„Ganze Stadtviertel unter Generalverdacht“

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat im Zusammenhang mit den systematischen Postkontrollen davor gewarnt, „ganze Stadtteile unter Generalverdacht zu stellen“. In der Sicherheitspolitik werde vor dem G8-Gipfel offensichtlich die Nagel-Linie fortgesetzt, zielgerichtete Fahndungsarbeit durch aufgeregten Aktionismus zu ersetzen, sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann am Freitag. Beim Umgang mit Post, die an Redaktionen gerichtet ist, sei „allerspätestens nach dem Cicero-Urteil zurückhaltend vorzugehen“.

SPD-Innenexperte Andreas Dressel sagte, es müsse entschlossen nach den Tätern der Anschläge in Hamburg gefahndet werden. „Gleichzeitig muss man darauf achten, dass nicht Unbeteiligte mit ins Visier geraten. Briefgeheimnis und Pressefreiheit seien „hochrangige Rechtsgüter in unserem Grundgesetz“. Die SPD forderte die große Mehrheit der friedlichen Globalisierungskritiker erneut auf, sich von Gewalttätern zu distanzieren.

Die Fahndungsmaßnahmen müssten so zielgenau gestaltet sein, dass „nicht der Eindruck entsteht, dass ganze Stadtteile und zigtausende Unbescholtene verdächtig sind. Um Briefe tatsächlich zu öffnen, müsse ein konkreter Verdacht vorliegen – „die Herkunft aus einem Stadtteil allein ist da deutlich zu wenig“, sagte Dressel mit Blick auf die Postkontrollen in Hamburg.

Er erneuerte in diesem Zusammenhang die SPD-Kritik an der Amtsführung von Innensenator Nagel. „Dieser Mann gerät in unruhiges Fahrwasser“, sagte Dressel mit Verweis auf die gestrige Innenausschusssitzung. Nagel habe dort gemauert und auch die Antwort auf Fragen verweigert, die nicht unmittelbar das Ermittlungsverfahren der Generalbundesanwältin betrafen. „Das Wegducken Nagels lässt wichtige Fragen unbeantwortet: etwa, ob es bei den Anschlagsopfern der letzten Zeit präventive Schutzmaßnahmen der Polizei gab oder nicht.“ Auch bei sonstigen Erkenntnissen – ob aus der Roten Flora heraus Straftaten geduldet, vorbereitet oder verübt wurden – habe der Innensenator abgeblockt.

Die SPD-Fraktion bekräftigte in diesem Zusammenhang ihre generelle Linie, wonach die Strafverfolgungsbehörden konsequent gegen jede Form von Gewalt vorgehen müssten. „Aber genauso konsequent muss legaler Protest ermöglicht werden“, forderte Dressel. Dieser friedliche Protest der Globalisierungskritiker sei im Rahmen der politischen Auseinandersetzung wichtig. „Aber die rote Linie ist dort überschritten, wo Gewalt gegen Sachen oder Personen ausgeübt wird. Hier wären die Globalisierungskritiker im Interesse des richtigen Anliegens gut beraten, selbst eine klare Null-Toleranz-Linie gegen Gewalttäter zu fahren.“

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