„Hat am Telefon geweint – Kündigung liegt vor!“

Schwere Vorwürfe gegen die KKH-Allianz, eine der größten gesetzlichen Krankenkassen Deutschlands: Aus internen Telefonprotokollen, die „Frontal 21“ vorliegen, geht hervor, dass die KKH Allianz schwer kranke und damit besonders teure Versicherte dazu aufgefordert hat, zu kündigen.

Das ZDF-Magazin weiter:
„Diese Geschäftspraxis der Krankenkasse haben sowohl betroffene Versicherte als auch Mitarbeiter der KKH-Allianz gegenüber der Redaktion bestätigt.

Der Vorstand der Krankenkasse, Ingo Kailuweit, hatte die Vorwürfe zunächst zurückgewiesen. Das könne er sich „definitiv nicht vorstellen“, sagte Kailuweit im ZDF-Interview. Es sei bei der Telefonaktion um ein ganz normales Mahnverfahren gegangen. Inzwischen hat die KKH-Allianz gegenüber „Frontal 21“ schriftlich eine interne Prüfung angekündigt.

Nach eigenen Angaben hat die KKH-Allianz 1,8 Millionen Versicherte. Sie ist gesetzlich verpflichtet, alle Versicherten gleich zu behandeln, egal ob jung oder alt, gesund oder schwer krank. Der renommierte Gesundheitsökonom und Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Prof. Rolf Rosenbrock wertet das Vorgehen der KKH-Allianz als Skandal: „Das entspricht auf keinen Fall dem Auftrag einer gesetzlichen Krankenversicherung. In § 1 des zuständigen Gesetzes steht, die gesetzliche Krankenkasse ist eine Solidargemeinschaft.“

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisierte das Geschäftsgebaren der Krankenkasse: „Ich denke, dass Wettbewerb nicht dazu führen darf, dass man gesetzliche Grenzen überschreitet.“ Schaar sagte dem ZDF, es könne nicht sein, dass Menschen aus der gesetzlichen Krankenkasse gedrängt würden, „weil sie möglicherweise zu teuer sind.“

Die Telefonaktion der KKH-Allianz ging nach ZDF-Recherchen offenbar über mehrere Monate. Hunderte Versicherte wurden kontaktiert, die Gesprächsinhalte detailliert festgehalten. In den Telefonprotokollen heißt es über einen HIV-infizierten Mann, „er sei immer schon bei KKH und die zahlen auch seine HIV Therapie; nach langem Gespräch dennoch überzeugt, über Kassenwechsel nachzudenken; Kündigung liegt vor“. Über eine Frau heißt es: „Kundin ist blind; Kassenwechsel als Möglichkeit aufgezeigt.“ Über eine schwer kranke Diabetikerin ist vermerkt: „Hat am Telefon geweint; Kündigung liegt vor!“ “

Ein Gedanke zu „„Hat am Telefon geweint – Kündigung liegt vor!““

  1. Werte Redaktion,

    ich kann Ihre Sendung mit dem Aufzeigen fragwürdiger Krankenkassenpraktiken nur begrüßen. Als langjährig niedergelassener Hausarzt mit vielen schwerkranken Patienten habe ich Ähnliches leider immer wieder erlebt, und zwar von diversen Krankenkassen: z.B. schon vor Jahren, als übereifrige (oder dazu angehaltene?) Mitarbeiter der AOK Hessen z.B. eine 90-jährige, an die Wohnung gefesselte Patientin mit einem schweren Herzklappenleiden, das schon bei leichter körperlicher Anstrengung zur Dekompensation führte, wiederholt mit Aufforderungen quälten, endlich an der Gruppenschulung für Koronarkranke teilzunehmen, wozu sie gar nicht in der Lage war; oder als in den letzten Jahren ein chronisch psychisch kranker HEK-Versicherter in gewissen Abständen mehrfach von Krankenkassenmit-arbeitern oder -beauftragten angerufen wurde, wie lange er denn die medikamentöse Behandlung noch machen wolle, ob er sie wirklich noch brauche usw. und dadurch neben seinen schweren Herkunfts- u. Arbeits-belastungen und der seelischen Störung wiederholt gezwungen wurde, sich für seine ärztlich indizierte Behandlung rechtfertigen zu müssen, oder wenn am 30.10.2012 mir ein BARMER GEK-Versicherter mit einer sehr belastenden längeren Spezialbehandlung, deren zu erwartender Erfolg der Kasse um vielfach höhere Kosten ersparen dürfte, mir berichtet, dass er schon wieder, wie in der Vergangenheit in Abständen von Monaten wiederholt mehrfach von Krankenkassen-mitarbeitern oder -beauftragten angerufen wird, wann er denn endlich wieder arbeiten wolle, zu Rechtfertigungen gedrängt wird, weshalb es noch nicht gehe und sich jedesmal beschämt und schuldig fühlt und von mir mühsam wieder stabilisiert werden muss. Es scheinen wohl doch keine Einzelfälle zu sein, die hier zum Vorschein kommen.
    Gewiss haben die Krankenkassen durch das SGB V das Recht, die Patienten an ihre Mitwirkungspflicht zur Gesundung zu erinnern, übereifrige oder ungeschickte Mitarbeiter gibt es in jeder großen Firma, aber das Gebaren der Kostenrisikoselektion in solch inakzeptabler Form wie von Ihnen geschildert bringt die Gesetzlichen Krankenkassen in ein schlechtes Licht und sollte nachhaltig thematisiert werden. Hier kündigt sich übrigens eins der Szenarien an, das u.a. die Ärztegremien und Ärztetage immer wieder gegen die zentrale Datenverwaltung der auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeicherten Daten bzw. gegen die Einführung dieser Kartenform überhaupt abstimmen ließ…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.