Hortausbau: SPD kritisiert „Luftbuchungen“

Fünf sogenannte Pilotschulen sind im laufenden Schuljahr mit rund 600 SchülerInnen in die sogenannte Hortreform gestartet. 80 weiteren Schulen hat der Senat angeboten, im kommenden Jahr zu folgen. Ziel sei es, allen SchülerInnen die Ganztagsbetreuung anzubieten und das „Sondersystem Hort“ nicht weiter parallel auszubauen. Das gaben die Bildungs- und die Sozialbehörde heute bei einer gemeinsamen Pressekonferenz bekannt.

Die Einführung geschieht auf freiwilliger Basis, d.h. Elternrat, Schulkonferenz und der Hort-Träger müssen zustimmen. Dafür stehen angeblich 35 Millionen EUR für Um- und Anbauten zur Verfügung, vor allem für Multifunktions- und Essräume. Die Opposition hält diese 35 Millionen EUR allerdings für eher fiktiv – sie seien zwar ehemals für den Hortausbau zurückgestellt, inzwischen aber weitgehend ausgegeben worden (s.u.).

Die Betreuungsfrequenzen sollen analog zur Grundschule sein (KESS 1+2: 19 SuS, KESSS 3-6: 23 SuS); allerdings seien die Frequenzen in der Praxis oft geringer, da nicht alle Schülerinnen und Schüler an allen Tagen präsent seien und die Angebote u.a. von Musikschulen, Sportvereinen und Jugendhilfeeinrichtungen
einbezogen würden.

Die Betreuung ist von 13 bis 16 Uhr kostenlos, allerdings muss ein Essensgeld bezahlt werden. Zusätzliche Betreuung vor 8 und zwischen 16 und 18 Uhr sowie in den Ferien ist kostenpflichtig (und wohl auch teuer).

Das kritisiert die SPD:

Senates Wunsch und Hamburgs Wirklichkeit

Zum geplanten Ausbau der ganztägigen Betreuung in der Schule äußern sich die kinder- und jugendpolitische Sprecherin Carola Veit und der Schulexperte Ties Rabe zurückhaltend. Rabe: „Die Idee des Hortausbaus ist gut, doch an den kritischen Punkten hat sich seit der ersten Vorstellung der ‚Hortreform‘ nichts geändert.“

„Ganztagsschule light“

In der Senatsdarstellung gibt es die ideale Ganztagsschule mit hervorragenden Räumlichkeiten und Bedingungen schon, dies entspreche aber in der Regel nicht der Wirklichkeit an Hamburgs Schulen. Vorgesehen sei auch eine Verzahnung von Vor- und Nachmittag. Veit: „Dies findet aber an den Modellstandorten gar nicht statt. Dort ist vormittags Unterricht, nachmittags Betreuung durch Hortkräfte und Helfer. Das hat mit Ganztagsschule nicht das mindeste zu tun und ist auch kein qualitativer Gewinn, außer dass Wegezeiten wegfallen.“

Zudem werde der bisherige Betreuungsschlüssel für Hortkinder massiv verschlechtert. „Dass der Senat da von einer Verbesserung spricht, grenzt schon an Sarkasmus“, so Veit. Die Lieferung von Essen aus Großküchen, weil vor Ort weder Küchen-Kapazitäten noch das entsprechende Personal vorhanden ist, sei ebenfalls kein Fortschritt. „Was in Wirklichkeit passiert, ist eine „Ganztagsschule light“ zu schlechten Bedingungen“, so der Abgeordnete Rabe. Weiter führt er aus, dass sämtliche Probleme zwischen Schulen und Hortträgern ausgeräumt werden müssten.

„Die Bedingungen werden schlechter und die Eltern müssen mehr zahlen“

Veit kritisiert weiter: „Was die Behörden derzeit vor allem schaffen, ist maximale Unruhe für alle. Bestehende Horte wissen nicht, wie lange sie unter welchen Bedingungen weiter arbeiten können. Eltern, die für sich eine gute Lösung gefunden haben, bangen um die Betreuung ihrer Kinder: Unter all dem leiden die Qualität und die Bildung.“

Hinzu komme, dass der Senat seine Planungen (insgesamt sollen 10.000 Kinder mehr betreut werden) offenbar weiterhin kostenneutral umsetzen wolle. „Hier ist ja bereits die nächste Gebührenerhöhung geplant. Ferien – und Randbetreuung vor 8 und nach 16 Uhr sollen nämlich wesentlich teurer als bisher werden“, kritisiert Veit.

„Vorgesehene Mittel für andere Projekte ausgegeben“ – 28 Mio. € fehlen bereits

Die SPD-Fraktion wirft dem Senat zudem eine unverantwortliche Finanzplanung vor. Für das Vorhaben „Betreuungsprogramm Schule und Kita – Hort in der Schule“ waren ursprünglich insgesamt Investitionen von 35 Millionen Euro aus Konjunkturmitteln eingeplant. Noch im November letzten Jahres hieß es, diese würden in voller Höhe für die Schaffung von Gemeinschaftsflächen im Zusammenhang mit der verlässlichen Betreuung an Primarschulen eingesetzt.

80% dieses Geldes hat der Senat aber inzwischen zweckentfremdet. So sind Mittel in Höhe von 28.521.660 EUR in andere Maßnahmen umgeschichtet worden (Drs. 19/7233), so zum Beispiel „Aula Jugendmusikschule“, „Sanierung von Lehrschwimmbecken“, „Haus der Lehrerbildung“, „Sportstadt Hamburg“, „Maßnahmen des HIBB“.

Nach Aussagen des Senats soll der Hortausbau nun aus dem „Sondervermögen Schulbau“ erfolgen. Die SPD-Politiker Veit und Rabe: “Dort ist für dieses Vorhaben aber derzeit kein einziger Euro vorhanden.“

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