Kita und Schule verzahnen!

06_0614PaulMarieKL.jpgDie Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, AGFW, begrüßt die aktuelle Diskussion um frühkindliche Bildung. Aus ihrer Sicht müsse es in dieser Auseinandersetzung jedoch in erster Linie um eine engere Verzahnung von Kita und Schule gehen mit dem Ziel, dass Kita und Grundschule als gleichwertige Bildungseinrichtungen aufeinander aufbauen. Eine frühere Einschulung sei der falsche Weg.

Die AGFW reagiert damit auf den Vorschlag des Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten und Jugendpolitikers Marcus Weinberg, „Kita und Schule unter ein Dach“ zu bringen. Zuvor hatte bereits der Hamburger SPD-Vorsitzende Dr. Mathias Petersen die bildungspolitische Debatte ausgelöst, indem er forderte, Kinder bereits im Alter von fünf Jahren einzuschulen.

Die AGFW kritisiert bei den politischen Überlegungen zur frühkindlichen Bildung den Ansatz, frühe Bildung mit immer früherer Einschulung erreichen zu wollen. „Die aufrüttelnden Ergebnisse der PISA-Untersuchungen haben nicht den Kitas, sondern vielmehr den weiterführenden deutschen Schulen schlechte Noten ausgestellt“, so Gabi Brasch, Vorsitzende des Fachausschuss Jugendhilfe der AGFW. Darauf mit immer früherer Einschulung zu reagieren, sei eine kaum nachvollziehbare Antwort.

Dies belegen u.a. Untersuchungen der TU Darmstadt aus dem vergangenen Jahr. Die Analyse der IGLU-Daten (Internationale-Grundschul-Lese-Untersuchung) unter dem Gesichtspunkt der Frühein-schulung/Späteinschulung ergab: Früh eingeschulte Kinder kommen im vierten Schuljahr in den Iglu-Aufgaben zu deutlich schlechteren Ergebnissen als spät eingeschulte Kinder Sie bestätigen damit die Ergebnisse des groß angelegten Früheinschulungsversuchs in der Mitte der 70er Jahre in NRW (1970-77).

Wichtig sei deshalb vielmehr ein politisches Signal, die beispielgebenden Bildungswege von Kitas und Grundschulen besser zusammenzuführen. Dafür sei das letzte Jahr vor der Einschulung in besonderer Weise geeignet.

Die AGFW schlägt deshalb vor, alle Hamburger Grundschulen mit jeweils einer halben Personalstelle für Kooperationsaufgaben auszustatten. Aufgabe dieser Stellen sollte sein, zusammen und in gemein-samer Verantwortung mit den umliegenden Kitas im Quartier flexible Übergänge im Sinne einer „offe-nen Eingangsstufe“ zwischen dem fünften und siebten Lebensjahr zu entwickeln, Angebote für die Altersgruppe der Fünfjährigen in Grundschulen und Kitas zu gestalten und gemeinsame Qualifizie-rungsveranstaltungen für Lehrerinnen und Erzieherinnen anzubieten. Dieser Prozess muss aus Sicht der AGFW qualifiziert begleitet und evaluiert werden.

Ein bloßes Vorziehen der Einschulung bereits mit fünf Jahren löst dagegen kein bestehendes Prob-lem. „Im Gegenteil“, so Brasch weiter, „damit verschieben wir die Bruchstelle nur ein weiteres Jahr nach vorne.“ Auch die Argumentation, Bildung müsse früher beginnen, hält die AGFW in der bisher diskutierten Form für fachlich unangemessen.

„Inzwischen weiß doch wirklich jeder, dass die entscheidenden Bildungsjahre bereits vor dem fünften Lebensjahr liegen.Sinnvoll wären deshalb Investitionen in den freien Kita-Zugang – gerade auch für Kinder bildungsferner und/oder benachteiligter Elternhäuser –, die Stärkung der Elternkompetenz, angemessene Vor- und Nachbereitungszeiten – analog zu den Schulen – für das Personal in den Kitas und gemeinsame, qualifizierte Ausbildungsgänge für alle ElementarpädagogInnen.“

Kitas sind aus Sicht der AGFW die wohnortnahen, räumlich und personell besonders geeigneten Bildungsorte für Kinder in den ersten Lebensjahren. Ihre Ziele und Methoden orientieren sich an den Hamburger Bildungsempfehlungen. Die Umsetzung ist unmittelbar ausgerichtet auf die individuellen Interessen und Entwicklungserfordernisse der Kinder. Diesen Ansatz konsequent im Sinne gelingen-der Übergänge weiterzuentwickeln, ist jeder weiteren Verschulung der ersten Lebensjahre vorzuziehen.

„Interessant sei“, so Brasch abschließend, „in diesem Zusammenhang auch ein Blick über den eige-nen Tellerrand: So schule der ´PISA-Sieger`Finnland seine Kinder erst mit sieben Jahren ein!“

Die AGFW ist ein Zusammenschluss der Hamburger Wohlfahrtsverbände (Arbeiterwohlfahrt, Caritas-verband, Paritätischer Wohfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk und Jüdische Gemeinde). Die Wohlfahrtsverbände und ihre Mitgliedsverbände bieten rund 21.000 Plätze in der Kindertagesbetreuung an.

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