Hochschule: Neu – trotz Senatorin auf Abruf?

Der heute vorgelegte Bericht zur Evaluation des Hochschulgesetzes bestätigt in weiten Teilen Kritik der Opposition. Allein: Veränderungen werden derzeit nicht erwartet – die amtierende Wissenschaftssenatorin gilt als Senatorin auf Abruf.

In einer ersten Stellungnahme erklärt Daniel Lentfer, Vorsitzender von CampusGrün: „Das Ergebnis der Evaluation ist unterschiedlich zu bewerten. Wir begrüßen, dass unterhalb der Fakultätsebene wieder Selbstverwaltungsgremien eingeführt werden können. Es ist gut, dass die Kommission auf unsere Forderung eingegangen ist und die/den PräsidentIn nach einer hochschulöffentlichen Anhörung vom Akademischen Senat wählen lassen will. Es ist enttäuschend, dass die mögliche Abwahl der/des PräsidentIn nicht berücksichtigt wird, zeigte sich hier doch besonders deutlich das Scheitern der Hochschulautonomie.“ Katja Weiden, Vorstandsmitglied, ergänzt: „Über die strukturellen Fragen hinaus, die Gegenstand der Evaluation waren, sehen wir weitergehenden Änderungsbedarf am Hochschulgesetz, beispielsweise die Einführung eines Tenure Track Verfahrens für JuniorprofessorInnen. Das derzeitige Studiengebührenmodell verstärkt die soziale Selektivität im Bildungssystem und muss dringend angeschafft werden.“

Dorothee Stapelfeldt, hochschulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, zum heute vorgestellten Bericht zur Evaluation des Hochschulgesetzes: „Nach einer ersten Prüfung bietet der Bericht die Grundlage für einen Neuanfang, die nicht vertan werden sollte.“ „Allerdings ist völlig ungewiss, durch wen das Wissenschaftsressort künftig im Senat vertreten wird. Senatorin Gundelach hat inzwischen den Rückhalt in der schwarz-grünen Koalition verloren, sie ist eine Senatorin auf Abruf“, so Stapelfeldt.

Stapelfeldt sieht sich zudem in ihrer Kritik an dem Wahlverfahren für die Hochschulpräsidien bestätigt. Die SPD-Fraktion habe bereits vor einem Jahr in einem von CDU und GAL seinerzeit abgelehnten Bürgerschaftsantrag gefordert, unabhängig von der grundsätzlich zu hinterfragenden Rolle der Hochschulräte, in einem ersten Schritt die Zuständigkeiten zwischen Hochschulrat und Hochschulsenat zu drehen. Die Kommission komme nun zu genau diesem Ergebnis: Die Präsidenten der Hochschulen sollen zukünftig vom Hochschulsenat gewählt und vom Hochschulrat bestätigt werden.

„Wie die Senatorin angesichts dieses Vorschlags und anderer weitgehender Änderungen zu der Aussage kommen kann, der Bericht stelle dem bisherigen Hamburgischen Hochschulgesetz ein positives Zeugnis aus, wird ihr Geheimnis bleiben.“

Die SPD-Fraktion fordert:

1. Die Verantwortung über ihre Geschicke muss bei den Hochschulen selbst liegen. Demokratische akademische Selbstverwaltungsmöglichkeiten sind wiederherzustellen.

2. Die Hochschulräte sollten zu Beiräten mit beratender Funktion für demokratisch legitimierte Hochschulgremien und Funktionsträger werden.

3. Die Hochschulgremien müssen wieder die Entscheidungskompetenz über grundlegende Fragen wie die Wahl der Hochschulpräsidenten und Kanzler der Hochschulen, die Struktur- und Entwicklungspläne und die Wirtschaftspläne erhalten.

4. Unterhalb der Fakultätsebene sind weitere Ebenen der Mitbestimmung zu schaffen.

„Wir werden die nächsten Monate nutzen, um mit den Hochschulen über unsere Vorschläge zu sprechen“, so Stapelfeldt.

Die Kommission habe einige gute Vorschläge unterbreitet, die aber notwendigerweise an einigen Stellen halbherzig bleiben mussten. „Grund dafür ist der von der Wissenschaftsbehörde formulierte Auftrag an die Kommission, aus dem ersichtlich ist, dass die Behörde an den Grundsätzen des Drägerschen Gesetzes nichts ändern möchte“, so Stapelfeldt.

„Es ist deshalb zu befürchten, dass die faktische Abschaffung der akademischen Selbstverwaltung der Hochschulen durch Herrn Dräger beibehalten wird, mithin sich an Entdemokratisierung, Intransparenz und unklaren Zuständigkeiten in den Hochschulen auch nach einer Novellierung des Hochschulgesetzes nicht viel zum Positiven wenden wird“, so Dorothee Stapelfeldt.

Hochschulgesetz evaluiert: Hochschulrat wird entmacht, LINKE fordert Abschaffung

In dem Bericht untersucht die Kommission die in den letzten Jahren eingeführten Strukturen und Gremien. Zu den Ergebnissen der Untersuchung zählt eine umfassende Entmachtung des Hochschulrats und eine Rückkehr zur Gremienuniversität. DIE LINKE begrüßt, dass die Kommission vorschlägt, dem Hochschulrat Aufgaben zu entziehen, bleibt aber bei der lange erhobenen Forderung dieses Gremium abzuschaffen.

Dora Heyenn, Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin, erklärt dazu: „Der Hochschulrat soll ‚entlastet‘ werden, weil er nach Aussagen von Prof. Schulze bestimmte Dinge ‚einfach nicht kann‘. Die Frage ist, was kann der Hochschulrat eigentlich? Empfohlen wird eine umfassende Entmachtung. Die Richtung stimmt zwar, aber leider ist die Kommission auf halbem Wege stehen geblieben: Der Hochschulrat gehört abgeschafft.“

Dem Hochschulrat sollen den Empfehlungen zufolge wesentliche Aufgaben entzogen werden. Er ist nicht mehr für die Kandidatenfindung und die Wahl des Präsidenten zuständig. Er muss die Wahl durch den Akademischen Senat zukünftig nur noch bestätigen. Auch die alleinige Verantwortlichkeit für die Struktur- und Entwicklungspläne wird ihm entzogen. Bei der Mittelvergabe hat der Akademische Senat in Zukunft ein stärkeres Gewicht. Damit ist dem Hochschulrat faktisch die Legitimität entzogen.

„Es scheint wieder eine Rückkehr in Richtung der viel kritisierten Gremienuniversität zu geben. Dabei schränken die aktuellen Studienbedingungen die Partizipation der Studierenden stark ein. Die vollgepackten Stundenpläne und die kurze Studiendauer des Bachelor- und Mastersystems sowie die Studiengebühren sorgen dafür, dass Studierenden keine Zeit für Beteiligung bleibt. Entweder wird studiert, oder das Geld für das Studium ran geschafft, da bleibt wenig Zeit für andere Dinge. Die Verstärkung der Gremienarbeit für Studierende begrüßen wir sehr, sie ist aber nur umsetzbar, wenn die Studiengebühren abgeschafft werden“, schließt Heyenn.

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