Morsal O.: Vorwürfe gegen das Mädchenheim

Wir haben hier vor wenigen Tagen einen Brief dokumentiert, in dem ein Schleswig-Holsteiner beschrieb, was er wenige Tage vor deren Tod mit Morsal O. erlebt hatte. Dabei ging es um ein Heim in der Nähe von Kappeln, in das seit Jahren auch aus Hamburg Mädchen geschickt werden. Ob bei der Auswahl der Unterbringung sorgfältig vorgegangen wurde, darf bezweifelt werden.

Der gleiche Mann aus der Nähe von Flensburg, der sein Erlebnis mit Morsal O. schilderte, ist hellhörig geworden – und fündig. In einem Offenen Brief an die zuständige Sozialministerin, die frühere Hamburger Staatsrätin und Leiterin des Hamburger Amts für Jugend, Gitta Trauernicht, schildert er Erstaunliches:

Offener Brief

An die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren in Schleswig-Holstein
Frau Dr. Gitta Trauernicht
Poststelle@sozmi.landsh.de

Sehr geehrte Frau Ministerin,

wie Sie sicherlich aus den Medien erfahren haben, war das spätere Mordopfer Morsal O. vorübergehend in einem Mädchenheim im Kreis Schleswig-Flensburg untergebracht.
Ich habe aufgrund eigenen Erlebens leider den Eindruck gewinnen müssen, dass die Betreuung des Mädchens scheinbar nicht optimal war.

Nun habe ich erfahren, dass ebenfalls im April diesen Jahres ein anderes Mädchen in diesem Heim untergebracht war. Es sind mir inzwischen erhebliche Zweifel gekommen, ob das Heim mit diesem Mädchen richtig umgegangen ist. Wegen dieser Angelegenheit, die mich sehr erschüttert, schreibe ich Ihnen. Um das Mädchen zu schützen, kann ich Ihnen keinen Namen nennen.

Mir wurde berichtet, dass dieses Mädchen wegen akuter Selbstmordgefährdung zur Zeit noch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Schleswig untergebracht ist. Zuvor war es mehrmals aus dem Heim weggelaufen, zuletzt in der letzten Aprilwoche. Die verantwortliche Heimleiterin hatte das Mädchen zuvor scheinbar psychisch erheblich unter Druck gesetzt.

Obwohl die Jugendliche auf der Straße gelebt und teilweise auch unter freiem Himmel übernachtet hatte, kümmerte sich das Heim nicht um das Schicksal des Mädchen, wie mir berichtet wurde.
Unter Zeugen soll die Heimleiterin gesagt haben: Die müsse erst ganz unten sein, dann komme das Mädchen schon wieder zurück ins Heim. Natürlich kann ich nicht beurteilen, ob es sich hierbei um ein pädagogisches Konzept handelt, mir scheint aber doch die Grenze zu einer strafrechtlichen Bewertung erreicht zu sein. Immer könnte der Verdacht auftauchen, dass hier eine unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB vorliegt. Zumal es sich offenkundig um eine Minderjährige handelt, die besonders schutzbedürftig ist. Zumindest mittelbar könnte auch der Tatbestand einer Körperverletzung und ein Verstoß gegen das KJHG vorliegen.

In diesem Zusammenhang habe ich auch erfahren, dass das Heim offensichtlich eine Art Bereitstellungsgebühr von ca. 100 Euro am Tag von den Jugendämtern erheben kann, wenn die Mädchen weggelaufen sind. So soll auch in dieser geschilderten Angelegenheit eine Abrechnung bis zur erneuten Aufnahme des Mädchens möglich sein. Bei einer nicht vollständigen Auslastung des Heims kann es meiner Ansicht nach auch zu einem wirtschaftlichen Anreiz kommen, sich nicht um die betreute Jugendliche zu kümmern, sondern sie ihrem Schicksal zu überlassen. Es wäre in meinen Augen zu prüfen, ob diese Regelung sinnvoll sein kann.

Nun ist im Gespräch, dass dieses Mädchen ab Montag wieder in dieses Heim gebracht werden soll. Das zuständige Jugendamt in Kiel hat nur wieder dieses Heim angeboten. Das Mädchen möchte aber aufgrund Ihrer Erfahrungen nicht wieder in dieses Heim zurück. Diese Vorgehensweise erinnert sehr stark an die Ereignisse in Hamburg. Es handelt es sich um eine besonders schutzbedürftige Jugendliche.

Wegen der Angelegenheit habe ich dann gestern Nachmittag den zuständigen Mitarbeiter der Heimaufsicht in Ihrem Haus angerufen. Er sagte mir, dass die Heimaufsicht die pädagogischen Konzepte von Heimen nicht überprüft. Die Jugendlichen dürften aber natürlich nicht geschlagen werden. Den Fall konnte ich ihm aber leider nicht schildern und ihm nicht den Namen sagen. Er erklärte mir, dass Außenstehende Namen von Zeugen nennen müssten. „Dann kommt meistens nichts mehr“, so sagte er mir. Er würde dann das Heim zu einer schriftlichen Stellungnahme auffordern, unter Nennung der Beschwerdeführenden. Wenn es sich um strafrechtlich relevante Dinge handeln würde, würde er diese an die Staatsanwaltschaft abgeben. Damit hatte ich aber nichts anfangen können, da ich von diesen Dingen nur mittelbar erfahren habe. Ich gehe also davon aus, dass der Angelegenheit nicht nachgegangen wird. Ich halte es aber für dringend erforderlich, dass das Heim auch vor Ort überprüft wird.

Ich möchte Sie daher bitten, sich dafür einzusetzen, dass der Sache nachgegangen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Ein Gedanke zu „Morsal O.: Vorwürfe gegen das Mädchenheim“

  1. Ich schreibe den Kommentar weil ich den Artikel von U. Mitzinger im Abendblatt gelesen habe. Ich hatte 2 Töchter in dem Heim. Die Vorgehensweise des JA war lt. Aussage meines Anwalts nicht korrekt. Sie massten sich Entscheidungen an die nur ein Richter kann. Ich bin froh das endlich einer aufgewacht ist, es ist dringend nötig den Mädchen zu helfen. Ich habe meine Töchter rausbekommen. Was ich von denen gehört habe,bringt Alpträume.Unsere Familie kann ja nicht die einzige sein.Bitte nicht aufgeben Herr O.!!! Eine meiner Töchter geht auch in ihre Schule, sie kennen sie. Auch gegen die Gottgewalt der JA muss was getan werden.Dringende medizinische Weiterbehandlunen meiner Töchter wurden auch nicht gemacht in dieser Einrichtung, trotz Bitte meinerseits.Darunter leidet eine der beiden heute noch.Es muss jetzt gemacht werden. BITTE,NICHT AUFGEBEN!!! SICH NICHT BLENDEN LASSEN!!! GUT DAS ES SIE GIBT!!! DIE MÄDCHEN BRAUCHEN SIE!

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