Neuer Gesundheitsbericht sieht erhebliche Mängel

BGV legt Bericht „Arbeit und Gesundheit in Hamburg“ vor – Betriebe beachten Risiken für die psychische Gesundheit unzureichend

Psychische Belastungen sind ein Problem für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist eine zentrale Herausforderung für den Arbeitsschutz der Zukunft, dass solche Belastungen im Arbeitsalltag erkannt und reduziert werden – so lautet ein Fazit des Berichtes „Arbeit und Gesundheit in Hamburg“, den die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) jetzt vorgelegt hat. Er liefert umfangreiche Daten und Fakten zum Themenfeld und bietet Akteuren des Arbeitsschutzes eine Grundlage für ihre Arbeit. Auch eine Befragung, die Hamburger Arbeitsschutzpartner durchgeführt haben, zeigt Handlungsbedarf zum Schutz vor psychischen Belastungen in den Betrieben.

Fast 1.200 Erwerbstätige in Hamburg wurden 2011 durch ein Marktforschungsinstitut zu ihrer Gesundheit, ihren Arbeitsbedingungen, ihrer Arbeitszufriedenheit und ihren Arbeitsbelastungen befragt. Fast 90 Prozent stufen ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut ein. Mehrheitlich sind die Befragten mit vielen Aspekten ihrer Arbeit zufrieden – zum Beispiel mit der Unterstützung durch ihre Kolleginnen und Kollegen. Bei den Arbeitsbelastungen spielt die psychische Belastung eine bedeutende Rolle, vor allem Zeit- und Termindruck sowie Störungen und Unterbrechungen.

„Die Rahmenbedingungen der Arbeitswelt müssen so gestaltet werden, dass die Gesundheit der Beschäftigten geschützt und ihr Wohlbefinden gefördert wird. Durch die Befragungsergebnisse gewinnen wir konkrete Einblicke in die Arbeitsbedingungen und die Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Hamburg“, sagt Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks.
Weitere Ergebnisse des Berichtes „Arbeit und Gesundheit in Hamburg“, auf dessen Grundlage der Hamburger Pakt für Prävention sein Rahmenprogramm zur mittleren Lebensphase entwickelt und vereinbart hat, im Überblick:

-Besonders wichtig für eine hohe Arbeitszufriedenheit ist die Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen, ein hohes Maß an Selbständigkeit und Verantwortung sowie die Möglichkeiten, eigene Fähigkeiten bei der Arbeit einzusetzen.
-Jeder dritte Hamburger Erwerbstätige ist mit seinen Aufstiegschancen, jeder vierte mit seinen Weiterbildungsmöglichkeiten unzufrieden.
-Auch gibt es offensichtlich in der Führungskultur Verbesserungspotenzial: Zwischen 20 und 25 Prozent der Befragten sind mit der Unterstützung durch Vorgesetzte, dem Führungsverhalten und der Anerkennung ihrer geleisteten Arbeit unzufrieden.
-Körperliche Belastung, zum Beispiel durch schwere körperliche Arbeit oder ungünstige Körperhaltungen sind nach wie vor für viele Beschäftigte von Bedeutung. Nur gut 40 Prozent der Befragten mit solchen hohen Arbeitsbelastungen glauben, ihre Tätigkeit bis zum Rentenalter ausüben zu können; diese Einschätzung teilen mehr als doppelt so viele, die diesen Belastungen nicht ausgesetzt sind.
-Jüngere geben häufiger als ältere Beschäftigte eine hohe körperliche und psychische Belastung an. Sie sind auch von ungünstiger Arbeitszeit – wie etwa von Nacht- oder Wochenendarbeit – überproportional häufig betroffen.

Psychische Belastungen bei der Arbeit gehören inzwischen zu den wesentlichen Ursachen für Gesundheitsgefährdungen in der Arbeitswelt und sind als wichtiges Handlungsfeld in den Betrieben angekommen. Das zeigt auch eine Befragung Hamburger Arbeitsschutzpartner: Der Unternehmensverband Nord, der Industrieverband Hamburg, die Handwerkskammer Hamburg und der Deutsche Gewerkschaftsbund wollten wissen, welchen Bedarf an Beratung und Unterstützung betriebliche Akteure für ihr Unternehmen formulieren und welche externen Angebote sie für geeignet halten, die psychische Gesundheit ihrer Beschäftigten zu fördern. Mit Unterstützung des Amtes für Arbeitsschutz der BGV, des Landesverbands Nordwest der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und dem Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV wurden 433 Unternehmensleitungen, Beschäftigte aus Personalabteilungen, Betriebs- und Personalräte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte befragt.

85 Prozent der Betriebs- und Personalräte, 78 Prozent der Fachkräfte für Arbeitssicherheit/ Betriebsärzte sowie 44 Prozent der Unternehmensleitungen/ Befragte aus Personalabteilungen formulierten in dieser Befragung einen hohen Bedarf für eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung. Unter den externen Angeboten, die psychische Gesundheit zu fördern, stehen bei den betrieblichen Akteuren eine Anlaufstelle für psychisch belastete Beschäftigte zur Vorbeugung gesundheitlicher Probleme sowie eine Anlaufstelle für Führungskräfte oben auf dem Wunschzettel. Auch dem Coaching und Training von Führungskräften, um die psychische Gesundheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu fördern, wird ein hoher Stellenwert eingeräumt.

Doch nur wenige Betriebe haben eine verbindliche Strategie, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Gefährdungen durch psychische Belastungen zu schützen. Deshalb setzt sich Hamburg für eine bundesweite Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit ein. Diese Verordnung soll den betrieblichen Umgang mit arbeitsbedingter psychischer Belastung konkretisieren und verbindlich regeln. Der Entwurf hat den Bundesrat passiert und ist der Bundesregierung zugeleitet worden.

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