GAL + SPD wollen reformierte Oberstufe retten

photocaseSCHULE.jpegIn einem heute gemeinsam eingebrachten Zusatzantrag fordern die Bürgerschaftsfraktionen von GAL und SPD, das bestehende System der Grund- und Leistungskurse an den gymnasialen Oberstufen nicht abzuschaffen, sondern zu erhalten und zu modernisieren.

„Alle reden von individueller Förderung und die Enquete-Kommission PISA-Folgen hat sich einstimmig für den Ausbau des individuellen Lernens ausgesprochen. Trotzdem will die CDU die Schülerinnen und Schüler ausgerechnet bei der individuellen Fächerwahl einschränken und wieder in Reih und Glied zwingen. Das ist blanker Unsinn“, sagt die Vorsitzende der GAL-Bürgerschaftsfraktion Christa Goetsch.

Wilfried Buss, schulpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „Wir lehnen die Abschaffung der Grund- und Leistungskurse ab. Zur Bildung einer Profiloberstufe ist es nicht notwendig, das bisherige Kurssystem abzuschreiben. Die gymnasiale Oberstufe mit den fünfstündigen Leistungs- und dreistündigen Grundkursen hat sich grundsätzlich bewährt. Die Schülerinnen und Schüler können eigenverantwortlich ihre Schwerpunkte wählen – auch mit Blick auf ein mögliches Studium oder den angestrebten Beruf.“

Bisher können Schülerinnen und Schüler an den Oberstufen relativ frei nach Neigung und Interesse eine Kombination aus Leistungs- und Grundkursen auswählen und dabei vier Abiturfächer bestimmen. Die CDU möchte dagegen das Leistungs- und Grundkurssystem abschaffen und die Schülerinnen und Schüler auf die „Basiskompetenzfächer“ Deutsch, Mathematik und eine Fremdsprache sowie ein Profil festlegen. Weniger angewählte Fächer wie Chemie, Physik, Informatik oder Musik sowie die Grundkurse werden damit in den Hintergrund gedrängt.

In den meisten Fächern wird der Unterricht von drei auf zwei Wochenstunden vermindert werden, was eine Absenkung des Leistungsniveaus befürchten lässt. Deutsch und Englisch sollen dagegen zukünftig vier Stunden pro Woche auf Leistungskurniveau unterrichtet werden. Das zwingt alle Schülerinnen und Schüler zu einer intensiven Beschäftigung mit belletristischen Texten und literaturwissenschaftlichen Fragestellungen. Es werden Lerngruppen zusammengestellt, in denen Fähigkeiten, Interessen, individuelle Schwerpunkte oder Studienperspektiven sehr unterschiedlich sind. Unterforderung der Interessierten und Überforderung des größeren Teils werden die Folge sein. Das erinnert an die fundamentale Schwäche des deutschen Gymnasiums vor Einführung der reformierten Oberstufe in den siebziger Jahren.

Selbst durch die grundsätzlich begrüßenswerte Profilbildung werden die Schülerinnen und Schüler nach dem Willen der CDU weiter eingeschränkt. So könnten beispielsweise zwei Fremdsprachen als Abiturfächer gewählt werden, nicht aber zwei Naturwissenschaften.

Aus Sicht der Oppositionsfraktionen hat der Senat keine überzeugenden Argumente, warum das bisherige System abgeschafft werden muss und nicht innerhalb der bestehenden Strukturen verbessert werden könnte. Die von der CDU angeführten „strukturellen Probleme“ des Leistungs- und Grundkurssystems sind nicht durch die Fächer- und Kursstruktur verursacht, sondern die Folge der zu kleinen Oberstufen und der Kürzung der Personalzuweisung um 25 Prozent in den vergangenen Jahren.

GAL und SPD fordern in ihrem Antrag daher das bisherigen System der Leistungs- und Grundkurse beizubehalten und eine Profiloberstufe einzuführen, die einerseits einen fächerübergreifenden und projektorientierten Oberstufenunterricht ermöglicht, andererseits die individuelle Wahlmöglichkeit der Schülerinnen und Schüler erhält. Möglich sein sollte dabei, dass auch zwei Leistungskurse in ein Profil eingehen können, die beide auch als Prüfungsfächer ausgewählt werden können.

www.krass-dabei.de: Jugendliche haben sich eingemischt

Bei der Erarbeitung des heute von GAL und SPD vorgestellten Antrags konnten erstmals auch interessierte Jugendliche mitreden. Über das GAL-Politportal für Jugendliche www.krass-dabei.de haben sich die Jugendlichen direkt in die Parlamentspolitik eingemischt. Manuel Sarrazin (jungendpolitischer Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion) und Moska Timar (Organisatorin „www.krass-dabei.de“) ziehen eine positive Bilanz: „Es hat eine rege Diskussion gegeben. Die meisten Schülerinnen und Schüler sprachen sich dabei für den Erhalt der Wahlfreiheit aus und machten eine Reihe von Änderungsvorschlägen.“

Einige Stimmen der Jugendlichen auf www.krass-dabei de.:

Ein Schüler: „Wir sind der Meinung, dass das Kurssystem beibehalten werden sollte, da die Interessen und Fähigkeiten der Schüler besser berücksichtigt und gefördert werden können. Ein Schüler, welcher seine Stärken in sprachlichen Unterrichtsfächern besitzt, wäre durch die neue Oberstufenreform im Vorteil, da ein schriftliches Abitur in zwei Naturwissenschaften nicht mehr möglich wäre.“

Ein zweiter Schüler: „Ich halte es für unsinnig die Freiheit, seine eigenen Kurse zu wählen durch Pflichtfächer einzuschränken.“ Zwei andere pflichten ihm bei: „Wir finden es gut, dass man sich auf das Fach spezialisieren kann, dass man zum Beispiel studieren will. Außerdem finden wir es nicht sinnvoll, Mathe, Deutsch, Englisch auf Leistungskursniveau anzuheben, wenn man sie nicht als Leistungskurse gewählt hat, da sie nicht den Fähigkeiten und Interessen aller entsprechen.“

Skeptisch ist eine Schülerin, wenn es um die Bildung von Oberstufenzentren und den möglichen Wechsel in eine andere Oberstufe geht: „In eurem Antrag sehe ich jedoch mit gewisser Skepsis die geforderte verstärkte Möglichkeit eines Schulwechsels, um Wunschfächer belegen zu können … Ich bin der Meinung, dass ein System geschaffen werden sollte, das die (möglichst) freie Wahl von Wunsch-Leistungskursen bei gleichzeitigem Erhalt vertrauter Strukturen ermöglicht. Wenn dies nicht an einer Schule alleine möglich ist, dann muss es (teilweise ja bereits vorhandene) Kooperationen oder sogar vermehrt Zusammenlegungen der Oberstufen (siehe das von Euch genannte Eimsbüttler Modell) geben. Eine systematische Ermutigung zum gänzlichen Schulwechsel, nur um Wunsch-Leistungskurse zu erhalten, kann ich nicht befürworten.

Anders eine Schülerin aus Eimsbüttel: „Als Schülerin des „Eimsbüttler-Modells“ schätze ich die Wahlfreiheit durch das große Kursangebot. Es gibt natürlich bei kleineren Schulen das Problem, dass dies nicht geboten werden kann. Die Konsequenz sollte meiner Meinung nach aber sein, dass nicht das Kurssystem abgeschafft wird, sondern eigenständige „Oberstufenschulen“ entstehen, die von den „Unter- und Mittelstufengymnasien“ unabhängig sind. Das würde auch fördern, dass die Schüler sich zu Anfang der Oberstufe nach der Schule umsehen, die am besten zu ihnen passt.

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