Gericht: Streik auch für Sozialplan zulässig

Am 24. April hat das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzrechtsstreit entschieden, dass Gewerkschaften zu Streiks für einen Tarifvertrag aufrufen dürfen, in dem wirtschaftliche Nachteile aus einer Betriebsschließung / -verlagerung ausgeglichen oder gemildert werden sollen. Anlass für die gerichtliche Klärung waren Aktionen in Kiel.

„Damit wurde der Versuch der Metallarbeitgeber, eine grundgesetzwidrige Einschränkung von Tarifautonomie und Streikrecht zu erreichen, abgewehrt,“ sagte Jutta Blankau, Bezirksleiterin der IG Metall Küste, heute in Hamburg. „Für Gewerkschaften, aber insbesondere auch für gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte, deren Existenz von Betriebsschließung und Verlagerung bedroht ist, hat diese Entscheidung eine enorme Bedeutung. Sie ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt gewerkschaftlicher Handlungsmöglichkeiten bei geplanten Massenentlassungen.“

Die Heidelberger Druckmaschinen AG in Kiel – Mitglied des Arbeitgeberverbandes NORDMETALL – hatte sich 2002 entschlossen, einen Teil ihres Kieler Betriebes wegen Produktionsverlagerung zu schließen. Mehr als 560 Beschäftigte sollten entlassen werden.

Die IG Metall forderte verlängerte Kündigungsfristen, Regelungen über Qualifizierungsansprüche unter Fortzahlung der Vergütung sowie Abfindungen und führte nach Urabstimmung einen mehr als fünfwöchigen Streik durch. NORDMETALL hatte zunächst im einstweiligen Verfügungsverfahren (Arbeitsgericht Kiel, Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein) ohne Erfolg versucht, den Streik zu stoppen. Nach Beendigung der Tarifauseinandersetzung wurden im Hauptsacheverfahren Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen die IG Metall erhoben. Diese wurden vom Arbeitsgericht Frankfurt, Landesarbeitsgericht Hessen und nunmehr auch vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Das Gericht hat klargestellt, dass die Gewerkschaften mit dem Streik auch sehr weitgehende Tarifforderungen verfolgen können. Der Umfang einer Streikforderung, die auf ein tariflich regelbares Ziel gerichtet ist, unterliege wegen der durch Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz gewährleisteten Koalitionsbetätigungsfreiheit einer Gewerkschaft und im Interesse der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie keiner gerichtlichen Kontrolle.

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