtigen Ansatzpunkt. Haushaltsverlauf 2008 -7,9% Absenkung der Personalausgaben.

Hier muss auch unserer Meinung nach – insbesondere in der jetzigen Si-tuation – kräftig aufgestockt werden. Das ist vom Senat auch angekün-digt worden und Details sollen im Dez. vorgelegt werden.
DIE LINKE wird einen Antrag zum Arbeitsmarkt einbringen.

Ergänzt wird dieses „Landesprogramm Arbeit“ durch einen Maßnahmenkata-log zum Klimaschutz. (GAL Konjunkturmotor!)

Die Frage der Finanzierung ist nicht nur eine Frage wann, wo und wie viel Ausgaben getätigt werden – Es ist auch eine Frage der Einnahmen.

Im Gegensatz zu den Aussagen im Wahlkampf haben CDU und GAL Steuern erhöht: Grunderwerbsteuer, veranschlagt mit 63 Mio./Jahr. Das gleicht mal gerade die Mindereinnahmen durch die Absenkung der Unternehmenssteuer auf.

DIE LINKE fragt, in welchem Bermuda-Dreieck ist der Antrag zur Aufstockung der Steuerfahnder und Betriebsprüfer verschwunden?

Im Haushaltsausschuss und in der Bürgerschaft wurde der Antrag angenommen und die Zahlen sollten nur noch überprüft werden. Der Senat verzichtet bewusst auf jährliche Einnahmen in 3-stelliger Millionenhöhe. Das kann Hamburg sich gar nicht leisten!

Überhaupt sind Steuersenkungen der falsche Weg. Gerade im Zusammenhang mit der Finanzkrise und den schwindelerregenden Zahlen, die Begrenzung der Managergehälter auf lumpige 500.000€/a und den ua. von der Haspa mit Lehmann-Papieren um ihre Ersparnisse gebrachten älteren Leuten. Gerade in diesem Zusammenhang ist der Ruf nach Gerechtigkeit stärker geworden.

Es besteht schlicht die Befürchtung, dass wieder einmal der berühmte kleine Mann die Zeche zahlt.
DIE LINKE hat immer wieder auf Steuergerechtigkeit gedrängt und wird einen Antrag einbringen, mit dem eine Bundesratsinitiative gestartet werden kann zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer.
Wir begrüßen, dass auch Herr Senator Gedaschko das vielfach geforderte Absenken der Steuerlast als wenig wirksam bezeichnet hat. Nicht über-stimmen wir allerdings mit seiner Äußerung: „Das Problem ist doch, dass die Leute das Geld nicht ausgeben, sondern es lieber horten.“

Wir sehen das Problem darin, dass die meisten Menschen gar kein Geld haben zum Horten.
Der Haushalt 2009/2010 und ein Konjunkturprogramm müssen alle Einwohner in Hamburg im Blick haben. Es darf nicht so sein, dass die Reichen zwar ein wenig ihres Reichtums einbüßen aber die Armen immer ärmer werden!

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