Hamburg sorgt nicht für die Sicherheit seiner Kinder

Als die jugendpolitische Sprecherin der SPD, Carola Veit, dem Senat vergangene Woche in der Bürgerschaft vorwarf, dass der Senat nicht dafür sorge, dass Kinder und Jugendliche in seiner Obhut nicht wirksam geschützt werden, erntete sie Empörung. Jetzt steht fest: Mindestens 290 Kinder und Jugendliche, die durch staatliche Hilfen geschützt werden sollten, wurden allein im vergangenen Jahr entweder Opfer von Gewalt, oder sie begingen selbst Straftaten, oder beides kam zusammen. Das brachte eine Kleine Anfrage ihres Fraktionskollegen Thomas Böwer ans Licht.

„Eine Senatsantwort offenbart 290 Fälle, in denen betreute Kinder und Jugendliche Opfer von Gewalt wurden oder selbst Straftaten begingen. Dabei kam es auch zu zahlreichen sexuellen Übergriffen. Die SPD wirft dem Senat schwere Versäumnisse im Bereich der Hilfen zur Erziehung vor und fordert Konsequenzen“, berichtet die WELT.

Dabei geht es in der Antwort nur um Fälle, die bekannt sind – über die Dunkelziffer kann man nur spekulieren. Sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe oder sexuelle Belästigung sind die Spitze des Eisbergs. Jugendliche wurden im Jahr 2008 trotz staatlicher Betreuung Opfer einer Vergewaltigung, Kleinkinder wurden sexuell missbraucht.

Dabei geht es nicht um Versäumnisse eines einzelnen Jugendamts. Die Fälle, die jetzt aufgelistet wurden, fanden in mehreren Bezirken statt – und es hat offenbar nichts damit zu tun, wie die jeweiligen politischen Mehrheiten zusammengesetzt sind. Offenkundig ist das ganze System der Jugendhilfe höchst störanfällig.

Genau dies hatte die SPD – und bis zur letzten Bürgerschaftswahl auch die GAL – stets vermutet: Die Jugendhilfe ist in Hamburg inzwischen derart kleinteilig verzettelt, dass es immer wieder zu gravierenden Fehlern kommt. Und dabei hilft es wenig, dass 290 bekannte Fälle angesichts 90.000 irgendwie betreuter Kinder und Jugendlicher nur einen geringen Prozentsatz bedeuten. Es kommt darauf an, dass jedem einzelnen Kind oder Jugendlichen adäquat geholfen wird – wer sich in die Obhut des Staates begibt, muss sich darauf verlassen können, dass er sicher ist.

Nach dem Tod der kleinen Jessica aus Jenfeld hatte Bürgermeister Ole von Beust versichert, dass künftig „kein Kind mehr durchs Rost fallen“ sollte. Das war zwar ein schreckliches Bild – durchs Rost kann nur fallen, wer vorher auf dem Rost liegt. Aber die Realität toppt diese verbale Entgleisung meilenweit!

Man darf gespannt sein, ob der zuständige Senator Wersich bereit ist, persönliche Konsequenzen zu ziehen.

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