Hamburg: 6.000 Lehrstellen fehlen

photocaseARBEIT.jpeg„Offiziell“ sind nach Angaben der Arbeitsagentur noch 579 Jugendliche in Hamburg ohne Ausbildungsplatz. In Wahrheit sind es mindestens 6.000, so die DGB-Jugend: Sie werden nicht in die Statistik aufgenommen, weil sie als schwer oder nicht vermittelbar gelten.

photocaseARBEIT.jpegNach dem Start des Ausbildungsjahres zum 01.08./ 01.09. sind nach Angaben der Arbeitsagentur noch 579 Jugendliche in Hamburg ohne Ausbildungsplatz (-16,9% im Vergleich zum Vorjahr).

Für sie sind noch 62 Ausbildungsplätze vorhanden (-36,7% zum Vorjahr). Damit fehlen in Hamburg offiziell noch mindestens 517 Ausbildungsplätze. Die Zahl der bei der BA gemeldeten Ausbildungsstellen ging erneut um 290 Stellen auf nunmehr nur noch 8.667 Ausbildungsplätze zurück. Dies entspricht einem Rückgang von 3,2 % im Vergleich zum Vorjahr.

„Selbst die offiziellen Daten lassen die großen Worte der Arbeitgeberkammern als hohle Phrasen erscheinen“, sagt Olaf Schwede, Vorsitzender der DGB-Jugend Hamburg: „Wo sind denn die vielen freien Stellen, von denen die Handelskammer immer spricht? Wenn es sie geben sollte und sie wirklich besetzt werden sollen, warum wurden sie dann nicht bei der Arbeitsagentur gemeldet und registriert?“

Die Zahl der von der Bundesagentur anerkannten Bewerber entwickelt sich trotz steigender Schulabgängerzahlen weiter rückläufig: Sie ging von 8.726 Bewerbern in 2005 auf jetzt 8 577 Bewerber in 2006 (-1,7% zum Vorjahr) zurück. Die Zahl der Ratssuchenden, also der Jugendlichen, die sich 2006 insgesamt an die Arbeitsagentur gewandt haben, ist gleichzeitig auf 32 525 oder um 16,7% gestiegen!

Jugendliche mit schlechten Schulabschlüssen sind besonders von der Selektion auf dem Hamburger Ausbildungsstellenmarkt und von Verdrängungseffekten durch auswärtige Bewerber betroffen. So gelangten von 3 793 Ratsuchenden ohne Hauptschulabschluss nur 352 als Bewerber in die Statistik, von den 9 907 Ratsuchenden mit Hauptschulabschluss wurden 2 533 Bewerber als „ausbildungsfähig und -willig“ eingestuft, aber selbst von den 10 045 Ratsuchenden mit Realschulabschluss akzeptierte die Arbeitsagentur nur 4 084
als Bewerber.

Olaf Schwede: „Immer mehr Jugendliche in Hamburg sind auf der Suche nach Ausbildung, haben aber keine Chance. Wenn die Arbeitsagentur mit Hilfe der Kammern aus 32 525 Jugendlichen die besten 8 577 Bewerber auswählt und noch nicht einmal für diese genügend Stellen vorhanden sind, dann ist es Zeit, dass politisch etwas unternommen wird. Hoffentlich muss angesichts dieser dramatischen Zahlen nicht auch in diesem Jahr nicht wieder die
Lieblingsausrede der Kammern herhalten: ,Hamburger Jugendlichen mangelt es an Disziplin und sie können weder richtig rechnen noch schreiben‘.“

Noch düsterer sehen die Zahlen aus, wenn man zu den offiziell anerkannten Bewerbern die Nachfrage aus schulischen Warteschleifen und aus dem Umland hinzuzählt. Die DGB-Jugend Hamburg geht dann von mindestens 20.000 tatsächlichen Bewerbern auf dem Hamburger Ausbildungsstellenmarkt aus. Die hohe verdeckte Nachfrage entsteht dadurch, dass viele Jugendliche aufgrund fehlender Ausbildungsplätze in schulische Warteschleifen abgedrängt werden.

So sind momentan ca. 70 % aller anerkannten Bewerber Schulabgänger aus den Vorjahren, nur noch 30 % kommen aus dem aktuellen Schulabgangsjahr. Im vergangenen Jahr lag diese Zahl noch bei knapp 40%.

Rechne man alle Zahlen zusammen, fehlten in Hamburg nach Berechnungen der DGB-Jugend zwischen 5.000 und 10.000 Ausbildungsplätze, so Olaf Schwede. „Diese Zahlen dulden keinen Aufschub, keine Ausreden und Beschönigungen mehr, sonst sind wir in wenigen Jahren mit einer ganzen Generation resignierter und perspektivloser Jugendlicher konfrontiert und damit erheblichem sozialen Zündstoff“, warnt Hamburgs DGB-Jugend-Vorsitzender. „Arbeitgeber müssen deshalb jetzt auf ihre Ausbildungsverantwortung festgenagelt werden. Von den
Kammern erwarten wir, dass sie durch Abschaffung der Gebühren für ausbildende Unternehmen deren Engagement konkret fördern. Und die Politik ist gefragt, durch die Einführung einer Ausbildungsumlage auf Landesebene für eine gerechte Kostenverteilung zwischen ausbildenden und nicht-ausbildenden Unternehmen zu sorgen.“

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