Klagen gegen Wahlrechtsraub

WAHLphotocase.jpegDie Bürgerschaftsfraktionen von SPD und GAL haben heute ihre Normenkontrollklage gegen die von der CDU-Bürgerschaftsfraktion vollzogene Änderung des Hamburger Wahlrechts beim Hamburgischen Verfassungsgericht eingereicht – gemeinsam mit einer Organklage, die die Wahlrechtsinitiative verantwortet.

„Damit hat sich ein breites Bündnis zusammengefunden, das den Volksentscheid verteidigen will – nicht nur politisch, sondern eben auch vor Gericht“, erklärten die beiden Wahlrechtsexperten von SPD und GAL, Dr. Andreas Dressel und Farid Müller. „Wir tun damit alles, was in unserer Macht steht, um den CDU-Angriff auf das Wahlrecht zu vereiteln.“

Die beiden Fraktionen werden vom renommierten Wahlrechtsexperten und ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Ernst Gottfried Mahrenholz, vertreten; die Wahlrechtsinitiative vom ehemaligen Bundesverfassungsrichter Dr. Jürgen Kühling. Die Zeitschiene der beiden Klagen ist eng: Ab 17.März 2007 dürfen die Parteien mit der Kandidatenaufstellung nach dem neuen Wahlrecht beginnen.

Die SPD-Fraktion hatte zuvor mit ihrem einstimmigen Votum den Weg für eine gemeinsame Normenkontrolle frei gemacht. „Dass hier ein eklatanter moralischer Verfassungsbruch durch CDU-Fraktion, CDU-Landespartei und CDU-Bürgermeister vorliegt, ist keine Frage. Jetzt geht es darum, zu klären, ob das Vorgehen der CDU auch rechtlich die Verfassung verletzt“, erklärte Dressel.

Ansatzpunkte gäbe es hierfür mehrere, insbesondere „da der CDU-Gesetzesentwurf handwerklich schlecht gemacht und von Täuschungsmanövern durchsetzt ist. Ich sehe zum Beispiel gute Chancen, dass die 30-Prozent-Hürde, mit der die CDU das Auswählen der Kandidaten in den Wahlkreisen faktisch wieder abschafft, einen Verstoß gegen die anerkannten Wahlrechtsgrundsätze des Bundesverfassungsgerichts darstellt.“

Politisch sei diese sog. „Relevanzschwelle“ ohnehin Volksverdummung, da die Bürger zwar weiterhin formal fünf Wahlstimmen hätten, aber letztlich keine mandatsrelevanten Veränderungen mehr herbeiführen könnten. Auch die sog. Berlusconi-Klausel, die in bestimmten Konstellationen einer einzelnen Partei Zusatzmandate zum Erreichen der absoluten Mehrheit verschaffen soll, habe „mehr als nur ein Geschmäckle, sie sollte rechtlich überprüft werden“, so Dressel.

Die GAL-Fraktion hatte durch ein Vorgutachten zentrale Argumente für eine verfassungsgerichtliche Auseinandersetzung geliefert. Hieran knüpft die heutige Klage an. So erfülle die Änderung des Wahlgesetzes nicht die Kriterien, die das Hamburger Verfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser als Voraussetzung für die Missachtung eines Volksentscheids verlangt.

Mit der Änderung des Wahlgesetzes in dieser Legislaturperiode verletze die Bürgerschaft den Grundsatz der Organtreue gegenüber dem Volksgesetzgeber. Es fehle insbesondere die erforderliche Auseinandersetzung und Abwägung mit den Zielen des Volkswahlgesetzes: Die CDU-Novelle erwecke in seiner Begründung irreführend den Anschein, als blieben der Kern und die Ziele des vom Volk beschlossenen Gesetzes mit der Novelle unverändert, während in Wirklichkeit dieser Kern vollständig verändert wird.

Müller: „Mit der Änderung des Volkswahlrechtes hat die CDU Verfassungsbruch begangen. Die völlige Entmachtung der Wähler zugunsten der Parteien, wird von der CDU versucht zu vertuschen. Das Verfassungsgericht muss nun prüfen, ob das Volk so um seinen Volksentscheid betrogen werden darf.“

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