Nachgefragt mit Reiner Hoffmann

Seit dem 15. Januar ist es offiziell: Reiner Hoffmann, 58, ist der Kandidat für die Nachfolge des DGB-Vorsitzenden Michael Sommer, er wurde von den Vorsitzenden aller acht Mitgliedsgewerkschaften vorgeschlagen. Als Nachfolger von Claus Matecki gehört er dem GBV ab 1. Februar an. Welche politischen Akzente er setzen will, skizziert er in einem ersten Überblick.

„Das Vertrauen der Gewerkschaftsvorsitzenden freut mich sehr. Ich habe großen Respekt vor den Aufgaben und den Herausforderungen. Gleichzeitig sehe ich zahlreiche Chancen, sich für eine neue Ordnung der Arbeit stark zu machen und eine gesellschaftliche Debatte über den Wert der Arbeit voranzutreiben. Diese Chancen möchte ich gern nutzen.
Der DGB und die Gewerkschaften haben in den letzten Monaten eine Menge erreicht. Die Zustimmung zu den Gewerkschaften ist enorm gestiegen. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD greift viele gewerkschaftliche Forderungen auf, vom gesetzlichen Mindestlohn über die Stärkung der Tarifautonomie bis zu Verbesserungen bei der Rente. Doch bleibt Vieles auch vage. Wir müssen weiter Druck machen – das zeigen die aktuellen Debatten um Ausnahmen vom Mindestlohn. Wir müssen darauf drängen, dass die Verabredungen aus dem Koalitionsvertrag auch tatsächlich umgesetzt werden. Und wir werden nicht aufhören, die Themen, die sich im Koalitionsvertrag nicht wiederfinden, weiter auf die politische Agenda zu setzen.

Der Mindestlohn allein reicht nicht, um gute Arbeit durchzusetzen. Die Menschen brauchen vernünftige Arbeitsbedingungen, damit sie gesund in Rente gehen können. Das gelingt am ehesten in den Betrieben, in denen Tarifverträge gelten und starke Betriebsräte gute Arbeit gestalten. Leider ist das keine Selbstverständlichkeit mehr. Immer häufiger setzen Arbeitgeber Beschäftigte unter Druck, wenn sie einen Betriebsrat gründen wollen. Längst reichen die Beteiligungsrechte von Betriebsräten nicht mehr aus, um miese Arbeit, etwa durch die Umgehung von Arbeitnehmerrechten durch Werkverträge, zu unterbinden. Betriebsräte brauchen mehr Rechte, um schlechte Arbeit zu verhindern und für gute Arbeit initiativ zu werden. Eine Reform der Betriebsverfassung ist überfällig. Bessere Arbeitsbedingungen, die Humanisierung der Arbeitswelt gehören wieder in den Fokus der Politik. Das gilt für Deutschland ebenso wie für Europa. Statt auf einen rigiden Sparkurs und den Abbau von Arbeitnehmerrechten zu setzen, muss der soziale Zusammenhalt in Europa in den Mittelpunkt der Krisenbewältigung rücken – gerade auch im Hinblick auf die Europawahlen im Mai.“

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