Die faulen Ausreden des Herrn Lüdemann

Der justizpolitische Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion Till Steffen hat Justizsenator Carsten Lüdemann vorgeworfen, mit faulen Ausreden auf die öffentliche Kritik an seinem Umgang mit falschen Zahlen über Jugendstrafen zu reagieren.

„Die CDU hat mit falschen Zahlen Politik gemacht. Und Lüdemann hat versucht, die für sie peinliche Korrektur dieser Zahlen zu verzögern und über den Wahlzeitpunkt zu retten“, sagt Steffen.

Faule Ausrede 1:

In einem Interview hatte Lüdemann erklärt, es sei doch klar gewesen, dass ‚der Vorgang spätestens mit der nächsten Mitteilung des Statistikamtes bekannt wird’.

Diese Statistiken werden nach Auskunft des Statistikamts Nord ein Mal im Jahr nach einem bundeseinheitlichen Verfahren veröffentlicht. Dem entsprechend werden die Daten eines Jahres im August des Folgejahres an den Bund übermittelt, der Länderbericht folgt. „Lüdemann verweist also darauf, dass gegen Ende dieses Jahres ohnehin alles von selbst herausgekommen wäre. Damit räumt er seine Hoffnung ein, dass die falschen Zahlen erst nach der Wahl zum Thema würden“, so Steffen.

Faule Ausrede 2:

In einer TV-Diskussion hatte Lüdemann erklärt, man habe ‚rechtzeitig, nämlich schon im September letzten Jahres bekannt gemacht, dass seit 2003 die Zahlen verkehrt erhoben worden sind.’ Tatsächlich war in einer Antwort auf eine kleine Anfrage jedoch lediglich eine Fußnote eingefügt, in der es heißt ‚Die Anzahl der Strafaussetzungen zur Bewährung wird derzeit wegen eines Erhebungsfehlers überprüft. Insoweit ist die Nacherhebung noch nicht abgeschlossen.’ Daran war keinesfalls erkennbar, dass die Zahlen, mit denen sich die CDU jahrelang gebrüstet hatte, falsch waren.

Faule Ausrede 3:

Ebenfalls im heute veröffentlichten Zeitungsinterview hat Lüdemann angeführt, er habe mit der Antwort auf die nächste kleine Anfrage die Zahlen korrigieren wollen. Am 6.11.2007 fragte der Abgeordnete Steffen nach der auffälligen Diskrepanz zwischen Verurteiltenzahlen und der Belegung der Haftplätze. Eine Korrektur der falschen Zahlen erfolgte dennoch nicht.

SPD: „Tarnen, Tricksen und Täuschen“

Im Statistik-Skandal hat die SPD-Bürgerschaftsfraktion ihre Kritik an CDU-Justizsenator Carsten Ludwig Lüdemann und der CDU-Bürgerschaftsfraktion bekräftigt. „Statt einer umfassenden Aufklärung wird weiter nach dem Motto Tarnen, Tricksen und Täuschen gearbeitet“, sagte SPD-Innenexperte Andreas Dressel am Mittwoch. Lüdemann habe mehrmals Gelegenheit gehabt, über die Erfassungsfehler zu informieren und Fehlinterpretationen zu unterbinden. Auch die CDU-Bürgerschaftsfraktion gerate durch Aussagen ihrer justizpolitischen Sprecherin aus dem Oktober letzten Jahres verstärkt unter Druck, sagte Dressel.

Dressel wies den Versuch der Justizbehörde zurück, die „offensichtliche Täuschung der Öffentlichkeit“ mit dem Verweis auf eine Fußnote in der Antwort des Senats auf eine Anfrage vom Tisch wischen zu wollen. „Lüdemann hätte im letzten Herbst reinen Tisch machen müssen. Stattdessen wurden dem Parlament Nebelkerzen hingeworfen, wurden Anfragen an den Senat falsch, unvollständig oder ausweichend beantwortet. Der Senat hat hier eine Bringschuld. Das Parlament muss sich auf die Richtigkeit von Senatsangaben verlassen können“, sagte Dressel. Die vom Justizsenator gestern in der Sendung Schalthoff Live gemachte Einlassung, man habe auf die nächste Anfrage gewartet, um erst dann den Fehler zu korrigieren, nannte Dressel „abstrus“.

Dressel erinnerte in diesem Zusammenhang an die ihm gegebene gestrige Zusage des Justizsenators, am kommenden Dienstag in der Senatssitzung die Korrekturen von Senatsantworten auf Parlamentsanfragen zu beschließen. „Die falschen Zahlen müssen offiziell aus der Welt. Die Bürgerschaft will sich nicht weiter vom Senat belügen lassen.“

Immer mehr rückt in diesem Statistik-Skandal auch die CDU-Fraktion in den Fokus, die sich gestern in einer Presseerklärung nicht zu dem Statistik-Skandal äußerte. In mehreren Verlautbarungen, so stellt sich nun heraus, haben CDU-Abgeordnete gezielt mit der nur scheinbar verschärften Spruchpraxis der Hamburger Jugendgerichte Politik und Stimmung gemacht. Das gelte insbesondere für die CDU-Abgeordnete Viviane Spethmann. Diese hatte in einem Zeitungsbericht („Jugendrichter schlagen härtere Gangart an – Zahl der Verurteilungen steigt um 40 Prozent, Kriminalität hingegen kaum“; Die Welt Hamburg, 1. Oktober 2007) noch nach Bekanntwerden der Erhebungsfehler in der Justizbehörde erklärt: „Die vorliegenden Zahlen zeigen, dass seit 2001 Straftaten von Jugendlichen und Heranwachsenden verstärkt geahndet werden.“ Es stelle sich vor dem Hintergrund dieser Aussage die Frage, ob der Justizsenator bereits vor oder nach dem Erscheinen des entsprechenden Berichts auf die Erfassungsfehler hingewiesen habe. Es sei damit zu rechnen, dass Lüdemann den Zeitungsbericht gelesen habe. Interessant sei, zu erfahren, ob die Lektüre Konsequenzen nach sich gezogen habe.

Link zum Bericht der WELT

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