Hamburg erkennt ausländische Abschlüsse an

Fachkräfte sind eingeladen: Der Senat legt ein eigenes Gesetz zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse und Berufsqualifikationen vor. Hamburg stärkt so die Willkommenskultur für qualifizierte Zuwanderer.

Mit Blick auf den drohenden Fachkräftemangel hat die Bundesregierung insbesondere Menschen, die aus nichteuropäischen Ländern stammen, die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen erleichtert. Wer einen Berufs- oder Studienabschluss im Ausland erworben hat, erhält seit dem 1. April 2012 einen Rechtsanspruch auf Bewertung seiner Qualifikation, und zwar innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten. Der Hamburger Senat begrüßt diesen Schritt der Bundesregierung. Jetzt hat die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) gemeinsam mit der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) auch auf Landesebene neue Regeln für Berufe geschaffen, die in die Zuständigkeit der Freien und Hansestadt Hamburg fallen – etwa für Ingenieure, Erzieher oder Lehrer.

„Mit dem Hamburgischen Anerkennungsgesetz wirken wir nicht nur dem drohenden Fachkräftemangel entgegen, sondern geben den hier lebenden Zuwanderern die Chance, ihren erlernten Beruf in Hamburg auszuüben, um die Existenz für sich und ihre Familien dauerhaft zu sichern“, betont Sozialsenator Detlef Scheele (SPD). „Damit geben wir diesen Menschen neue Perspektiven und das Gefühl, dass sie bei uns in Hamburg willkommen sind und als Fachkräfte gebraucht werden. Das Hamburgische Anerkennungsgesetz ist ein klares Bekenntnis zu einer Willkommenskultur!“

„Deutschland kann es sich nicht länger leisten, auf qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber mit ausländischen Berufsabschlüssen zu verzichten, nur weil die Anerkennungsverfahren komplex sind und die Verfahrensabläufe zu lange dauern“, erklärt Ties Rabe, Senator für Schule und Berufsbildung und Präsident der Kultusministerkonferenz. „Unter Federführung der Kultusministerkonferenz haben die Länder nach sehr kurzer und intensiver Beratung die Weichen für die rasche Umsetzung des neuen Gesetzes gestellt.“

Jetzt hat der Senat ein Hamburgisches Gesetz über die Anerkennung bestimmter ausländischer Berufsqualifikationen (HmbABQG) im Entwurf vorgelegt, mit dem sich die Bürgerschaft voraussichtlich noch vor der Sommerpause befassen wird. Denn das Bundesgesetz verbessert die Anerkennungssituation nur für bundesgesetzlich geregelte Berufe. Für landesrechtlich geregelte Berufe wie Lehrer, Erzieher und Ingenieure fehlt dem Bund die Gesetzgebungskompetenz. Erforderlich sind daher korrespondierende Landesgesetze, die die gleichen Ansprüche und Verfahren für alle landesrechtlich geregelten Berufe schaffen

Der hamburgische Entwurf schreibt einen Beratungsanspruch vor

Im Gegensatz zum Bundesgesetz ist im Entwurf des Hamburger Landesgesetzes ein Beratungsanspruch fest verankert. Ein Anerkennungsverfahren ist ein komplexer Prozess, der bereits bei der Bestimmung des maßgeblichen deutschen Referenzberufs anfängt, an dem die ausländische Qualifikation gemessen wird. Daher muss eine unabhängige Beratungsstelle dem Anerkennungssuchenden durch den gesamten Prozess hindurch Hilfe anbieten.

Sozialsenator Scheele: „Diese Lücke schließt der Entwurf des Hamburgischen Gesetzes über die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, der in Artikel 2 ein neues Anerkennungsberatungsgesetz enthält. Jeder, der entweder in Hamburg wohnt oder nachvollziehbar belegen kann, hier arbeiten zu wollen, hat danach einen Anspruch auf umfassende Beratung.“

Hamburg unterstützt schon heute Menschen mit im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen im Anerkennungsverfahren:

Um mehr Menschen den Weg zu einer Anerkennung ihrer ausländischen Berufsqualifikation zu eröffnen, reicht es nicht aus, die Rechtslage zu ändern, auch die tatsächlichen Rahmenbedingungen müssen verbessert werden.

• In Hamburg besteht mit der Zentralen Anlaufstelle Anerkennung (ZAA) bereits eine etablierte Beratungsstelle. Dieses Angebot soll verstetigt werden und die ZAA langfristig in das Hamburg Welcome Center überführt werden.

• Das Pilotprojekt Anpassungsqualifizierung im Handwerk bietet Anerkennungssuchenden, bei denen im Anerkennungsverfahren wesentliche Unterschiede zum inländischen Referenzberuf festgestellt wurden, die Möglichkeit, die Qualifikationsunterschiede praxisnah in Betrieben des Handwerks auszugleichen.

• Mit dem Stipendienprogramm fördert der Hamburger Senat Anerkennungssuchende mit der Übernahme von Kosten für Lehrgänge, Sprachkurse und Übersetzungen. Daneben kann zeitweise auch die Sicherung des Lebensunterhaltes gefördert werden. Hierfür stellt der Senat in 2012 und 2013 jeweils 500.000 Euro im Haushalt zur Verfügung.

Hintergrundinformationen

Am 1. April 2012 ist das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen des Bundes (kurz Anerkennungsgesetz) in Kraft getreten, das neue Anerkennungsmöglichkeiten und -verfahren vorsieht und wesentlich erleichtert. Mit dem Bundesgesetz wird ein allgemeiner Anspruch auf ein individuelles, rechtsstaatlich geordnetes Anerkennungsverfahren für alle Personengruppen mit ausländischem Berufsabschluss unabhängig von der Staatsangehörigkeit für bundesrechtlich geregelte Berufe nach einheitliche Kriterien und Verfahren geschaffen.

Bislang konnten Menschen mit ausländischen Abschlüssen diese auf dem deutschen Arbeitsmarkt nur unzureichend nutzen, weil Verfahren und Maßstäbe zur Bewertung der ausländischen Qualifikationen fehlten. Dies betrifft eine große Anzahl an Menschen, laut BMBF leben in Deutschland rund 2,9 Millionen Personen mit Migrationshintergrund, die ihren höchsten beruflichen Abschluss im Ausland erworben haben.

Nunmehr werden die Anerkennungsmöglichkeiten von der Staatsangehörigkeit abgekoppelt. Für viele Berufe entstehen erstmals Anerkennungsmöglichkeiten, z.B. bei den rund 350 Ausbildungsberufen im dualen System, bislang konnten hier nur Spätaussiedler anerkannt werden. Wird festgestellt, dass keine wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden bestehen, wird die Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikation festgestellt. Dabei wird auch die Berufserfahrung der Antragsteller mit berücksichtigt.

Ziel der erleichterten Anerkennung ist es, qualifikationsadäquate Beschäftigung zu erreichen, die Integration in Arbeitswelt und Gesellschaft, Teilhabe und Chancengerechtigkeit zu fördern, das Qualifikationspotenzial hier lebender Menschen besser zu nutzen und Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen.

Schätzungen zufolge könnten von der neuen Rechtslage in Hamburg ca. 6.000 in Hamburgerinnen und Hamburger mit im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen profitieren. Das Hamburgische Anerkennungsgesetz bezieht sich im Wesentlichen auf folgende Berufsgruppen: Lehrer, Ingenieure, Architekten, Sozialpädagogen und Sozialarbeiter, Lebensmittelchemiker und den Beruf der Gesundheits- und Pflegeassistenz. Informationen zur bundesweiten Regelung finden Sie auf dem Informationsportal „Anerkennung in Deutschland“ im Internet unter www.anerkennung-in-deutschland.de

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