Bausenator: Woher kamen die Stimmen?

Mit 67 Ja-Stimmen wurde Hamburgs neuer Bau- und Umweltsenator Axel Gedaschko heute in der Bürgerschaft gewählt. 67 Stimmen sind vier mehr, als erwartet – die CDU verfügt nur über 63 Sitze. Wer war es? Die GAL sagt, „wir nicht“, die SPD übergeht die Peinlichkeit und kommt mit ersten Sachforderungen.

Zum Ergebnis der heutigen Senatorenwahl erklärt die Vorsitzende der GAL-Bürgerschaftsfraktion Christa Goetsch: „Die GAL hat intern keinen Streit. Deshalb kann ich sicher davon ausgehen, dass aus meiner Fraktion keiner und keine der Regierung einen solchen Vorteil verschafft, um den eigenen Leuten zu schaden.

Denn eines ist klar: Wer aus den Reihen der Opposition einen Senator der CDU-Alleinregierung wählt, nützt nur der CDU und schwächt die eigenen Position.“

Der Fachsprecher für Stadtentwicklungspolitik der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Jan Quast, hat dem neuen Bausenator Axel Gedaschko zu seiner Wahl gratuliert. Gleichzeitig stellte Quast einen Forderungskatalog an den neuen Senator vor. „Die drei Jahre Freytag waren geprägt von Versäumnissen auf wichtigen Feldern der Stadtentwicklung. Freytag hat auf „Leuchtturmprojekte“ gesetzt und hat es hingenommen, dass in vielen Stadtteilen Lichter ausgegangen sind“, sagte Quast. Hamburg brauche einen Bausenator, der Wohnungsbaupolitik und soziale Stadtentwicklung ernst nimmt und eine Verkehrspolitik für alle Verkehrsteilnehmer macht. „Senator Gedaschko hat die Chance, das ihm verbleibende Jahr zu nutzen, um die Versäumnisse sein Vorgängers aufzuarbeiten. Hamburg darf nicht weiter auseinanderdriften. Wir werden ihn unterstützen, wo es gut für Hamburg ist“, sagte Quast nach der Ernennung Gedaschkos.

Der SPD-Stadtentwicklungsfachmann fordert in seinem Maßnahmenbündel unter anderem eine Kooperation der Behörden bei einer „wirklich aktiven Stadtentwicklung. Es darf nicht länger sein, dass der Bausenator dort familienfreundliche Wohnungen bauen lässt, wo die Schulsenatorin die Grundschulen dicht macht“, sagte Quast. Der Wohnungsbau müsse verstärkt werden, damit die nötige Zahl von 6000 neuen Wohnungen erreicht wird. Eine besondere Aufgabe warte am Spielbudenplatz auf den neuen Senator: „Die geplante Nutzung muss auch möglich sein – auch mit den beweglichen Bühnen. Wenn die Betreibergruppe das nicht hin bekommt, müssen Alternativen entwickelt und umgesetzt werden.“ – Die Punkte des Forderungskataloges im Einzelnen:

1. „Aktive Stadtteilentwicklung“ angehen
Alle – und nicht nur sechs – Stadtteile, in denen es besondere Probleme gibt, müssen besonders gefördert und aufgewertet werden. In solchen Förderquartieren müssen die Chancen der Menschen mit einem überdurchschnittlichen Angebot an Schulen, Kindertageseinrichtungen, an arbeitsmarktpolitischen Fördermöglichkeiten und an öffentlicher Infrastruktur systematisch verbessert werden. Die Programme „Aktive Stadtteilentwicklung“ und „Lebenswerte Stadt“ gehen zwar in die richtige Richtung. Wenn der Senat aber von 13 „Stadtteilen mit sozialen Problemlagen“ spricht, muss er auch alle fördern.

2. Stadtteilentwicklung der Behörden koordinieren
Der Senator muss dafür sorgen, dass es nicht wie in den letzten Jahren einen Abbau von sozialer Infrastruktur (z.B. Schulen, Schwimmbäder, Bücherhallen) in Gebieten mit besonderen Problemlagen gibt. Ein unabgestimmtes Nebeneinander der Politik und des Verwaltungshandelns von Stadtentwicklungsbehörde einerseits und zum Beispiel Bildungsbehörde andererseits muss endlich der Vergangenheit angehören. Darüber hinaus ist es dringend erforderlich, in Fördergebieten die Maßnahmen der Stadtteilförderung mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zu verknüpfen. Denn die Probleme in diesen Quartieren sind nicht nur unansehnliche öffentliche Räume oder ähnliches, sondern vor allem Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit der dort lebenden Menschen.

3. Wohnungsbau ankurbeln – mindestens 6000 neue Wohnungen pro Jahr In den vergangenen Jahren sind viel zu wenige Wohnungen in Hamburg gebaut worden. Der Senat hat sich weitestgehend aus der aktiven Förderung des Wohnungsbaus zurückgezogen. Bei der Bereitstellung von Wohnungsbauflächen hat der Senat kaum Erfolge vorzuweisen. Der Senator sollte sich bei seinem Vorgänger in dessen neuer Funktion als Finanzsenator dafür einsetzen, dass dieser endlich eine Abkehr vom Höchstgebotverfahren für städtische Grundstücke einleitet. Die vor einigen Monaten getroffenen Vereinbarungen mit den Verbänden der Wohnungsgenossenschaften und der freien Wohnungsunternehmen sind ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung.

4. Wohnungsbau- und Gewerbeflächen bereitstellen
Bei der Bereitstellung von Wohnungsbauflächen hat der Senat kaum Erfolge vorzuweisen. So sind von den 2002 und 2003 präsentierten 29 Wohnungsbau- und 18 Gewerbeflächen eines „Sofortprogramms“ 27 noch immer nicht abgeschlossen. Vier wurden sogar komplett aufgegeben. In nur 17 Fällen wurde der Auftrag der Sofortprogramme bereits erfüllt. Erforderlich ist eine zügigere Bereitstellung von Wohnungsbauflächen, insbesondere auf Konversionsflächen.

5. Spielbudenplatz wiederbeleben
Zusammen mit dem Bezirksamt Mitte muss der Senat eine Lösung finden, die das Herunterwirtschaften des Spielbudenplatzes verhindert. Es muss sichergestellt sein, dass dieser zentrale Platz attraktiv ist und genutzt werden kann. Die ursprünglich angedachte Nutzung – auch der beweglichen Bühnen – muss möglich sein und stattfinden. Sollte dies mit der bisherigen Betreibergruppe nicht möglich sein, muss der Senat Alternativen entwickeln und umgesetzen.

6. Zukunftsfähigen Verkehrsmasterplan erstellen
Der für dieses Jahr angekündigte Verkehrsmasterplan Hamburg 2020 wird zeigen wohin der verkehrspolitische Weg mit dem neuen Senator geht. Ähnlich wie Vorgängersenate mit ihren Verkehrsentwicklungsplänen darf der Plan nicht nur eine Auflistung vieler kleiner und größerer Einzelprojekte sein, sondern muss auch zeigen wohin es in der Hamburger Verkehrspolitik in den kommenden Jahren geht.

7. Verkehrssicherheitskonzept vorlegen
Neben dem „Verkehrsmasterplan“ muss Hamburg auch konzeptionell an die Verbesserung der Verkehrssicherheit arbeiten. Andere Bundesländer haben es vorgemacht und einen Paradigmenwechsel vollzogen, indem sie das Konzept „Vision Zero“ übernommen haben. Dieses verfolgen heute schon verschiedene europäische Länder (Schweden, Schweiz, Niederlande, Großbritannien, Finnland).

8. Schnellbahnnetz ausbauen
Senator Gedaschko wird in der Frage der Anbindung der HafenCity vermutlich die falsche Politik seines Vorgängers fortsetzen und auf eine überteuerte unterirdische Bahnanbindung setzen. Zumindest sollte er dann aber dafür sorgen, dass mithilfe einer effizienten Kostenkontrolle das Projekt nicht vollends unwirtschaftlich wird, indem die ursprünglich geplanten ohnehin schon extrem hohen Kosten am Ende noch einmal deutlich überschritten werden. Mangelndes Zeit- und Kostencontrolling wie bei der Flughafen-S-Bahn oder der Verlängerung der S 3 nach Stade dürfen sich nicht wiederholen. Darüber hinaus sind die Weichen zu stellen, um weitere Verbesserungen im Schnellbahnnetz voranzutreiben. Die versprochene Anbindung von Steilshoop und Bramfeld darf der Senat nicht weiter auf die lange Bank schieben. Eine Verbesserung auf der Strecke nach Ahrensburg und weiter nach Bad Oldesloe mithilfe einer S-Bahn muss ebenfalls planerisch vorbereitet werden.

9. Radwegealltagsnetz instand setzen und ausbauen
Nachdem in den vergangenen Jahren kaum noch Geld für den Radverkehr ausgegeben wurde, hat der Senat auch hier eine vorsichtige Kurskorrektur vorgenommen. Von den Radfahrerinnen und Radfahrern wird Senator Gedaschko daran gemessen werden, ob er für eine weitere Aufstockung der Mittel sorgen kann. Zudem ist es zwar richtig, die Radwege an den Hauptausfallstraßen und in der Nähe von Schulen zu reparieren. Bisher gilt Hamburg aber als fahrradunfreundlichste Stadt in Deutschland. Will man diesen zweifelhaften Titel loswerden, sollten die Verantwortlichen endlich auch für attraktive Fahrradverbindungen abseits der Hauptstraßen sorgen.

10. Fußgänger nicht vergessen
Berichte über Druckknopfampeln, bestärken den Eindruck, Fußgängerinnen und Fußgänger würden nicht ernst genommen. Druckknopfampeln, die den Menschen lediglich vorgaukeln, sie könnten grünes Licht anfordern, sind ebenso inakzeptabel wie Wartezeiten von bis zu 90 Sekunden. Wer möchte, dass Menschen nicht bei „rot“ über die Straße gehen, sollte die Wartezeiten auf maximal 60 Sekunden verkürzen, statt technische Spielereien wie Countdown-Ampeln zu propagieren. Hier muss der neue Senator sich im Sinne der Verkehrssicherheit zu einem Kurswechsel durchringen und diesen mit der Innenbehörde zusammen umsetzen.

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