Das G 20-Gipfeltreffen in Hamburg

Die Bundesrepublik Deutschland hat turnusgemäß im Jahr 2017 den Vorsitz der Gruppe der Zwanzig (G20) inne. Die G20 versammelt die größten Industrienationen und Schwellenländer. Der jeweilige Vorsitz lädt – neben Treffen von Fachministern – auch zu einem Gipfeltreffen auf höchster Ebene ein. Der genaue Ort dieses G20-Gipfels wird vom jeweiligen Staats- und Regierungschef des Vorsitzlandes festgelegt. Das Gipfeltreffen 2017 wird auf Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg stattfinden.

Natürlich stellen sich viele Fragen zu einer solchen Großveranstaltung. Es gibt Sorgen und auch Kritik. Seit der Bekanntgabe des Treffens durch die Bundeskanzlerin am 12. Februar 2016 in Hamburg laufen die konkreten Gespräche zwischen Vertretern der Stadt und der Bundesregierung. Dabei sind sowohl die finanziellen Aspekte, als auch die Organisation, Fragen der Sicherheit und die Auswirkungen für Hamburg zu klären. Aber auch die inhaltliche Ausrichtung des G20-Treffens sowie die Möglichkeiten der Beteiligung der kritischen Zivilgesellschaft werden zur Sprache kommen.

Die Teilnehmer
Neben den G7-Ländern (USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Italien, Japan und Kanada) gehören bei G20 auch Russland, die Schwellenländer China, Brasilien, Indien, Indonesien, Argentinien, Mexiko und Südafrika sowie Australien, Südkorea, Saudi-Arabien, die Türkei und die Europäische Union zu den Teilnehmern. Darüber hinaus genießt Spanien einen ständigen Gaststatus. Zusätzlich nehmen die Chefs vieler internationaler Organisationen wie der UNO, der Weltbank, des Weltwährungsfonds, der WTO, der OECD und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) teil. Außerdem werden die Vorsitzenden regionaler Organisationen wie etwa der Afrikanischen Union (AU), des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN) und der New Partnership for Africa’s Development (NEPAD) eingeladen.

Das G20-Treffen unterscheidet sich damit deutlich vom G7-Format: Die G20-Staaten vertreten zwei Drittel der Weltbevölkerung, die für 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Welt und 80 Prozent des Welthandels verantwortlich zeichnen, während bei den G7 nur die sieben reichsten Länder der Welt zusammenkommen, die lediglich zehn Prozent der Weltbevölkerung und weniger als die Hälfte der Weltwirtschaftsleistung vertreten. Durch die Einbindung der Afrikanischen Union, NEPAD und ASEAN sowie von Vereinten Nationen und Internationaler Arbeitsorganisation in die Treffen der G20 wird sichergestellt, dass die Anliegen der übrigen Staaten, insbesondere der Entwicklungsländer, berücksichtigt werden.

In Deutschland hat sich etabliert, dass es vor jedem Gipfel einen intensiven Austausch der Bundesregierung gibt mit nationalen wie internationalen Nichtregierungsorganisationen, insbesondere zu den Themen Entwicklungspolitik und Klimaschutz.

Die politische Botschaft
Der Hamburger Gipfel wird das erste Treffen der G20 in einem Industrieland nach der Verabschiedung der Globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDG) durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen im September 2015 sein. Der Senat wirbt dafür, dass das Treffen der Staats- und Regierungschefs in Hamburg auch ein Signal für eine gerechte Gestaltung der Globalisierung aussendet.

Damit könnte der Gipfel an die Anfänge der G20 anknüpfen. Die Gründung der G20 im Jahre 1999 – damals noch auf der Ebene der Finanzminister – war eine Reaktion der G7-Staaten auf die Finanzkrise der 90er Jahre in Asien. Es wurde deutlich, dass globale Fragen nicht mehr länger nur im Kreise der Industrieländer behandelt werden konnten. Das erste Treffen fand im Dezember 1999 in Berlin statt – einige Monate, nachdem in Köln die Staats- und Regierungschefs der G7 unter Vorsitz des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder die Themen Entschuldung der Entwicklungsländer und Armutsbekämpfung auf die Tagesordnung gesetzt hatten.

Im Zuge der globalen Banken- und Finanzkrise zeigte sich, dass es auch auf Ebene der Staats- und Regierungschefs einmal im Jahr ein solches G20-Gipfeltreffen geben sollte – das ist nun seit 2008 der Fall. Auf dem Gipfel 2009 im US-amerikanischen Pittsburgh wurden umfangreiche Entscheidungen zur Re-Regulierung der internationalen Finanzmärkte und zur strikteren Bankenaufsicht verabredet. Vermehrt stehen weitere Themen auf der Tagesordnung der G20, so etwa 2010 in Seoul die Verbesserung der Entwicklungszusammenarbeit.
Das Treffen in Hamburg wird die zwölfte Zusammenkunft der G20 sein. Hamburg ist gleichzeitig die erste Stadt in Deutschland, die einen solchen G-20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs ausrichten wird. Bei den Gipfeln in Heiligendamm und Schloss Elmau kamen lediglich die G7/G8-Staaten in Deutschland zusammen.

Einschränkungen während des Gipfels
Eins ist klar: Die Erfahrungen früherer G20-Gipfeltreffen zeigen, dass es Einschränkungen und Behinderungen für die Hamburgerinnen und Hamburger geben wird. Der Gipfel ist eine diplomatische Großveranstaltung mit mehr als 6000 hochrangigen Delegierten und über 3000 nationalen und internationalen Medienvertretern. Hinzu kommen unzählige Helfer. Zusätzlich werden mehrere tausend Sicherheitsbeamte im Einsatz sein. Angesichts der vielen hochrangigen Staats- und Regierungschefs gilt für den Gipfel die Sicherheitsstufe 1. Natürlich werden sich deshalb Behinderungen und Einschränkungen im Vorfeld des Gipfels und währenddessen nicht vermeiden lassen. Wie stark diese Einschränkungen für welchen Zeitraum sein werden, wird in den anstehenden Gesprächen in den nächsten Monaten zwischen der Stadt Hamburg und der Bundesregierung und den jeweiligen Sicherheitsbehörden abgestimmt werden.

Der Senat wird die Öffentlichkeit über den Fortgang der Beratungen unterrichten und einen regelmäßigen Austausch mit der Zivilgesellschaft der Stadt initiieren. Es soll ausreichend Gelegenheit bestehen, kritische Punkte zu benennen. Hamburg ist das Tor zur Welt und eine offene Stadt, auch für Widerspruch. Wir wollen nicht zur Festung werden. Deshalb werden wir darauf dringen, dass in der Stadt auch die Kritik an G20 ihren festen Platz findet. In anderen Ausrichterstädten haben Regierungen den Dialog mit der Zivilgesellschaft gesucht, die mancherorts parallel zum offiziellen G20-Programm eigene Gipfel veranstaltet und eine kritische Bestandsaufnahme der Arbeit der G20 vorgenommen hat (Civil 20). Es wäre erfreulich, wenn dies auch in Hamburg gelänge.

Völkerverständigung an der Elbe
Hamburg „will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein“, heißt es in der Präambel unserer Landesverfassung. Dieses Anliegen lässt sich beim G20-Gipfel verwirklichen. Der Gedanke, dass sich die Staats- und Regierungschefs wichtiger Länder informell zusammenfinden und miteinander die drängendsten Weltprobleme diskutieren sollten, stammt von einem Hamburger: Helmut Schmidt. Der G20-Gipfel ist die logische Weiterentwicklung seiner Idee im 21. Jahrhundert. Er kann helfen, die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industriestaaten mit ihren Kollegen aus den größten Schwellenländern unter Beteiligung der Staatenbünde aus Afrika und Asien sowie der Chefs der Vereinten Nationen und anderer internationaler Organisationen zusammenzubringen, damit sie die drängenden Fragen der Welt miteinander besprechen.

In unserer Stadt verbindet sich die Tradition und Gegenwart des Welthandels und der Globalisierung mit der wahrgenommenen Verantwortung für die Eine Welt. Die neuen globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG) verpflichten erstmals auch die entwickelten Länder auf entsprechende Strategien; zu Recht wird von der ersten globalen Entwicklungsagenda gesprochen. Welcher Ort in Deutschland wäre besser geeignet, die Umsetzung der Entwicklungsagenda zwei Jahre nach ihrer Verabschiedung zum Thema zu machen?

Gegenwärtig gibt es weltweit unzählige Krisen, die oftmals mittelbar oder unmittelbar miteinander verbunden sind und die gemein haben, dass kein Land der Welt in der Lage ist, sie allein zu lösen. Der Klimawandel, die Krise der Weltwirtschaft und des Bankensektors, die kriegerischen Konflikte in Syrien und anderen Weltgegenden und die daraus resultierende Flüchtlingsströme sowie der Terrorismus und weltweite Epidemien sind nur einige Beispiele.

Zugleich gibt es eine wachsende Sprachlosigkeit zwischen West und Ost. Mit der Aussetzung der Teilnahme Russlands an den G7/8-Treffen fehlt es an offiziellen Gesprächskontakten zwischen Moskau und dem Westen. Kaum ein Konflikt der Welt ist allerdings ohne die Mithilfe zentraler Akteure wie Russland zu lösen. Deshalb bietet der G20-Prozess eine gute Möglichkeit, die Sprachlosigkeit zu überwinden und miteinander in Dialog zu treten.

Eine Chance für Hamburg
Für mehrere Tage wird Hamburg im Sommer 2017 in den Blickpunkt der Weltpolitik rücken. Mehrere tausend Journalisten aus aller Welt werden bei uns zu Gast sein, unsere Stadt kennenlernen und über sie berichten. Doch nicht nur zum G20-Gipfel an sich kommen viele Gäste in die Stadt: In den Wochen und Monaten zuvor werden die jeweiligen Teilnehmerländer umfangreiche Delegationen in unsere Stadt entsenden und Hamburg in all seiner Kreativität und Vielschichtigkeit für sich entdecken.

Der Gipfel der Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Staaten der Welt könnte also eine gute Gelegenheit sein, etwa das beeindruckende Engagement in Deutschland und Hamburg bei der Bewältigung der Flüchtlingsfrage praktisch zu demonstrieren. Als weltoffene und internationale Stadt, die dank des Hafens seit Jahrhunderten über Handelsbeziehungen in alle Welt verfügt und durch die Städtepartnerschaft mit St. Petersburg besonderes Vertrauen in Russland genießt, ist Hamburg ein guter Ort für eine solche Zusammenkunft.
Es entspricht dem Optimismus, der Weltoffenheit und Gastfreundschaft unserer Stadt, die Entscheidung der Bundeskanzlerin für Hamburg als Treffpunkt der wichtigsten Politikerinnen und Politiker der Welt zu begrüßen und sich im Sommer 2017 als guter Gastgeber für den G20-Gipfel zu präsentieren.

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