Immer mehr Teilzeitbeschäftigung

Mit Skepsis begleitet der DGB Hamburg die Begeisterung über den Anstieg sozialversicherungspflichtiger Stellen bei gleichzeitigem Durchbrechen der 200 000er -Grenze der Hartz IV-Empfänger und warnt vor „Prekarisierung der Beschäftigung“.

„Auch wenn es sich um sozialversicherte Beschäftigung handelt, muss man die Qualität und Entlohnung dieser Jobs hinterfragen“, sagt Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg. „Vielfach ist wohl nach dem Motto ,Aus eins mach‘ zwei‘ verfahren worden – die Anzahl der Vollzeitstellen in Hamburg ist zu Gunsten von Teilzeitstellen kontinuierlich gesunken.* Auch die Bezahlung lässt vielerorts zu wünschen übrig, denn die Lohnsteuerquote sinkt trotz des Beschäftigungszuwachses. Die meisten neuen Jobs entstanden in klassischen
Niedriglohn-Branchen wie Dienstleistung und Gastgewerbe. “

Neue Arbeitsstellen seien nur dann zu bejubeln, wenn sie den Menschen auch ein Einkommen garantieren, mit dem sie ihr Auskommen haben, so Hamburgs DGB-Vorsitzender – mit Billigjobs im Niedriglohnsektor bleiben sie u.U. auf staatliche Transferleistungen angewiesen. „Deshalb fordern wir weiterhin vehement den Mindestlohn als untere Reißleine für Branchen ein, in denen derzeit Armutslöhne von fünf bis sieben Euro pro Stunde gezahlt werden.“

Während sich die Gesamt-Arbeitslosenquote in Hamburg von 10,8 Prozent im August auf 10,6 Prozent im August (bundesweiter Durchschnitt: 10, 1 Prozent) reduziert hat, durchbricht die Zahl der Hartz IV-Empfänger erstmals die 200 000er – Grenze.

„Ein Armutszeugnis für eine der reichsten Städte Europas“, sagt Erhard Pumm, „trotzdem vernachlässigt der Senat die aktive Arbeitsmarktpolitik, verschiebt sogar Gelder, die den Erwerbslosen direkt zukommen sollten in die Wirtschaftsförderung.“

Da bisherige Senats-Konzepte zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit versagt haben, erneuert der DGB seine Anregung, Ein-Euro-Jobs durch einen öffentlich geförderten zweiten Arbeitsmarkt mit sozialversicherungspflichtigen Stellen auf der Basis von 7,50 Euro zu
ersetzen. „So kann man der Verdrängung regulärer Stellen entgegenwirken und ALG II-Empfängern eine Perspektive geben“, schlägt Erhard Pumm vor.

Claudia Falk

*So gab es 1977 in Hamburg 668 120 sozialversicherte Vollzeitbeschäftigte und
75 130 Teilzeitler, im Jahr 1988 betrug das Verhältnis schon rund 636 700 zu
86 800 und im Jahr 2005 arbeiteten nur noch 612 569 Hamburger
sozialversichert in Vollzeit und fast 126 000 in Teilzeit. (Quelle:
Statistikamt NORD)

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