DGB will Bürgerversicherung, Parität und Ende der Klassen-Medizin

Gewerkschaften: Die Arbeitgeber sollen wieder ihre vollen 50 Prozent in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen. Langfristig kann nur eine solidarische Bürgerversicherung eine Klassen-Medizin im Norden verhindern.

„Die Arbeitgeber sind durch das Einfrieren ihrer Beiträge bevorzugt worden. Die Arbeitnehmer werden mitten in einem Boom der deutschen Wirtschaft Monat für Monat mehr belastet. Diese Ungerechtigkeit muss beendet werden. Das Nebeneinander von gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungsunternehmen  muss langfristig durch eine solidarische Bürgerversicherung abgelöst werden, in die alle einzahlen. Dabei muss der Strukturwandel sozial abgefedert werden. Das wird eine große Aufgabe der kommenden Bundesregierung“,  sagte Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord. 

Vor der Abschaffung der privaten Krankenvollversicherung muss ein langfristiger Übergangsprozess organisiert werden, der die privaten Versicherer einbezieht, so der DGB Nord. Dabei muss der heute bestehende Risikostrukturausgleich so weiterentwickelt werden, dass der soziale Ausgleich zwischen allen Krankenversicherten neu gestaltet wird. Der notwendige Strukturwandel in der PKV-Branche ergibt sich auch aus der Digitalisierung, deren Wirkung auf den Beschäftigungsabbau noch nicht beziffert werden kann. 

Der DGB-Vorsitzende wies darauf hin, dass nicht nur die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung steigen, sondern auch die übrigen GKV-Gesundheitskosten: „In den letzten Jahrzehnten wurden viele Leistungen aus der Gesetzlichen Krankenversicherung ausgegliedert, zum Beispiel Zahnersatz für Erwachsene oder die Pflegeversicherung. Immer mehr Kosten für Dienstleistungen, Arzneimittel oder Heil- und Hilfsmittel müssen von abhängig Beschäftigten privat getragen werden. Im Jahr 2014 waren das bereits 43,19 Milliarden Euro. Rechnet man beide Punkte – die Aufwendungen für Sozialversicherungen und die weiteren Gesundheitsausgaben – zusammen, so zeigt sich, wie ungleich die Lasten verteilt sind: Arbeitgeber zahlen 74,28 Milliarden Euro, Arbeitnehmer 137,15 Milliarden Euro. Diese Schieflage muss dringend beseitigt werden. Die paritätisch finanzierte Bürgerversicherung wird dazu beitragen.“ 

Nach Schätzungen des GKV-Spitzenverbandes werden die Kosten im Gesundheitswesen in den nächsten Jahren um 19 Milliarden Euro steigen. Wenn sich an der aktuellen Gesetzeslage nichts ändert, müssen dafür ausschließlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufkommen. Auf Durchschnittverdiener kommen allein durch die Zusatzbeiträge der Krankenkassen Mehrkosten von bis zu 855 Euro im Jahr zu. Dies hatte eine DGB-Studie aus dem vergangenen Jahr ergeben.

Der DGB Bezirk Nord umfasst die Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Die Gewerkschaften zählen in den drei Ländern zusammen rund 420.000 Mitglieder. Der DGB ist der Bund der Gewerkschaften. Gemeinsam vertreten der Bund und die Mitgliedsgewerkschaften die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.