Für ein deutliches Lohnplus und eine Arbeitswelt im Sinne der Beschäftigten

Ausblick der Hamburger DGB-Gewerkschaften auf das Tarifjahr 2018: Die Gewerkschaften in Hamburg blicken kämpferisch und geschlossen auf das Tarifjahr 2018: „Es ist eine Frage von Gerechtigkeit und sozialem Zusammenhalt, dass die Beschäftigten an den wirtschaftlichen Erfolgen auch richtig beteiligt werden. Solange es Renditeerwartungen von bis zu 20 Prozent gibt, solange werden wir auch unseren entsprechenden Anteil einfordern“, so Hamburgs DGB-Vorsitzende Katja Karger. Bundesweit werden Tarifverträge für rund 10 Millionen Arbeitnehmer neu verhandelt. In Hamburg sind es über 300.000. Die größten Runden sind die Metall und Elektroindustrie, der öffentliche Dienst, das Bauhauptgewebe und die Chemische Industrie.

Neben Forderungen nach einem deutlichen Lohnplus wollen die Gewerkschaften vor allem die Arbeitswelt von morgen gestalten. Karger: „Die Arbeitszeit wird bei der Digitalisierung eine große Rolle spielen. Beschäftigte brauchen das Recht, sich Zeit zu nehmen – Zeit für die Dinge, die für sie wichtig sind. Die für die Gesellschaft wichtig sind. Wir wehren uns dagegen, dass ausschließlich die Erwerbstätigkeit unseren Lebensrhythmus bestimmen soll. Es geht bei der Arbeit der Zukunft darum, die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und nicht die Technik.“

Stark im Fokus steht das Thema bereits in der laufenden Tarifverhandlung der Metall- und Elektroindustrie, Ina Morgenroth, Geschäftsführerin IG Metall Region Hamburg: „Neben mehr Geld für die Beschäftigten geht es darum, dass nicht die Arbeitgeber bestimmen, wann gearbeitet wird, immer flexibler, länger, rund um die Uhr, auch am Wochenende, sondern dass sie mehr selbst bestimmen können wann sie mehr Zeit für ihr Leben neben der Arbeit brauchen. Die Arbeitgeberseite muss endlich anfangen, ernsthaft mit uns zu verhandeln. Dazu haben sie jetzt am Donnerstag in Bremen die Chance. Ansonsten werden wir unsere Warnstreiks weiterführen.“ Die IG Metall fordert u.a. sechs Prozent mehr Geld und einen Anspruch auf eine zeitweise Reduzierung der Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden, in bestimmten Fällen mit einem Entgeltausgleich.

Kurz bevor steht die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst (Bund und Kommunen). Berthold Bose, Landesbezirksleiter der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Hamburg: „Die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand steigen. Hamburg wird fast eine Milliarde Mehreinnahmen verzeichnen. Eine angemessene Lohnerhöhung trägt auch dem Wirtschaftswachstum Rechnung. Es geht um Wertschätzung für die Menschen, die für unser Wohl in der Stadt sorgen, unsere Straßen sauber halten oder die vielfältigen Aufgaben beim Zoll erledigen und damit einen guten öffentlichen Dienst ausmachen. Sie müssen angemessen am wachsenden Wohlstand beteiligt werden. Das ist nicht nur gerecht, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Denn wer mehr hat, kann auch mehr ausgeben. Das verbessert auch die Binnenkonjunktur.“

Ebenfalls im Februar startet die Tarifrunde im Bauhauptgewerbe, von der in Hamburg rund 10.000 Beschäftigte betroffen sind. Matthias Maurer, Bezirksvorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Hamburg: „Der Bau boomt wie seit vielen Jahren nicht mehr: Rund sechs Prozent Auftragssteigerung gab es im Jahr 2017. Das muss endlich auch bei den Baubeschäftigten ankommen. Deshalb fordern wir sechs Prozent mehr Einkommen und dass Wegezeit Arbeitszeit ist. Wechselnde Einsatzorte und lange Anfahrtswege für die Beschäftigten sollen die Unternehmen auch bezahlen.“

In der Chemischen Industrie wird die Tarifforderung erst noch festgelegt. „Es gibt absolut keinen Grund zur Zurückhaltung. Wir werden auch an unseren Tarifvertrag Lebensarbeitszeit und Demografie anknüpfen, mit dem ältere Beschäftigte unter anderem das Recht haben, ihre Arbeitszeit zu reduzieren oder sie an die eigenen Lebensphasen anzupassen und sich finanziell noch besser für die Rente abzusichern. Als Ausgleich für immer mehr Leistungsdruck brauchen wir mehr Wahlfreiheit bei der Arbeitszeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das ist unser Beitrag für eine faire Arbeitswelt heute und morgen“, so der Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) Hamburg, Jan Koltze.

Auch im Bereich der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) stehen einige Tarifrunden an. Zum Beispiel im Bäcker- und Fleischerhandwerk oder bei den Konditor/-innen. Silke Kettner von der NGG Region Hamburg/Elmshorn: „Viele Arbeitgeber in unseren Branchen klagen über eine Fachkräftemangel und fehlende Arbeitskräfte insgesamt, das gilt vor allem auch im Gastgewerbe und Handwerk. Wer Leute für einen Betrieb gewinnen und halten will, muss auch was bieten und kann nicht nur Niedriglohn zahlen. Die Tarifrunden sind die Chance auch für die Unternehmen hier aufzuholen und die Jobs attraktiver zu machen.“

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) wird ab September einen Tarifvertrag für rund 8.500 Beschäftigte in Hamburg neu aushandeln. „Unser letzter Tarifabschluss hat bundesweit 3.000 neue Arbeitsplätze bei der DB AG geschaffen und unseren Mitgliedern ein bis dahin unbekanntes Maß an Souveränität über wichtige tarifliche Arbeitsbedingungen gegeben. Insgesamt haben sich 56 Prozent der Befragten 2017 für sechs Tage mehr Urlaub und gut 42 Prozent für mehr Geld entschieden. Wir werden dieses Jahr wieder unsere Mitglieder befragen, was sie sich zur Tarifrunde 2018 vorstellen“, so Frank Maur, Geschäftsstellenleiter der EVG in Hamburg.

Bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) stehen neben der Tarifrunde Öffentlicher Dienst auch andere Themen im Vordergrund: „Genau wie die Kolleginnen und Kollegen in der Industrie oder auf dem Bau haben Lehrerinnen und Lehrer den Anspruch auf angemessene Bezahlung. Es ist völlig ungerechtfertigt, dass zum Beispiel Grund- und Mittelstufenlehrer/-innen schlechter bezahlt werden als andere voll ausgebildete Lehrkräfte. Wollen wir die Attraktivität des Berufs steigern und mehr junge Menschen als bisher als Pädagoginnen und Pädagogen gewinnen, muss sich etwas ändern. Wer gute Bildung will, muss auch gut bezahlen“, so Anja Bensinger-Stolze, Vorsitzende der GEW Hamburg.

Ähnlich ist es bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Gerhard Kirsch, Hamburger Landesvorsitzender: „Allein beim Einsatz zum G20-Gipfel in Hamburg sind bei den Kolleginnen und Kollegen zigtausende Überstunden angefallen. Zum Schutz zum Beispiel von Weihnachtsmärkten und Gebäuden vor Terroranschlägen müssen viel mehr Leute im Einsatz sein als früher. Das zeigt, wie stark Polizistinnen und Polizisten derzeit gefordert sind. Wir brauchen nicht nur mehr Personal, sondern auch eine wertschätzende Bezahlung und Antworten darauf, wie wir die Kolleginnen und Kollegen besser vor zu viel Belastung schützen können.“

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