Pensionierte Lehrkräfte unterrichten Flüchtlingskinder

Die Schulbehörde baut mit großer Energie die Schulangebote für Flüchtlinge aus. Mittlerweile besuchen über 6.000 Kinder und Jugendliche aus den Flüchtlingsunterkünften die speziellen Schulklassen für Flüchtlingskinder und -jugendliche.

Um den gestiegenen Bedarf an Lehrkräften zu bewältigen, sucht die Schulbehörde zurzeit 175 zusätzliche Pädagogen und bemüht sich außerdem darum, pensionierte Lehrer für den Unterricht in den zentralen Erstaufnahmestellen zu gewinnen. Auf das Behördenschreiben haben sich bisher rund 90 Pensionäre gemeldet, 21 davon wurden bereits eingestellt. Der Plan, erfahrene Lehrkräfte aus dem Ruhestand kurzfristig in den Schuldienst zurückzuholen, scheint aufzugehen: „Das ist ein ausgesprochen sinnvoller Job“, sagt Dr. Anne-Marie Weiß-Hartmann, pensionierte Gymnasiallehrerin. „Man kann seine Erfahrungen weitergeben und bekommt auch eine Menge zurück.“

Die ehemalige Lehrerin für Deutsch und Geschichte unterrichtet zehn Stunden pro Woche Flüchtlingskinder aus der zentralen Erstaufnahmestelle am Schwarzenberg in Harburg. Schon vorher hatte sie sich ehrenamtlich für Flüchtlinge engagiert, als Helferin in der Kleiderkammer und später als Lehrerin in der Erstaufnahme. Die Situation in den Lerngruppen ist ihr daher vertraut: Die Kinder wechseln oft, sind unterschiedlich alt und sprechen unterschiedliche Sprachen. „Für uns Lehrer ist das eine echte Herausforderung“, sagt sie. Neben der deutschen Sprache müssten die Schüler vor allem lernen, wie man in der neuen Heimat miteinander umgeht. Weiß-Hartmann: „Pünktlich sein, nicht streiten, nicht schlagen, Spielregeln einhalten – diese Wertevermittlung läuft im Unterricht mit.“

Ihr Lehrerkollege Norbert Kremeyer hat die letzten Jahre vor seiner Pensionierung die deutsche Abteilung am Lycée International im französischen Saint-Germain-en-Laye geleitet. Jetzt unterrichtet er 14- bis 15-jährige Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien, Irak und Palästina. „Als gelernter Lehrer für Deutsch und Gemeinschaftskunde hat man ja einiges an Erfahrung, das man weitergeben kann“, sagt er. Im Unterricht gibt er nicht nur Deutsch, sondern auch Landeskunde – soweit das die Sprachkenntnisse zulassen. „Man muss die Ansprüche herunterschrauben, aber dafür sind die meisten Schüler hier sehr motiviert“, so Kremeyer. Die Idee, für eine begrenzte Zeit in den Schuldienst zurückzukehren, hält er für sinnvoll. „Wenn diese Maßnahme der Integration dient, ist das eine gute Sache.“

Zurzeit werden in Hamburg 6.059 Flüchtlinge im schulpflichtigen Alter in 441 besonderen Klassen und Lerngruppen unterrichtet: 2.503 Schülerinnen und Schüler an den beruflichen Schulen, 3.556 an den allgemeinen Schulen und in den zentralen Erstaufnahmestellen der Stadt (Stand: 28.1.2016). Weitere Flüchtlingskinder haben die Vorbereitungsklassen bereits erfolgreich absolviert und besuchen den Regelunterricht an den allgemeinen Schulen. Bereits jetzt setzt die Schulbehörde insgesamt rund 470 Lehrkräfte zusätzlich für die Zuwanderer ein, 300 an den allgemeinen und 170 an den beruflichen Schulen.

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